Franziskanerkirche Dortmund
Franziskanerkirche Dortmund
Burkhard Weitz
Heute mal ohne Pfarrer
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
15.08.2019

Franziskanerkirche Dortmund, Donnerstag, 19 Uhr. Zehn Minuten vor Beginn sind drei Viertel aller Plätze belegt, meist mit Menschen zwischen 50 und 60. Die Fenster des Gemeindehauses sind geöffnet. In der Ferne tönen Blechbläser, typisch Kirchentag. Gottesdienst ohne Pfarrer, das macht neugierig – vor allem Pfarrerinnen und Pfarrer.

Wie das geht, erklärt Jens Peter Erichsen, evangelischer Pfarrer in Berlin-Brandenburg. Erichsen erzählt vom Kirchenkreis Oderland-Spree, wo eine Pfarrerin 13 Gemeinden betreuen muss. Wenn überall wenigstens einmal im Monat Gottesdienst sein soll, reichen selbst die vielen Prädikanten nicht.

Deshalb habe man in Brandenburg eine Agende entwickelt, Hefte mit kompletten ­Gottesdiensten. In einer Dorfkirche versammeln sich Sonntagfrüh fünf Anwohner, schlagen in der Agende die Seite des Sonntags auf und sprechen gemeinsam die abgedruckten Texte. Heute sind etwa 200 Personen im Raum, darunter viele Pfarrer. Ob das gut geht?

Man singt ohne Begleitung, es sei denn, jemand hat ein Instrument dabei. In der ­achten Reihe sitzt eine Frau mit Horn. Sie will jetzt aber nicht spielen.
Die Gemeinde wird eingeteilt in Gruppe A, linke Seite, und B, rechte Seite im Saal. Alle lesen: "Wir feiern diesen Gottesdienst gemeinsam im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen." Gruppe A liest: "Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,  . . ." Gruppe B liest: " . . . der Himmel und Erde gemacht hat." Und alle: "Der Herr sei mit uns." Dann wird gesungen: "Ich singe dir mit Herz und Mund", a cappella. Schön klingt das nicht.

Schön, wenn alle im gleichen Rhythmus sprechen...

Nach Psalm und Gebet folgt wieder ein Lied. Diesmal setzt die Hornistin doch ein. Sie ist kein Profi. Aber die Gemeinde erkennt Vorspiel und Einsatz und einigt sich nun ­wenigstens auf eine Tonhöhe. Schon das­ ­verschönert den Gesang.
Die Gruppen A und B lesen im Wechsel das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus. Anstelle einer Predigt tauscht man sich über das Gelesene aus. Zwei Frauen neben dem Kirchgänger reißen das Gespräch an sich. Es hat noch nicht richtig begonnen, da lesen vorne die Gruppen A und B schon weiter in der Agende.

Schön, wenn alle im gleichen Rhythmus sprechen. Nur grooven sich ­einige der Pfarrer und Pfarrerinnen im Saal bis zum Schluss nicht ein. Einige versuchen, pädagogisch zu beschleunigen. Na ja, für Pfarrer ist dieser Gottesdienst ja auch nicht gemacht.

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