Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland in Dresden.
Heike Lyding
Schlecht für's Klima, schlecht für den Frieden
Der Klimawandel wird weltweit zu Konflikten und Kriegen führen, sagen Experten voraus. Was will die Kirche dagegen tun?
Tim Wegner
11.11.2019

Die evangelische Kirche arbeitet an einem Update ihrer friedensethischen Positionen. Die aktuellste EKD-Friedensdenkschrift stammt aus dem Jahr 2007, und seitdem ist viel passiert: Terrorismus, neue Formen der Cyberkriegsführung, Rechtsextremismus und der Klimawandel bedrohen den Frieden im Inneren und Äußeren in einer Weise, wie man es vor 15 Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Deshalb hat auch die EKD-Synode auf ihrer diesjährigen Tagung in Dresden den Frieden in den Mittelpunkt gestellt.

Tim Wegner

Claudia Keller

Claudia Keller ist Chefredakteurin von chrismon. Davor war sie viele Jahre Redakteurin beim "Tagesspiegel" in Berlin.

Kira Vinke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zeigte den 120 Synodalen am Montag sehr eindrücklich, wie der Klimawandel in der Subsahara und Südostasien zu neuen politische Konflikten führt - besonders in Ländern mit vielen verschiedenen ethnischen Gruppierungen. Die durch Hitze und Dürren verschärfte Konkurrenz um Weideplätze und Anbauflächen aufgrund des Klimawandels verwandle dann schwelende Krisen in bewaffnete Konflikte. Hurrikane zerstörten ganze Regionen dauerhaft. Der Klimawandel vertieft außerdem die Kluft zwischen Arm und Reich. Vinke zitierte eine Studie von Oxfam, wonach die weltweit 26 reichsten Personen genauso viel besäßen wie die 3, 8 Milliarden armer Menschen.

Weltweit werden immer mehr Menschen fliehen

Die Folge: Immer mehr Menschen seien gezwungen, ihre Länder zu verlassen. Auch die Erfolge von jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit würden vernichtet. "Das ist schon in vollem Gange", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin des Werkes "Brot für die Welt".

Dass der Klimawandel aufgehalten werden muss, darauf konnten sich die Synodalen schnell einigen. Kontroverser ging es bei der Frage zu, wie gerechtfertigt militärische Einsätze sind, um Frieden zu sichern.

Ein Oberstleutnant stellte klar, dass die militärischen Einsätze der Bundeswehr vom Bundestag gewollt sind und auf dem Fundament des Grundgesetzes erfolgen. Außerdem übernehme die Bundeswehr viele zivilgesellschaftliche Aufgaben von der Katastrophenhilfe bis zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Doch seine Rechtfertigungen überzeugte die Pazifisten im Kirchenparlament nicht.

Verbot von Atomwaffen

Der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hatte in seinem Rechenschaftsbericht am Sonntag deutlich gemacht, "dass es Situationen gibt, in denen die Ablehnung militärischer Gewalt ebenso unter ethischem Rechtfertigungszwang steht wie deren Bejahung." Mit zivilen Mitteln Konflikte zu verhindern und zu entschärfen, habe eindeutig Vorrang in der evangelischen Friedensethik, betonte Renke Brahms, der Friedensbeauftragte der EKD. Die Anwendung von Gewalt bleibe Ultima Ratio, aber sie bleibe ein legitimes Mittel. Das war auch 2007 Konsens.

Was soll sich ändern? Die wichtigsten Anregungen aus dem Kundgebungsentwurf der Synode:

Erstens: Die Kirche will sich dafür einsetzen, dass Atomwaffen völkerrechtlich geächtet und verboten werden. Die Friedensdenkschrift von 2007 hatte auch schon betont, dass die Kritik an der Abschreckungsstrategie zugenommen habe. Doch konnte man sich damals noch nicht darauf einigen, dass sich die Kirche für ein Verbot einsetzt.

Zweitens: Die Kirche will noch mehr für den Klimaschutz tun und die Politik drängen, die Pariser Klimaziele einzuhalten.

Drittens: Die Kirche will auch auf europäischer Ebene eine "klar vernehmbare Stimme für den Frieden" werden.

Viertens: Die Erziehung zum Frieden soll in der kirchlichen Aus- und Weiterbildung ein größeres Gewicht bekommen. Auch will man sich dafür einsetzen, dass Schulen die Friedenserziehung noch wichtiger nehmen und zum Beispiel Friedensfachkräfte einbeziehen.

Fünftens: Kirchengemeinden sollen breite Bündnisse mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren und Religionen schließen, um gemeinsam Konflikte zu lösen.

Sechstens: Kirchengemeinden sollten mehr Formate für "anstößige Begegnungen" entwickeln. Das forderte der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh. So solle ermöglicht werden, dass sich beispielsweise ein traumatisierter Soldat, eine Mitarbeiterin im Rüstungskonzern und ein Pazifist treffen, um den jeweils anderen besser verstehen zu lernen.

Siebtens: Jede Christin und jeder Christ kann zum Frieden beitragen. Zum Beispiel der Handwerksmeister, indem er geduldig ist mit dem syrischen Flüchtling. Nachbarn, indem sie Streitigkeiten so lösen, dass sich alle hinterher noch in die Augen schauen können. "Man kann lernen, selbst mit Feinden zu leben, auch wenn man ihre Interessen ablehnt." (Landesbischof Cornelius-Bundschuh)

 

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