Anita Khemka/PhotoInk
Hijras führen ein Leben zwischen Mann und Frau
Ich sitze im Taxi und lese. Plötzlich kommt eine Hand durchs Fenster, jemand streichelt meinen Arm. Ich schrecke auf und bemerke erst jetzt, dass wir an einer belebten Kreuzung Mumbais stehen und Hijras scherzend und schäkernd zwischen den wartenden Autos herumlaufen, sexuelle Anspielungen machen und die Insassen um Geld anbetteln. Hijras sind Angehörige des sogenannten dritten Geschlechts, sie gelten weder als Männer noch Frauen, treten aber oft grell geschminkt und in bunten Frauengewändern auf. Da ich kein Geld gebe, lüftet diejenige, die mich angebettelt hat, den Sari und stößt laute Verwünschungen aus. Der Fahrer fährt schnell an und erspart mir Weiteres.
Sie sehen sich auch selbst als Kinder Gottes, als Schutzbefohlene der Hindu-Gottheiten Bahuchara Mata und Shiva. Zum anderen aber werden Hijras verspottet und ausgegrenzt, viele wurden von ihren Familien verstoßen, in richtige Berufe kommen sie nur schwer hinein. So bleibt oft nur die Prostitution, was sie der Willkür von Freiern, Polizisten und Gerichten sowie der Gefahr einer HIV-Infektion aussetzt. Sie werden so noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Die Gemeinschaft der Hijras ähnelt einer Kaste. Sie leben in Kommunen in familienähnlichen Haushalten, denen jeweils eine ältere Hijra als Guru vorsteht. Diese lehrt die Segnungsrituale und Tänze, verteilt das damit gesammelte Geld und verauslagt zum Beispiel die Kosten für die – nicht selten tödlich ausgehenden – Genitalamputationen, denen sich manche Hijras rituell unterziehen. „Im Alter aber sind sie ganz allein“, sagt Aktivist Parsurai. Niemand begleite sie bei Krankheit und im Sterben. Er will ein Altersheim für Hijras gründen, das erste in Nepal. Dafür sammelt er Geld, aber es sei nicht leicht, die Leute von dieser Idee zu überzeugen.
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