Bombastisches Gotteslob - Katharinenkirche Frankfurt
Valentin Betzer/wikipedia
Bombastisches Gotteslob
Ostern ist ein Grund zur Freude, aber nicht immer zum Jubeln, sagt die Pfarrerin von St. Katharinen.
Portrait Anne Buhrfeind, chrismon stellvertretende ChefredakteurinLena Uphoff
12.05.2021

St. Katharinen, Frankfurt am Main, Ostersonntag, 10 Uhr: Der Weg zum Kantaten­gottesdienst ist schon ein Stückchen Ziel. Auf dem Fahrrad hört die Kirchgängerin von allen Seiten die Glocken der Stadtkirchen, vom Echo mal hierhin mal dorthin geworfen, schließt das Rad unter dem Turm der Katharinenkirche ab, wo es fast ohrenbetäubend laut und selbstbewusst klingt: Osterbotschaft, angekommen! 

Portrait Anne Buhrfeind, chrismon stellvertretende ChefredakteurinLena Uphoff

Anne Buhrfeind

Anne Buhrfeind ist freie Autorin. Bis September 2021 war sie stellvertretende Chefredakteurin bei chrismon.

Drinnen herrschen Corona-Regeln, aber natürlich verstehen es kluge Gottesdienstgestalterinnen inzwischen, das Fest auch unter diesen Umständen interessant und zum Genuss zu machen. Vorm Altar stellen sich drei ernste Männer auf. Schlicht und einstimmig singen sie "Christ ist erstanden". Das ist die Schola, erklärt das Gottesdienstblatt, für ­Gemeindelieder und liturgische Wechselgesänge. Hört sich kraftvoller an, als es die Kirchgänger zustande gebracht hätten. "Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein."
Psalm 118, sagt Pfarrerin Gita Leber, war Luthers Lieblingspsalm. Da kann die Gemeinde schöne Verse mitsprechen: "Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten . . ."

Der Predigttext erzählt von einem Sieg ohne Kampf. Wie Gott die eigentlich gerade kleinmütigen Israeliten aus Ägypten führte, wie ein starker Ostwind das Rote Meer teilte und sein Volk hindurchließ, während von den Verfolgern dann kein Einziger überlebte. Mit knapper Not gerettet, durch ein Hindernis gegangen, sogar trockenen Fußes, das un­überwindlich schien: So muss sich das Volk Israel vorgekommen sein, Gottes Einsatz wirkte als Befreiungsschlag. Und so − hilft die Pfarrerin zu verstehen − geht es einem in Krisen, die man überwinden kann. Man kann die Bibelgeschichten als Lebensprozesse ­lesen, sich auch erinnern an die, die es nicht durch die Krise geschafft haben, und erkennen, dass Ostern ein Grund zur Freude ist, aber nicht immer einer zum Jubeln. 

Wann, wenn nicht jetzt!

Schließlich Bachs Kantate zum dritten Ostertag: "Friede sei mit dir". Wunderbar echt, mit richtigen Musikern und so guten – ein Ostergeschenk. "Nun, Herr, regiere meinen Sinn, damit ich auf der Welt, so lang es dir, mich hier zu lassen, noch gefällt, ein Kind des Friedens bin", singen Chris­tos Pelekanos und Annemarie Pfahler. Michael Graf Münster hat die Leitung, Martin Lücker spielte am Anfang ein Bach-Präludium, spielt am Ende Max Reger, ein bombastisches Gotteslob. Wann, wenn nicht jetzt!

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