Wohnglück: Tiny House Village im Fichterlgebirge
Tiny House Village: Es geht auch mit weniger
Julia Pfaller
Tiny House-Trend
Stauraum in der Treppe
Julia Richthammer lebt auf 27 qm im ersten offiziellen Tiny House Village im Fichtelgebirge und nutzt jede Ecke aus
Tim Wegner
Moritz Kipphardt
20.12.2021
3Min

chrismon: Julia, 27 qm auf zwei Ebenen. Dein Haus ist schön, aber echt klein. Ich könnte so nicht leben.

Julia Richthammer: Dann probier es doch mal aus. Wir haben hier drei Hotels in unserem kleinen Dorf. Denn ob man sich für diese Wohnform eignet und auch begeistern kann, erfährt man am besten beim Testwohnen.

Warum hast du dich für ein Tiny House entschieden?

Nach mehreren Umzügen ist mir bewusst geworden, dass ich viele Dinge, die ich von einer Wohnung zur nächsten mitgeschleppt habe, eigentlich gar nicht brauche. Dann hab ich aussortiert und gemerkt, dass ich meine 50-qm-Wohnung gar nicht mehr vollkriege.

Andreas Honert

Julia Richthammer

Julia Richthammer, Jahrgang 1991, arbeitet als Business Process Manager bei der Schott AG in Mitterteich. Seit 2019 lebt sie in einem Tinyhouse im Tinyhouse Village bei Mehlmeisel.

Euer Platz im Fichtelgebirge ist idyllisch: Tannen, Meisen, Blick vom Hang ins Tal, keine Autos. Was war hier früher?

Das war ein großer, alter Campingplatz, den wir Stück für Stück umgestalten. Wir wollen uns selbst versorgen und arbeiten gerade an einem Permakultur-Gemüsegarten. Insgesamt ist unser Grundstück fast 17 000 qm groß.

Wirst du mit deinem Haus noch mal weiterziehen?

Zu Beginn dachte ich noch, dass ich das mal mache. Doch ich liebe die Natur hier und lebe und arbeite gerne mit den Menschen zusammen.

Ihr seid Bürger von Mehlmeisel – mit erstem Wohnsitz?

Ja. Seit Anfang 2021 sind wir sogar als Wohngebiet für Kleinhäuser im Bebauungsplan eingetragen. Auch hier sind wir Vorreiter, denn es ist der erste Bebauungsplan dieser Art in Deutschland.

Lesen Sie dazu: Zwei Zimmer, vier Menschen, 55 Quadratmeter - geht das gut?

Leben hier auch Familien?

Klar. Die eine Familie mit drei kleinen Kindern lebt auf gut 30 qm. Das geht gut, denn wir haben hier das große Gelände ohne Autos mit viel Natur.

Wie seid ihr organisiert?

Im Juni letzten Jahres haben wir eine GmbH gegründet, um die Verantwortung auf möglichst vielen Schultern zu verteilen. Denn neben den drei Tiny-House-Hotels veranstalten wir auch Seminare und bieten jeden Samstag eine Führung durch unser Dorf an. Dazu kommen die Gartenarbeit und unser Gemeinschaftshaus, das wir renovieren und jeden Freitag für unsere Sitzungen nutzen.

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Ein Mensch in einem Haus, das klingt nicht gerade nachhaltig.

Das sehe ich anders. Unsere Häuser sind aus Holz und anderen nachhaltigen Materialien gebaut und größtenteils gut gedämmt. Wir leben auf wenigen Quadratmetern pro Kopf und versiegeln keine Flächen. Wir heizen hauptsächlich mit Ökostrom, Holz oder Pellets. Und wir nutzen wirklich jede Ecke. In den Stufen meiner Treppe nach oben kann ich zum Beispiel was verstauen.

Wie viel kostet ein Tiny House?

Ein gutes Tiny House muss bestimmte Qualitäten erfüllen und wirklich hochwertig gebaut sein. Hinzu kommt die ­Ausstattung – das kostet dann ab 70 000 Euro aufwärts. Wer selbst baut, bekommt es natürlich günstiger. Aber allein für Materialkosten sollte man gut 20 000 Euro rechnen. Und dazu kommt Pacht oder Grundstückskauf.

Banken geben für ein Tiny House keinen Baukredit, sondern nur einen viel teureren Ratenkredit. Ist so ein Häuschen Luxus?

Nein. Ich musste zwar einmal viel investieren, dafür sind meine Lebenshaltungskosten auf Dauer sehr niedrig. Das ist Luxus in einem anderen Sinn: Ich lebe hier genau so, wie ich es immer wollte.

Infobox

Mehr Infos zu kreativen Wohnprojekten finden Sie alle zwei Wochen in der Kolumne "Wohnlage" von Dorothea Heintze

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