Letzte Generation
Eingeübte Empörung
Zu spät in den Urlaub starten? Ärgerlich! Aber Protest muss nerven. Sonst tut sich nichts.
Tim Wegner
14.07.2023

Keine Frage, ich wäre auch genervt gewesen, hätte ich gestern von Hamburg oder Düsseldorf in den Urlaub starten wollen. Und dann kommt die "Letzte Generation" und legt den Flugbetrieb lahm.

Ich bin aber auch genervt, dass Menschen im Mittelmeerraum und in Teilen der USA unter Temperaturen von über 40 Grad werden leiden müssen. So eine Hitze ist lebensgefährlich (so nachzulesen bei einem Arzt). Die Klimakrise ist da. Ich bin verstört, dass im vergangenen Jahr in Europa 60.000 Menschen in Folge von Hitzewelle gestorben sind. Die genaue Zahl ist schwierig zu ermitteln, aber eine Studie legt nahe, dass die steigenden Temperaturen zu einer Übersterblichkeit führen - ein Wort, das auf sehr unangenehme Weise an die Corona-Pandemie erinnert.

Die Weltgemeinschaft hat sich 2015 in Paris darauf verständigt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf "deutlich unter" zwei Grad Celsius zu begrenzen. Auch die Bundesrepublik hat sich zu diesem Ziel bekannt. Mehr noch: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Politik das Problem nicht auf die nachfolgenden Generationen abwälzen und die Freiheit heute junger oder ungeborener Menschen einschränken darf. Die Entscheidung ist rechtswirksam, heißt: Die Politik darf sie nicht einfach übersehen.

Oft heißt es, die "Letzte Generation" schade dem Anliegen, endlich voranzukommen auf dem Weg, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Aber man könnte ja auch mal fragen: Schadet die Politik ihrem eigenen Ruf, ja, dem Ansehen der und dem Vertrauen in die Demokratie, wenn sie immer wieder in die gleichen Rituale bemüht, statt das Problem anzugehen?

Aktuelle Beispiele: Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der krachend eigene Klimaziele verfehlt und lieber Gesetze aufweicht, statt selbst politisch zu handeln, sagt. "Diese gefährlichen Eingriffe in den Verkehr müssen ein Ende haben. Was die 'Letzte Generation' betreibt, ist kein Klimaschutz sondern Kriminalität." Seine Kollegin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, will nun neue Sicherheitsstandards für kritische Infrastruktur wie Flughäfen definieren. Haben die Menschen, die Verantwortung für unsere Sicherheit tragen, verstanden, dass Sicherheit nicht mehr nur eine Frage von Zäunen um Flughäfen ist?

Die "Letzte Generation" hat gestern einen großen Nerv getroffen. Wir tun gut daran, auch die Ängste der Menschen wahrzunehmen, die sich vollkommen zurecht Sorgen um die Zukunft des Klimas zu machen. Eingeübte Empörung hilft nicht mehr weiter.

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Hier wird eindeutig KRIMINELLEN HANDLUNGEN im Dienste des "Guten" das Wort geredet.
Doch diese Töne in einem evangelischen Magazin können kaum erstaunen.
Zur Erinnerung: nach Angaben des anerkannten Terrorismus-Forschers Kraushaar stammten 68% der RAF-Terroristen aus einem evangelischen Milieu. Führende Köpfe direkt aus Pfarrhäusern. Pfarrer Helmut Ensslin sprach bezogen auf zwei Brandanschläge auf Warenhäuser von einem Akt der "heiligen Selbstverwirklichung".
Siehe die Sendung des Deutschlandfunks: https://www.deutschlandfunk.de/raf-und-religion-kein-zufall-dass-viele-linksterroristen-100.html

So ist es! Und warum? Auf den Grundtenor besinnen, der noch in Resten wirkt, den nahezu alle nicht mehr wissen und den viele auch nicht wahr haben wollen würden wenn man ihn sagt. Nach Luther, Zwingli und besonders Calvin (zum Lob Gottes erfolgreich sein!) sollte man, um die Chancen für sein Paradies zu verbessern, 1. Ein gottgefälliges Leben führen, 2. Sittsam (>puritanisch, Sex als Notwendigkeite) sein, 3. Kein Prunk (dezente Kleidung, wenig Schmuck, Bildersturm), 4. Ein einfaches Leben (bis zur Askese) führen, 5. Rechte, Ordnung und Pflichten achten. 6. Die Schöpfung achten. 7. Der verinnerlichte Pietismus war ein Zeichen der Frömmigkeit.  Etc... Preußen kam dem nahe. Der Katholizismus legte für das gleiche 1. Ziel eher Wert auf Leben und Leben  lassen. 2. Die Welt ist zu nutzen 3. Sex war auch Freude, 4. Prunkvoll die Umzüge, 5. Reichtum wurde gezeigt. Die reichen Bauern in Ostfriesland sind unscheinbar, in Bayern provokant in der Messe. 6. Das Wirtshaus neben der Kirche, im Protestantischen kaum denkbar.  7. Nothelfer, Heilige und Engel als Hilfsgeister. Die Ev. dulden keine Fremd-Fürbitte und haben nicht mal eine "Maria". 8. Man hofft mit Anbetung von Papst,  Kirche, Bischof, mit Beichte und Zahlung eine paradiesische Grundstimmung zu erhalten. So war es mal und wirkt nach. Das Ergebnis plakativ: "Im Norden die Verantwortung und das schlechte Gewissen, nicht genug getan zu haben. Wir müssen die Welt verbessern. Alle Ideale sind zum Lob Gottes und für das Seelenheil (religiös und weltlich) unser Ziel. Auch der Sozialismus hat hier Wurzeln. Im Süden eher eine möglichst unbeschwerte Lebenfreude. Packen wir es an, es ist schon immer gut gegangen".  Ganz platt und voller Widerspruch: Im Norden Schützenfeste, Korn, Aquavit und Pferdezucht, im Süden Oktoberfest, Bier, Wein und Dirndl. Zu weit hergeholt? Der Vorwurf ist verständlich. Auch keine Gewohnheit ohne Ausnahme. Zwischen den Zeilen steht das Ungedruckte. Religionen und Kulturen haben einen langen Atem. Die Elternhäuser der RAF und die linksliberale Sozialisation schimmern durch. Die EKD kümmert sich um die Ökumene, den Antisemitismus, die Kriegsschuld, den Frieden, Politik und Klima. ROM ist zu all dem nahezu lautlos und hat mit sich selbst zum Machterhalt genug zu tun.

Zitat: "Protest muss nerven, sonst tut sich nichts". "Eingeübte Empörungen" auch in den Kirchen? Ein böses Thema für jemand der im Glashaus sitzt. Auch Hitler war ein vollwertiger römisch katholischer Christ. Er wurde nie exkommuniziert. Er wäre es heute noch wie alle anderen Päpste, Kaiser und Könige, die vom "Blut" ihrer Opfer gelebt haben und noch leben. Jedem Schrecken das Seelenheil, wenn es bereut und zahlt.

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Bei den Anderen soll es einschlagen. Nicht bei mir! Die Kathol. Kirchen zukleben. Alle anderen auch, weil die Kosten im Verhältnis zu Stunden/Mitglieder erheblich zu hoch sind. Es findet sich für ALLES ein Grund. 2015 Paris? Was für ein Irrtum! Die Natur per Gesetze zurückdrehen für Ursachen, die schon 100te Jahre währen. Und das wäre auch nicht mit Peanuts getan. Dazu gehört ein ebenso lange Reparaturzeit. Die Natur hat keine Stellschrauben mit Sofortwirkung von 1ü0 Jahren. Es macht keinen Sinn, einem Baum zur Heilung die Blätter zustreicheln, wenn an seinen Wurzeln die Würmer nagen.
Die Menschheit hat einen/ihren Lauf, den noch niemand ergründen konnte. Ewig ist nichts ....was lebt. Pessimimus, Fatalismus oder mit Gleichmut Possibilismus? Jeder Kranke kennt den Zustand.

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Der Vorwurf einer "eingeübten Empörung" ist nicht von der feinen Art. Sind dann auch Gebete, Litaneien und Dauer-Lieder eingeübte "Empörungen"?
Man kann auch dem Spieß ein anderes Ziel geben. Zitat zum Klima  "....der krachend eigene Klimaziele verfehlt und lieber Gesetze aufweicht, statt selbst politisch zu handeln".
Vergleichbar dazu: "Die Kirchen haben krachend das Ziel verfehlt, endlich ihre Werte und Dogmen bei ihren Mitgliedern durchzusetzen. Lieber haben sie durch Beichte und Belohnungen für Steuern Milde walten lassen."

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"Letzte Generation" trifft mit Flughafen-Blockade einen Nerv"

Es geht nicht darum einen Nerv zu treffen, es sollte darum gehen, dass der Protest diese Welt- und "Werteordnung" ganzheitlich-nachhaltig OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik wirklich-wahrhaftig verändert, aber davon sind die Aktivisten auch sehr weit entfernt!!!

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