Als Konfirmand: Manfred Heß, Erinnerungen an die Konfirmation. - Foto: privat
Die Brücke zum Glauben
Ein Konfirmand von 1970 berichtet. Vorabdruck aus einem Konfibuch - und ein Geschenketipp für die anstehende Konfirmation!
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
25.03.2013

Wann und wo sind Sie konfirmiert worden?
1970 – im noch wilden West-Berlin, allerdings im eher harmlosen Wannsee.

Was änderte sich für Sie durch die Konfirmation?
Ich wurde zwar Mitglied der dortigen Gemeinde, kam aber – wohl auch wegen meines naturwissenschaftlich geprägten Elternhauses – noch nicht zum Glauben. Das kam zwei Jahre später.

Wer war für die weitere Entwicklung ausschlaggebend?
Der sehr liberale Pfarrer G. am humanistischen Gymnasium, der froh über die paar Hanseln war, die auch in der Oberstufe in seinen Religionsunterricht kamen. Er hatte auch engen Kontakt zum noch liberaleren Gefängnispfarrer S. Mich faszinierten die mehrheitlich weiblichen Religionsunterrichts-Teilnehmer, aber auch die sehr guten Kontakte des Pfarrers S. in den Nahen Osten. Das war so weit, so gut – aber noch nicht wirklich glaubensbezogen, wenn man von ersten praktischen Erfahrungen mit dem urchristlichen Satz: „Liebe Deine(n) Nächste(n) wie Dich selbst“ absieht.

Wie kamen Sie dann dazu, sich mit Glaubensfragen zu befassen?
Richtig los ging es, als die Pfarrer Reisen in den Nahen Osten nach Israel, Libanon, Syrien und Jordanien anboten. Das war’s für den Jung-Humanisten im postpubertären Alter! Schon, weil alle Mädchen mitfuhren . . . Dort allerdings erwischten mich die Glaubensfragen knallhart! Das Land der Bibel live zu erleben (Bethlehem, Nazareth, das Tote Meer, den See Genezareth, die Festung Massada und natürlich Jerusalem als Welt-Religions-„Hauptstadt“) und auf den Golan-Höhen zwischen den Linien arabischer und jüdischer Panzer zu fahren – es war beeindruckend.

Wie hat Sie diese Reise geprägt?
Eins hat mich im Kern verändert: die Gespräche mit Jugendlichen und Politikern in Jerusalem und Tel Aviv, in Nablus und Ramallah, in Damaskus und Amman. Durch diese Gespräche hat sich ein Bild bei mir eingebrannt: das Bild einer Brücke, der Allenby-Brücke über den Jordan. Hielt man sich auf der Westseite auf, dachte man „israelisch“, derselbe Sachverhalt auf der Ostseite führte zur diametral entgegengesetzten „palästinensischen“ Sichtweise. Ein und derselbe Kopf (meiner!) war gespalten in der Beurteilung politischer Streitfragen!

Wie haben Sie Ihre Erfahrungen im Nahen Osten verarbeitet?
Wenn die Lebensumstände, aus meiner damaligen Sicht also Realitäten, so ambivalent zu erleben waren, bedurfte es anderer Begründungen als die, die mir bislang vertraut waren. Es lag nahe, dazu die unterschiedlichen Religionen heranzuziehen. Aber genau das, und das war das Verblüffende, passte nicht: Islam und Judentum (wie auch das Christentum) waren sich in allen einschlägigen Positionen praktisch einig. Das hieß: Echte Lösungen für die politischen Probleme (und damit die gesucht eine Wahrheit in meinem Kopf) waren nur durch Toleranz und (Nächsten-) Liebe, Liebe zum Nachbarn, zu erreichen. Meine erste und bis heute wichtigste Glaubenserfahrung war in einem Pulverfass, einem bis heute existenten kriegerischen Umfeld geboren!

Was sagten Ihre Eltern dazu?
So wichtig das alles für mich war, so konträr wirkte der Pfarrer auf meine Eltern. Und das kam so: Zurück in Berlin lud Pfarrer S. uns Glaubensreisende zum Umtrunk und zur Diaschau in sein Haus im Süden Berlins ein. Nach Plünderung seines Weinkellers schlug Pfarrer S. ein abschließendes Bier in einer Innenstadtkneipe vor. Gesagt, getan, wir fuhren (ziemlich hochprozentig) mit mehreren Autos in die Stadt. Nur einer kam nicht an: der Pfarrer. Nach langer Suche fanden wir ihn – schlafend neben der geöffneten Autotür auf der Straße. Zum Glück war nichts passiert. Zum Bier kam es nicht mehr.

Die Reaktion Ihrer Eltern?
Zu Hause erzählte ich den Vorfall meinen schockierten Eltern. Bereits am nächsten Tag gingen beide stante pede zum Wannseer Pfarrer und traten unter Hinweis auf jugendgefährdendes Pfarrerverhalten aus der Kirche aus.

Und heute?
Erst über 30 Jahre später ließen meine Eltern sich von ihrer Schwiegertochter zum Wiedereintritt in die Kirche bewegen. Heute sind längst unsere eigenen Kinder in dieser Kirche konfirmiert. Manchmal frage ich mich: Brauchen auch die nachfolgenden Generationen Krisen und Kriege als Glaubenserfahrung? Ich hoffe von ganzem Herzen, dass Erfahrungen von Toleranz und Nächstenliebe als Glaubenserfahrung ausreichen. Und ich glaube es auch!

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Mir hat sich durch diesen Beitrag nicht erschlossen, wodurch die Rückkehr zum Glauben erfolgte. Gerade die vom Autor erkannten – angeblichen oder tatsächlichen – Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen veranlassten mich erst recht zu der Gegenfrage, weshalb nach über 50 Jahren immer noch die alten Feindschaften zwischen den Kontrahenten bestehen und warum gerade die Religionen nicht nur nicht zum Frieden beigetragen haben, sondern vielmehr zur Verschärfung der Situation führten. Ein paar mehr Begründungen für die »Brücke zum Glauben« hätte ich schon erwartet. (www.uwelehnert.de)

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Sehr schön geschrieben:... mit Humor, mit Humor kommt Dir alles leichter vor.........!

Pfarrer sind eben auch nur Menschen und die wurden ja bekanntermaßen nach Gottes Vorbild geschaffen! Dieser Mensch hatte vielleicht - bereits- interkulturelle Erfahrungen gesammelt und war mit den "Göttern des Weines" in Verbindung getreten!
Jesus wäre ja dann wieder so clever gewesen und hätte den gegorenen Beerensaft gestreckt! Na ja, man kann ja nicht alles haben!
Es zeigt ja nur deutlich an, dass dieser Pfarrer kein Alkoholiker war, sonst hätte er wohl wesentlich mehr vertragen!
Und die Verkehrskontrollen sind heute -eindeutig- wesentlich besser geworden!

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Tja Herr Lehnert,

die einen wollen immer frommer sein als die anderen und jeder beansprucht

den einen, den wahren Gott für sich! Ob ich 5 mal, 20 mal oder null mal amTag bete,

macht mich nicht gläubiger, sondern nur fleißiger!

Ich kann mir einen Gott ins Regal stellen( siehe " Die Ärzte"), ich kann ihn aufhängen usw.,

aber davon wird die Welt noch nicht friedlicher!

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Prof. Dr. Uwe Lehnert schrieb am 21. April 2013 um 20:51: "Ein paar mehr Begründungen für die »Brücke zum Glauben« hätte ich schon erwartet." Wieso erwarten Sie Argumente in einem Reklamebeitrag für ein Buch, das als Konfirmationsgeschenk ausgelobt wird? Der Glaube und die Kirche gehen mit der Zeit. Die Reklame für den Glauben, besser unter dem Namen Verkündigung bekannt, läuft primär wie alle Reklame nicht über das Argument. Es werden Assoziationswolken hergestellt. Hörer und Leser sollen das Gefühl bekommen, dass sie hier warm und richtig liegen. Im vorliegenden Fall geht das so: Schon als Heranwachsender ein ganzer Mann, immer an den Frauen interessiert. Und dann erst die liberalen und noch liberaleren Pfarrer. Voll krass im Leben stehend. Als Höhepunkt schließlich das Heilige Land! Echt beeindruckend! So viel Krieg und trotzdem Brücke! Na ja, im reiferen Alter dann das freudige Erlebnis, dass die Eltern ihre Jugendsünde des Kirchenaustritts bereuen und rückgängig machen. Fröhliches, gläubiges Herz, was willst du mehr? _______________________________ Was sollten wir also lernen: Nicht nur Google ist dein Freund. Auch der liebe Gott!

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Ich komme aus einer s.g.n. Flüchtlingsfamilie, in den Glauben hineingeboren. Er war daher und blieb Grundlage meines seelischen Lebens, meine seelische Heimat , nicht ohne stürmische Auseinandersetzung . Erst durch Menschen wie Sie, die auf ihre intolerante Weise, so empfinde ich es, mich stören, mit fordernden Fragen, Rechthaberei, Fragen, die ich nicht beantworten kann, weil ich auch nicht für andere Glaubensbrüder und -schwestern und deren Verhalten verantwortlich bin, erhielt ich Einblick in eine sehr destruktive Dynamik. Ich werde in Mitverantwortung gezogen, und alles positive, das mich ausmachte, wird nichtig , bis auf das Materielle... Ich
frage Sie, im gewissen Sinne rhetorisch: welchen Vorteil haben Sie davon, mich meines seelischen Friedens zu berauben ? Wer ist Ihnen denn eine Antwort auf Ihre fordernde Frage denn schuldig ? Die Antwort liegt in Ihnen selbst. Ein jeder sucht Antworten auf seine inneren , mehr oder weniger bohrenden Fragen, und mehr als Hinweise und seine eigenen unperfekten Gedanken kann keiner geben. Der Vorwurf, warum denn die" beiden Kontrahenten noch immer nicht zum Frieden beigetragen haben, sondern vielmehr zur Verschärfung der Situation führten" kann ich auch nur damit beantworten, dass es gar nicht so klar ist, wer nun der "Schuldige" ist, wie viel Fremdprovokation , Fremdeinwirkung hier eine Rolle spielt. Und warum ERWARTEN SIE gerade dort Antworten, wo sie doch kaum adäquat genug gegeben werden können ? Ein Buch, das auf Erinnerungen und persönlichem Erleben basiert, ( habe es nicht gelesen, vermute es nur ) ,kann möglicherweise nur annähernd und das auch bei intensiver Vertiefung, Ihnen Antworten auf Ihre eigenen persönlichen Fragen liefern ! Es geht doch hier um keine wissenschaftliche Abhandlung. aber um Offenheit beim Lesen. Bitte, entschuldigen Sie, aber es klingt rüpelhaft, unangemessen, irgendwie fehl am Platze, wie Sie Ihre Frage formulieren.

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