"In zwei Wochen seid ihr weg"  - Landraub in Sambia
FIAN Deutschland e.V.
"In zwei Wochen seid ihr weg"
Agrarkonzerne beanspruchen Land von Kleinbauern – wie in Lupala, Sambia. Was hilft?
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
26.05.2021

Landgrabbing – das englische Wort drückt es kurz und knapp aus: Da greift jemand nach dem Land eines anderen. Grabbing kann man auch übersetzen mit: schnappen, grabschen, etwas an sich reißen. Großkonzerne brauchen zusammenhängende Flächen, um diese mit Landmaschinen effizient zu bewirtschaften. Dörfer und Höfe dazwischen stören und müssen weg. Landgrabbing verläuft nicht immer illegal, das macht es so schwer, sich zu wehren. "Oft wird der Druck auf die Dorfbewohner langsam erhöht, damit sie von sich aus gehen", sagt ­Roman Herre von FIAN. Die internationale Menschenrechts­organisation, die 1986 in Heidelberg gegründet wurde, unterstützt Kleinbauern und Landarbeiter weltweit, ihre Rechte durchzusetzen.

Ungeklärte Besitzrechte

Zum Beispiel in Sambia: Die Siedlung Lupala lag laut Herre am Außenrand einer riesigen Agrarfläche von ­Zambeef, dem größten Nahrungsmittelhersteller des ­Landes. In Sambia leben sechzig Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, aber die etwa 60 Bewohner von Lupala seien gut zurechtgekommen. Sie bauten ­Gemüse und Getreide an, ließen ihre Tiere auf den um­liegenden ­Feldern weiden, kauften und verkauften auf dem lokalen Markt. Immer wieder aber seien Security­mitarbeiter von nebenan gekommen und hätten Angst verbreitet. "In zwei Wochen seid ihr hier weg. Wer nicht freiwillig geht, den ­holen wir." Sie behaupteten: Das Land gehöre Zambeef.

Wie so oft in armen Ländern waren die Besitzrechte nicht genau schriftlich geklärt. Das ist eines der Hauptprobleme im Kampf gegen Landgrabbing. FIAN-­Mitarbeiter setzen sich deshalb dafür ein, dass Gemeinden ein verbrieftes Landrecht erhalten. Sie vermitteln auch Rechtsbeistand, wenn Landkonflikte aufkommen.

Beide Seiten hören

In Lupala aber eskalierte es schon vorher, wie Herre erzählt: Im Dezember 2018 seien Strafgefangene ins Dorf gekommen, in Begleitung von Zambeef-Mitarbeitern, und hätten Wohnhäuser, Hühnerställe und Kochhütten zerstört. Die Menschen wurden von heute auf morgen ­obdachlos. Als sich FIAN Sambia einschaltete, habe es ­zumindest ein paar Säcke Mais als Entschädigung gegeben. Trotzdem: "Ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte", sagt Roman Herre, der sich in solchen Fällen auch an die Politik und die Geldgeber wendet. Zambeef etwa wird von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gefördert, einem Tochterunternehmen der KfW. Dort verweist man darauf, dass die afrikanische Firma wichtige Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Mehl herstellt, über 7000 Arbeitsplätze schafft, Kindergärten und Schulen finanziere.

Bei Landkonflikten stehen sich nicht nur Gut und Böse gegenüber. Aber beide Seiten müssen gehört werden. Deshalb sind Organisationen wie FIAN so wichtig.

Infobox

Die internationale Organisation FIAN unterstützt Menschen weltweit dabei, ihr Recht auf Nahrung durchzusetzen. Bei FIAN Deutschland kann man sich in ­Lokal­gruppen und Arbeitskreisen engagieren. Das Büro ist in Köln.  

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