06.04.2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser, 

so sieht sie also aus, die Beerdigung während der Pandemie: Zu zehnt stehen wir bei sechs Grad Kälte auf dem Friedhof. Bäume werfen ihre Schatten auf die Grabstelle. Der Sarg steht aufgebockt über dem Grabloch. Ein Psalm, ein Lied, ein paar tröstende Worte. Nach der Aussegnung - zwanzig Minuten haben wir ausgehalten - legen wir unsere Rosen auf den Sargdeckel und ziehen davon, nur wir, die Familie, mit unnatürlich großem Abstand. Jemand vom Beerdigungsinstitut tritt irgendwo aus dem Halbdunkel. Er wird dafür sorgen, dass der Sarg nachher, in unserer Abwesenheit, hinabgelassen wird. 

Wie unwürdig, wie herzlos das alles ist. Wie viel lieber hätten wir am vergangenen Freitag die tröstenden Worte in der geheizten Friedhofskapelle gehört. Wie viel lieber hätten wir unsere Blumen dem Sarg hinterhergeworfen, wie bei einem richtigen Abschied. Wie sehnen wir uns nach einer Berührung, nach einer Umarmung. Hunderte Bekannte hätten in normalen Zeiten in einer langen Reihe angestanden - Leute aus der Kirchengemeinde, vom Dekanat, vom Diakoniekrankenhaus, vom Stadtrat, vom Goethe-Institut, vom Lions Club. Sie hätten alle auf wohltuende Weise ihre Anteilnahme gezeigt und den Toten angemessen gewürdigt, einen großzügigen, engagierten und zugleich bescheidenen Mann, der ehrenamtlich unglaublich viel auf die Beine gestellt hat. 

Und nun schleichen wir zehn uns davon, jede und jeder mit seiner Trauer allein. Nicht einmal den Leichenschmaus im Gasthof darf es geben, keinen Butterkuchen, keinen Kaffee, keine wärmende Suppe. Wer die Kälte noch aushält, zieht paarweise durch die leeren Gassen. Karfreitagsstimmung schon einen Freitag zu früh. 

Wird so auch die bevorstehende Karwoche sein? Wir geben Ihnen Lesestoff mit auf den Weg, Schweres und Tröstliches, Anrührendes und Menschliches. 

Und dann feiern wir dieses Jahr hoffentlich zwei Mal Ostern. Das erste Mal am Morgen des 12. April - in der Familie, mit Partner, allein. Wir werden tapfer sein und uns alle Mühe geben, den Ostermorgen so festlich wie möglich zu gestalten: mit Osterschmuck, schöner Musik, einem opulenten Frühstück und ganz viel am Telefon.

Das zweite Mal fällt hoffentlich auch in dieses Jahr. Dann feiern wir Ostern richtig: Dann füllen sich die Straßen und Plätze wieder, dann setzt das Gedränge am Bahnhof und auf dem Markt wieder ein - und dann liegen wir uns wieder in den Armen. Und hoffentlich läuten dann alle Glocken. 

Ich hoffe, Sie bleiben bis dahin gesund!

Ihr

Burkhard Weitz