Bode-Museum, Museumsinsel Berlin
Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Museen in Berlin
Auch dienstags zu
Keinen scheint es zu kümmern. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat vom 16. April an die Öffnungszeiten einiger Museen erheblich eingeschränkt. Wo bleibt die Empörung?
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
03.05.2024
3Min

Die Einschränkungen sind erheblich: Altes Museum, Bode-Museum oder Friedrichswerdersche Kirche sind nicht nur am Montag, sondern auch dienstags geschlossen. 

An den übrigen Wochentagen muss man sie eine Stunde früher, nämlich um 17h, verlassen. Der lange Donnerstag war schon aufgegeben worden. Der Stiftung war bewusst, wie das problematisch ist. Deshalb stellte sie alles besonders transparent dar, nannte den Grund – die Haushaltsnot – und wies ausführlich daraufhin, dass beliebtere Häuser wie die Alte Nationalgalerie oder der Hamburger Bahnhof nicht betroffen seien und dass es im Sommer Zusatzangebote geben werde.

In einigen Feuilletons wurde darüber kurz, sachlich und mit Bedauern berichtet. 

Aber es gab keine öffentliche Kritik. 

Keine prominente Gestalt aus der Kulturszene schrieb einen offenen Brief. Niemand klebte sich vor dem Eingang des Bode-Museums fest. Eine Lichterkette vom Alten Museum zur Friedrichswerderschen Kirche wurde nicht gebildet. Man nahm die Neuregelung hin, denn offensichtlich muss bei der Preußen-Stiftung gespart werden. Die finanziellen Zusagen des Bundes wurden nicht eingehalten, das Budget wurde sogar gekürzt. Was bleibt anderes übrig, als an den Öffnungszeiten zu drehen? Viel mehr Stellschrauben gibt es nicht.

Gefährlich aber ist das Signal, das von Berlin ins Bundesgebiet geht. Überall sind Museen unter erheblichem Druck. Noch ist es in Deutschland tabu, ein Museum zu schließen. 2010 hatte ein Hamburger Kultursenator es mit dem Altonaer Museum versucht. Das war ihm nicht gut bekommen. Deshalb wird heute gekürzt, ohne den Betrieb in Frage zu stellen: weniger Personal, weniger Sachmittel und eben verringerte Zugänglichkeit. 

 

So aber höhlt man die Häuser aus. Noch gelten bei den meisten Museen in Deutschland die gewohnten Zeiten: Dienstag bis Sonntag von 10h bis 18h. Doch wenn das größte Museumskonglomerat sich davon verabschiedet, wird es andernorts schwerer, diesen Standard gegen örtliche Kämmerer zu verteidigen. Berufstätigen ist ein Museumsbesuch unter der Woche schon jetzt kaum möglich. Bald ist das nur noch etwas für Touristen, Rentner, Schulklassen. Langfristig käme dies einer Enteignung des kulturellen Erbes gleich.

Aber natürlich wäre es wohlfeil, nur die Stiftungsleitung oder die politisch Verantwortlichen zu kritisieren. Auch andere Institutionen sparen an ihrer Kulturarbeit, zum Beispiel die evangelische Kirche, für die ich arbeite. 

Überhaupt fühle ich mich an kirchliche Debatten vor einigen Jahren erinnert. Die fetten Jahre sind vorbei, so wie bisher geht es nicht mehr weiter. Deshalb ist es so wichtig, dass die Eigentümer – also die Bürgerinnen und Bürger – wahrnehmen, was gerade passiert. Ein Komponist erklärte mir kürzlich, der Besuch eines Konzerts klassischer Musik sei heute mehr als ein bildungsbürgerlicher Genuss, nämlich ein kulturpolitisches Statement: Indem man hingehe, zeige man, was dieser Kulturschatz einem bedeutet und der Gesellschaft bedeuten sollte. Dasselbe würde ich für unsere Museen sagen. Wenn wir wollen, dass die Politik sich für ihren Erhalt einsetzt, müssen wir sie besuchen. Was man selbst nicht nutzt, wird einem weggenommen. So war es schon bei einigen Kirchen, so könnte es bei einigen Museen werden. Der beste und schönste kulturpolitische Protest besteht heutzutage also schlicht darin, dass man wieder einmal ins Bode-Museum geht oder ins Alte Museum, in die Friedrichswerdersche Kirche oder eins der anderen wunderbaren Häuser.

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Lieber Herr Claussen, Ihr Aufschrei hat hoffentlich das dringend notwendige Echo. Ohne Zustimmung der Politik ist diese Entscheidung gewiss nicht erfolgt. Kultur scheint zu vernachlässigen zu sein, hoffentlich spricht der Wähler ein Machtwort, jetzt mit Nachdruck öffentlich und bei der nächsten Wahl. Herzliche Grüße von Ihrem empörten Jürgen Koob

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