Porträt der Jüdin Deborah aus Berlin
Deborah ist Jüdin, und lebt in Berlin
Dominik Maringer
Ein ungewöhnliches Fotobuch
Religion – sogar in Berlin
In der modernen Großstadt sind religiöse Gemeinschaften nicht mehr das Erste, was einem ins Auge sticht. Aber wer sich auf die Suche macht, kann Erstaunliches und Berührendes entdecken. Das zeigt jetzt ein überraschendes Fotobuch
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
02.02.2024

Als der Schauspieler und Fotograf Dominik Maringer von Oberösterreich zum Studium nach Hamburg und später nach Berlin zog, machte er so etwas wie einen religiösen Kulturschock durch. Er war in einem Dorf aufgewachsen, in dem die katholische Kirche wie selbstverständlich dazu gehört. Gute Erinnerungen verbinden sich für ihn damit: die Gemeinschaft, die Orientierung, die Feste, der fortschrittliche Priester, die bergende und zugleich entspannte Atmosphäre. 

Ganz anders war es in der norddeutschen Metropole und dann noch mehr in der Hauptstadt: Kirchen sind zwar sichtbar im Stadtraum präsent, aber sie dominieren nicht. Aber wo sind eigentlich die Menschen, die hier Gemeinschaft pflegen und anbieten? Und wie sehen sie aus?

Maringer wollte es genauer wissen und machte sich mit seiner Kamera auf die Suche. Er fragte Bekannte, googelte, schrieb E-Mails, telefonierte und konnte schließlich Kontakt mit sehr unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften aufnehmen. Zum Kennenlernen besuchte er sie. 

Danach kam er für einen oder mehrere Tage wieder, begleitete seine Gastgeber und machte dabei seine Bilder. Zur Ruhe und Konzentration seiner Arbeit trug bei, dass er eine analoge Kamera benutzte. Damit kann man nicht flink und unbegrenzt daherknipsen, sondern man muss genauer überlegen und hinsehen, vorsichtiger agieren, sozusagen tastend fotografieren.

Diese Vorsicht und Bedachtsamkeit kommt den Fotos sehr zugute. Mit ihr verbindet sich eine freundliche Neugier, die jedoch niemals indiskret oder aufdringlich wird. Schließlich ist das persönliche und gemeinschaftliche Gebet wie auch der eigene Sakralraum etwas Intimes und Kostbares. Zudem wollte Maringer niemanden bloßstellen oder exotisieren. Religion ist selbst in der säkularen Großstadt eine Normalität, auch wenn dies medial so nicht vermittelt wird. Glücklicherweise enthält Maringer sich aller Wertungen. Dabei hätte er bei der einen oder anderen religiösen Gemeinschaft schon seine Anfragen. Aber sie zu stellen, überlässt er denen, die sein Fotobuch – mit dem Titel „We Believe“ – betrachten.

Wer es betrachtet, lernt sehr Unterschiedliches kennen: Eine evangelische Gemeinde mit ihren Pfarrerinnen, einen Candomblé-Tempel im Keller, katholische, ukrainische und syrische Kirchen und Priester, die Heilsarmee, die Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), den Ableger einer Mega-Church, Baptisten, sehr unterschiedliche jüdische und muslimische Gemeinden. Maringer zeigt Orte und Räume, vor allem aber Menschen – allein oder in Gruppen, die etwas ausstrahlen, was sich nicht auf einen Begriff bringen lässt. Das Schöne an diesen Bildern: Sie führen in fremde Welten, die doch gleich um die Ecke liegen; zugleich blicken sie einen selbst an und stellen einem die gute alte Gretchen-Frage: Wie hältst Du’s mit der Religion?

Das Foto oben zeigt Deborah, eine junge Jüdin aus Berlin.

P.S.: Wer Interesse an diesem Buch hat, klicke hier.

Permalink

Ich habe meine eigene Religion, sehen, hören, fühlen und schmecken.
Dabei hilft mir meine Göttin Natura und die betrügt nicht und ist immer in meiner Nähe! Und kostet nix! Eine Religion mit viel "und"

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.

Kolumne