Antisemitismus und Karfreitag
"Die Bibel ist ein gefährliches Buch"
Statt Glauben und Feindesliebe verbreitete das Christentum lange Glauben und Hass auf die Juden. Ein Interview mit dem Theologen Michael Meyer-Blanck über die Hintergründe
Eine Broschüre aus der Zeit des Nationalsozialismus «Martin Luther. Über die Juden: Weg mit ihnen» aus dem Jahr 1938 liegt in der Ausstellung im Lutherhaus Eisenach
Eine Broschüre aus der Zeit des Nationalsozialismus aus der Ausstellung im Lutherhaus Eisenach. Luthers Kritik an Juden wurde von den Nazis für ihre Propaganda benutzt
Jens Kalaene/picture alliance/dpa
Tim Wegner
27.03.2024
4Min
Gehören Glauben und Hass im Christentum zusammen?

Michael Meyer-Blanck: Leider ist es so. Eigentlich müsste es biblisch heißen: Glaube und Feindesliebe. Das ist es ja, was der Bergprediger Jesus sagt. Aber christlicher Glaube und Hass auf Juden gehen offensichtlich zusammen. Das hat mit der Entstehungsgeschichte des Christentums zu tun. Wobei ich nicht meine, dass es den Hass wegen des Glaubens
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Michael Meyer-Blancks Buch "Glaube und Hass. Antisemitismus und Christentum" ist 2024 im Mohr-Siebeck-Verlag erschienen (338 Seiten, 29 Euro).

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Was schon immer zu ahnen war! Die Bibel ist ein gefährliches Buch und seine Interpreten haben es nicht leicht.

Die Informationen und Diskussionen in diesem Forum, und mit Sicherheit auch unter allen Kanzeln, sind gespickt mit Annahmen, zweifelhaften Überlieferungen, mit behaupteten Un- und Wahrheiten, mit Wünschen, Drohungen und ewigen Schuldzuweisungen. Wenn man davon ausgeht, dass alle Theologen seit Beginn die Unsicherheiten kennen, sie aber dennoch jeden Tag von Wahrheiten, Verdammnis, von den absolut sicheren Säulen des Glaubens reden, drohen, Bußen verhängen und Vergebung erteilen, ja was ist dann?
Dann sagen sie etwas anderes als die zu vermutende Wahrheit, die allen verborgen bleibt! Es sei denn, sie sprechen ferngesteuert ohne eine eigene  Verantwortung. Womit wir dann wieder bei der übernatürlichen Daseinsvorsorge sind, die man auch Glaube nennen kann

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Der Antisemitismus ist mehrspurig.
Die religiöse Spur hat einen moralischen, bzw. ethischen Hintergrund und bedient Rache und Ansprüche der Angst vor dem Ende. Die zweite Spur bedient materielle Forderungen und den Neid. Beide Spuren kreuzen sich und sind häufig auch nicht voneiander zu trennen. Unterschiede und Sinn der Motive werden zu wenig diskutiert. Es stimmt nicht, dass "Die Juden Jesus ermordet haben". Genauso wenig wie alle Deutschen das Auto erfunden und alle US-Amerikaner zusammen mit allen Juden die Atombombe erfunden haben. Es waren immer Einzelne die Täter. Jesus wurde von den Hohen Priestern, ohne sich selbst schmutzig zu machen, als Opfer für die Gefährdung ihrer Ansprüche gefordert. Den Römern war das recht, weil sie zusätzlich in ihrem Machtgefüge keinen König brauchten. Jeder Mob ist bei Bedarf blutrünstig, auch wenn es nur darum geht, einem Falsch-Verdächtigen nachzujagen. "Die Juden" haben nicht Jesus ermordet. Diese Art Morde hat es viele im Auftrag von Religionen, nicht im Auftrag eines ganzen Volkes gegeben. Auch wir wurden angestiftet, bis zum letzten Tag für den Endsieg zu beten, ohne dass unsere Mütter das wollten. Die wollten wieder ihre Männer, Familien und Sicherheit haben. Keinen Sieg! Wenn man der Überlieferung folgt, haben die Mörder und Verräter auch nicht eigenverantwortlich gehandelt. Sie taten es lt. göttlicher Vorsehung als Werkzeuge, damit die Prophezeihung erfüllt wird. Es war ein göttlicher Teil-Suizid an einem Teil der Dreieinigkeit mit lebenden Werkzeugen. Sie waren manipuliert. So zumindest die Überlieferung und auch nach den Aussagen von Jesus. Klar, dass den Religionen die wahren Mordgelüste nicht passten. Ihnen war zum Macherhalt eine Konstruktion höchst willkommen, die ihre eigenen religiösen, politischen und ökonomischen Ansprüche bedienen. Dafür braucht man Schuldige. Mit den Juden waren sie präsent. Der Antisemitismus war geboren und hatte eine Begründung. Aber jetzt haben sie damit ein Problem. Denn erst mit der religiösen Rachsucht begann der eigentliche Antisemitismus mittelalterlicher Prägung, der sich dann obwohl gesellschaftlich (Ausgrenzung) als auch politisch (1933) verselbständigte. Ein Alibi-Schuldiger ist immer für das eigene Selbstbewußtsein willkommen. Die materielle Spur des Antisemitismus bedient den Neid. Ein Neid der auf den Erfolg der Besseren gründet. In der Diaspora, zu der sie aus religiösen Gründen gezwungen waren, kann nur der Bessere überleben. Diese "Schule" macht den Unterschied. Denn es gibt das Prinzip der zum Erfolg verdammten Not. Auch wenn der Vergleich nicht passt, aber auch wir haben nach dem Krieg davon profitiert.

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