Festlich, weihnachtlich gedeckter Tisch: Gans oder veganes Curry zum Weihnachtsmenü?
Gans oder veganes Curry zum Weihnachtsmenü?
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Traditionell oder vegan?
Schon mal Flower Sprouts probiert?
Thomas Sampl ist NDR-Fernsehkoch und Gastronom. Susanne Breit-Keßler schreibt für chrismon die Kolumne "Mahlzeit". Zusammen geben sie Tipps fürs Weihnachtsmenü – und sind sich einig: Mit etwas Flexibilität ist vieles möglich, in der Küche und beim festlichen Essen
Tim Wegner
12.12.2023
5Min

Wie geht ihr mit widersprüchlichen Wünschen für das Weihnachtsmenü um? Die Eltern wollen unbedingt Gans, weil das immer so war. Die Kinder wollen auf keinen Fall Fleisch. Die Schwägerin hat eine Weizenallergie ...

Susanne Breit-Keßler: Auf Allergien und Abneigungen nehme ich immer Rücksicht. Ich bin flexible Vegetarierin, esse aber weder Schwein noch Rind oder Kalb. Also setze ich anderen auch nicht vor, was sie nicht mögen oder vertragen. Bei uns können Gäste meist wählen zwischen Gerichten mit Fleisch oder ohne - denn mein Mann ist Fleischesser. Auch ihm schreibe ich nicht vor, was er zu tun oder zu lassen hat. Bitte nicht ideologisch sein.

Thomas Sampl: Wenn jemand das erste Mal zu Hause vegane oder vegetarische Gäste hat, ist es nicht so gut für die Stimmung, für die veganen Gäste etwas extra zu kochen. Für das Gemeinschaftsgefühl ist es besser, wenn es nicht so viele Extratöpfe auf dem Tisch gibt. Deshalb würde ich überlegen, was ich wie ersetzen kann, zum Beispiel Gänseschmalz durch vegetarischen Schmalz für den Rotkohl.

Aber wenn einer nun unbedingt Fleisch essen will?

Thomas: Testet mal frischen Tofu, den gibt es mittlerweile auch in vielen Biomärkten und schmeckt ganz anders als der konventionelle, lang haltbare, aber doch etwas zähe Tofu, den wir sonst so kennen. Bei uns im Restaurant sind die Leute oft skeptisch und dann häufig begeistert.

Sophia Mahnert

Thomas Sampl

Thomas Sampl stammt aus einer Metzgerfamilie in Westfalen. Er lebt und arbeitet in Hamburg. Er ist Mitbegründer der Hobenköök in der Hafencity Hamburg, einer Markthalle mit Restaurant; dort moderiert er auch zusammen mit chrismon-Autorin Dorothea Heintze den "Hobenschnack". In der NDR-Sendung "Visite" spricht und demonstriert er regelmäßig, was gute Lebensmittel alles können. Er ist Mitglied des Slowfood-Chef-Alliance-Netzwerks und leidenschaftlicher Verfechter guter Kochideen. Als Mitglied der Regionalwert-AG Hamburg setzt sich Thomas Sampl auch politisch für eine Wende in der Landwirtschaft ein.
privat

Susanne Breit-Keßler

Susanne Breit-Keßler ist Autorin der "Mahlzeit"-Kolumne auf chrismon.de. Viele Jahre schrieb sie auch die Kolumne "Im Vertrauen" für chrismon. Bis 2019 war sie Regionalbischöfin des evangelischen Kirchenkreises München-Oberbayern. Ihre journalistische Ausbildung absolvierte sie bei der Süddeutschen Zeitung und beim Bayerischen Rundfunk. Mehrere Jahre sprach sie "Das Wort zum Sonntag" in der ARD. Sie war bereits Autorin des chrismon-Vorläufers "Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt".

Noch mal zurück zur Gans. Muss es bio sein? Reicht regional?

Susanne: Regional ist immer ein Must – und Fleisch sollte auf jeden Fall bio sein. Der Geschmacksunterschied ist erheblich. Man dient so dem Wohl der Tiere und der eigenen Gesundheit.

Thomas: Die klassische Mastgans in den Supermärkten sieht in ihrem ganzen Leben kein Sonnenlicht und wird nur wenige Monate alt. Ich finde das schon aus ethischen Gründen echt problematisch. Aber ich bin ja gelernter Koch und da geht es mir vor allem auch um den Geschmack. Masttiere kosten zwar weniger und das freut erst mal alle. Aber die haben eben auch viel ungesundes Fett an sich, weil sie so schnell mit Kraftfutter hochgezüchtet werden. Die Biogans wächst länger, läuft mehr herum. Sie hat auch Fett, aber das ist viel dünner, liegt unter der Hautschicht, und das schmeckt gut. Also lieber pro Kopf weniger gutes als mehr schlechtes Fleisch kaufen.

Bitte einen praktischen Tipp für die Zubereitung!

Thomas: Meine Oma hat das ganze Tier erst mal eine halbe Stunde im Topf gekocht oder mit kochendem Wasser überbrüht. Und genauso mache ich das heute auch noch. Das heiße Wasser lässt das Fett, was wir ja nicht so gerne haben wollen, einfach rauslaufen, und die Poren der Haut werden geöffnet. Erst danach kommen Ente oder Gans in den Ofen und sind am Ende perfekt kross und knusprig.

Susanne: Das Vorkochen mache ich auch. Allerdings gibt es bei uns immer nur eine Gänsebrust, denn ich mag ja keine Gans und koche die nur für meinen Mann. Das genaue Rezept habe ich mal in meiner Kolumne "Mahlzeit" beschrieben, gerne da weiterlesen!

Was haltet Ihr von Fleischersatzprodukten?

Susanne: Ich halte gar nichts davon, da sind so unfassbar viele Zusatzstoffe dabei, wie in fast allen Fertigprodukten. Sorry, wenn ich das so sagen muss, aber ich finde, die gehören in die Tonne.

Thomas: Kleiner Widerspruch, denn da ist in den letzten Jahren viel Positives in der Entwicklung passiert. Wer kein Fleisch isst, vermisst ja vor allem das Protein. Seit zwei, drei Jahren gibt es wirklich gute Produkte, die auf Proteinen von Erbsen basieren. Erbsenproteine funktionieren auch ohne große Zusatzstoffe, von der Grundstruktur und vom Geschmack sehr ähnlich wie Fleisch. Und ich spreche von Erbsen, die in Deutschland oder zumindest in Europa angebaut werden. Das ist eine echte Alternative.

Ich möchte an Weihnachten möglichst wenig Stress haben, was kann ich vorbereiten?

Susanne: Ich mache sehr früh einen Plan, was ich wann erledigen muss. Die Liste hake ich Stück für Stück ab. Dazu gehört vor allem, die Zutaten rechtzeitig einzukaufen. Bei Festtagsgerichten kann ich viele Beilagen wie Blaukraut entweder einen Tag vorher zubereiten und schön durchziehen lassen - schmeckt sowieso besser. Anderes wie Knödel oder Spätzle kann man irgendwann machen und einfrieren.

Thomas: Der Dezember ist für mich als Gastronom unglaublich busy, da hab ich wenig Zeit für eigene Vorbereitungen. Aber da ich an Heiligabend für meine Gäste kochen möchte, suche ich mir was Einfaches. Ganz toll finde ich gerade eine neue Gemüseart: Flower Sprouts. Eine Mischung aus Grünkohl und Rosenkohl. Die sind genauso lecker, kalorienarm, mit viel Eisen, Kalzium und jetzt in der Winterzeit so wichtigen Vitaminen C und K. Und ganz leicht zuzubereiten. Nix putzen, nix schnippeln. Einfach die ganzen Röschen in einer Pfanne mit Zwiebeln anbraten, bisschen Senf dazu. Köstlich!

Ich muss aufs Geld achten und möchte trotzdem gute Produkte kaufen. Wie kann ich sparen?

Susanne: Rechtzeitig alles Haltbare besorgen, bei Fleisch oder Fisch Qualitätsprodukte im Sonderangebot wählen und einfrieren. Vor der Zubereitung langsam im Kühlschrank auftauen, das bewahrt Struktur und Feinheit. Und grundsätzlich kaufe ich eigentlich nie Fertigprodukte, weil die mir sowieso viel zu teuer sind.

Thomas: Viele denken, dass Biolebensmittel zu teuer für sie sind. Ich kann das so nicht bestätigen. Viele Bio - und regionale Lebensmittel leiden, anders als konventionelle Lebensmittel, nicht unter Lieferschwierigkeiten durch den Ukrainekrieg. Zum Beispiel gelbe Bete: Da habe ich gerade auf dem Großmarkt 2,90 Euro pro Kilo bezahlt. Bei meinem Biolandbauer waren es in der gleichen Woche 80 Cent. Also bitte immer genau schauen. Und wenn irgend möglich direkt bei den Produzenten kaufen, auf dem Wochenmarkt zum Beispiel. Auch da lässt sich sparen.

Was gibt es bei euch an Heiligabend?

Thomas: Ich weiß es noch nicht wirklich, auf jeden Fall werden Gans oder Ente dabei sein. Aber da wir seit Jahren vegetarische Gäste dabei haben, ist es mir wichtig, dass alles andere für alle ist. Das bringt einfach viel mehr Spaß, wenn wir alle von den gleichen Gerichten kosten können. Gerade an Weihnachten ist mir das wichtig.

Susanne: Wir machen es uns einfach: Wiener Würstchen mit Kartoffel- und Gemüsesalat. Wie immer!

Anmerkung der Redaktion: Mehr Fragen und Antworten rund ums Thema "Gans oder veganes Gemüsecurry, nicht nur zu Weihnachten" bekommen Sie in der Aufzeichnung unseres chrismon-Webinars mit Thomas Sampl und Susanne Breit-Keßler. Dort sprechen die beiden auch darüber, welche Weine zu welchen Gerichten passen. Hier geht es direkt zur Aufzeichnung.

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