Symbolfoto verschiedene Äpfel
Ein Haufen Äpfel, sicher auch gesund - aber alte Äpfel enthalten mehr Polyphenole
Lisa Rienermann
Der gesunde Apfel
An apple a day keeps the doctor away...
Sagt man so. Aber sind Äpfel wirklich so gesund? Und was ist, wenn jemand allergisch ist? Dann kann die Goldparmäne helfen...
Tim Wegner
25.09.2018
3Min

Die Frau war nicht zu stoppen. Zwei ­Jahre ist es her, als Willi Hennebrüder ihr am Apfeltag im Obstmuseum ­"Pomarium Anglicum" in Sörup, Schleswig-Holstein begegnete. Hennebrüder engagiert sich im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Ortsgruppe Lemgo. Er will den Menschen alte Apfelsorten näherbringen. Die Frau, die in Sörup vor ihm stand, hatte nach einem schweren allergischen Schock über 30 Jahre lang keinen Apfel mehr gegessen. Nun aber bat sie um eine Goldparmäne. "Das kann ich nicht verantworten", sagte Hennebrüder. Aber die Frau erwiderte: "Ich esse ihn auf ei­gene Verantwortung." Sie biss zu. Es passierte – nichts. Außer, dass die Frau vor Freude weinte.

Vor über zehn Jahren ahnte Hennebrüder erstmals, dass alte Sorten auch für Menschen verträglich sind, die allergisch auf Äpfel ­reagieren. Er wandte sich an Professor Karl-Chris­tian Bergmann vom Allergiezentrum der Berliner Charité. Bergmann führte eine Beob­achtungsstudie durch: 100 Leute aßen drei Monate lang täglich eine alte Apfelsorte. "Der Standardprovokateur bei der Apfelallergie ist nämlich ein Protein, das dem Allergen Bet v 1 in Birkenpollen ähnelt." Die These war, dass alte Apfelsorten auch das Gegenmittel in sich tragen – die Polyphenole. Die aber sind in den neuen, handelsüblichen Sorten in geringerem Maß vertreten. Sie werden herausgezüchtet, weil sie das Fruchtfleisch schnell braun werden lassen. Bergmann beobachtete: Zwei Drittel der Teilnehmer vertrugen nach einem Vierteljahr sogar wieder einen Golden Deli­cious, der Allergikern oft besonders zusetzt.

Bergmann warnt allerdings vor zu großem Enthusiasmus: "Allergiker, die eine alte Sorte wie den Roten Boskoop probieren möchten, sollten ihn aufschneiden und eine Minute an die Lippe halten. Wenn die Lippen nicht anschwellen, können sie erst mal nur ein Achtel des Apfels probieren. Dann sollten sie 15 Minuten abwarten – und langsam mehr essen." So könnten Schockreaktionen vermieden werden.

Wie Querzetin beschädigte Körperzellen reparieren kann

Wer Äpfel gut verträgt, macht mit diesem Obst alles richtig: "Der Apfel ist unser heimisches Superfood", sagt Monika Bischoff, Ökotrophologin und Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin und Prävention am Krankenhaus Barmherzige Brüder in München. "Äpfel schützen den Körper." Menschen sind überall Schadstoffen ausgesetzt, etwa durch den Autoverkehr. Um Körperzellen dagegen zu wappnen, helfen Lebensmittel mit anti­oxidativer Wirkung. Diesen Effekt erklärt Bischoff mit einem Bild: Querzetin – ein Stoff, der zu den Polyphenolen zählt – legt sich wie eine Schutzplane über menschliche Körperzellen und kann sogar bereits angeschlagene Zellen heilen. "Weil alte Apfelsorten mehr Polyphenole als die meisten Supermarktsorten enthalten, sind sie auch gesünder."

Die Franzosen schätzten sie so sehr, dass sie ihr den Namen "Reine des Reinettes" (Königin der Renetten) gaben. Er schmeckt nussartig und ist relativ säurearm

Der Ballaststoff Pektin ist gut für den Magen-Darm-Trakt. Wer Durchfall hat, sollte einen geriebenen Apfel essen. Dann wirkt das Pektin wie ein Schwamm, der Flüssigkeit bindet. Warum gerieben? "Das Pektin wird freigesetzt, wenn es mit Sauerstoff reagieren kann." Kurioserweise helfen Äpfel aber auch bei Verstopfung. Dann darf man sie aber nicht reiben. Und damit nicht genug: Die Ballaststoffe in Äpfeln sind natürliche Prebiotika – sie unterstützen das Immunsystem, indem sie Wachstum und Vermehrung von nützlichen Darmbakterien fördern.

Eine Diät nur mit Äpfeln? Lieber nicht!

Immer wieder wird der Apfel auch als Diätmittel gepriesen, um abzunehmen. Monika Bischoff rät aber davon ab, eine Zeit lang nur Äpfel zu essen, um Gewicht zu verlieren. "Äpfel enthalten zwar viele wertvolle Bestandteile wie etwa Vitamine, Magnesium und Kalium, allerdings kaum Proteine und keine Fettsäuren. Es wäre nicht ausgewogen, sich nur von Äpfeln zu ernähren." Dass Äpfel – eingenommen vor einer Mahlzeit – als Appetitbremse wirken, so dass man weniger isst, kann die Ernährungsexpertin nicht bestätigen: "Mir macht ein Apfel noch mehr Hunger." Bischoff rät, den Apfel zum Nachtisch zu essen. Dann könne der Körper den Fruchtzucker besser verwerten. Ist der Apfel als Zwischenmahlzeit gedacht, sollte man ihn mit Quark oder Joghurt essen. "Darin sind Proteine enthalten. Sie helfen dem Körper dabei, Zucker langsamer zu verarbeiten. Dann steigt der Insulinspiegel langsam – und wir bleiben länger satt." Wer keine Milchspeisen mag: Nüsse erfüllen denselben Zweck.

Übrigens reicht wirklich ein Apfel am Tag. "Dazu noch eine andere Obstsorte – das ist perfekt."

Infobox

Viele Infos für Allergiker finden sich auf der Seite des BUND Lemgo.

Eine Übersicht, wo Sie alte Apfelsorten kaufen können, finden Sie auf unserer Apfelkarte.

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