Muslimische Gefängnisseelsorge
Muslimische Gefängnisseelsorge
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Gefährliche Antworten
Christliche Seelsorge gibt es schon lange in Gefängnissen, muslimische Seelsorge ist dagegen die Ausnahme. Dabei kann sie helfen, Radikalisierung vorzubeugen.
Portrait Johannes StuhrmannLena Uphoff
14.02.2019

Häufig bieten Gefängnisse einen Nährboden für Dschihadismus: Perspektiv­lose muslimische Straftäter werden von radikalisierten IS-Rückkehrern mani­puliert. Damit muss sich die muslimische 
Gefängnisseelsorge auseinandersetzen.

chrismon: Sie arbeiten seit 2008 in der JVA Wiesbaden. Was hat Sie damals überrascht?

Husamuddin Meyer: Wie viele das Freitags­gebet besuchten. Sie sagten: endlich mal jemand aus unserer Kultur, der uns versteht. Obwohl sie sich als Muslime sehen, besitzen die meis­ten nur geringe religiöse Kenntnisse. Die reli­giöse Betreuung haben wir dann ausgebaut zur Seelsorge.

Etwa 40 Prozent der Insassen sind Muslime. Warum ist der Anteil so hoch?

Manche bekommen aufgrund ihrer aus­ländischen Namen nur Wohnungen in Hochhaussiedlungen, wo sich Kriminalität ballt. Sie fühlen sich ausgegrenzt. In der Schule wird ihnen weniger zugetraut, dadurch ­haben sie ein geringeres Selbstbewusstsein und kompensieren das mit Gewalt.

Der aus Darmstadt stammende Konvertit, Gefängnisseelsorger und Islamwissenschaftler Husamuddin Martin Meyerpicture alliance/dpa/Fredrik von Erichsen

Husamuddin Meyer

Husamuddin Meyer (50) ist sufischer Imam und muslimischer Gefängnisseelsorger in Wiesbaden. Außerdem leitet er die Beratungsstelle Salafismus.

Eine Studie hat herausgefunden, dass sich jeder dritte europäische Dschihadist in Haft radikalisiert hat. Erstaunt Sie das?

Nein. Im Gefängnis treffen, vereinfacht, zwei Typen Mensch aufeinander: die ideologisch Radikalisierten und die leicht Manipulierbaren, die nichts mehr zu verlieren haben und sich leicht rekrutieren lassen. IS-Rückkehrer erzählen krasse Geschichten und werden wie Helden gefeiert. Sie sagen den anderen, dass sie wegen ihrer Sünden in die Hölle kommen – außer sie wählen den Märtyrertod.

Kann die Seelsorge das verhindern?

Das ist zwar nicht die Absicht der Arbeit, aber ein positiver Nebeneffekt. Gefangene fragten mich: Ist Terrorismus im Islam erlaubt? ­Ich meinte: Islam ist das Gegenteil von Terror, ­Islam ist Frieden. Wenn ich nicht da wäre, beantwortet solche Fragen jemand anderes.

Kontakt

Die Beratungsstelle Salafismus ist telefonisch zu erreichen unter 06151/870 95 96

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