Fragen an das Leben Zsuzsa Bánk
Fragen an das Leben Zsuzsa Bánk
Dirk von Nayhauß
"Ich brauche keine Reichtümer"
Mit 80 zufrieden auf einen See schauen – und mindestens fünf Enkel springen rein. Ein prima Lebensabend wäre das, findet die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk.
Dirk von Nayhauß
28.11.2018

chrismon: In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?
Zsuzsa Bánk: Beim Schreiben, wenn ich einen richtigen Satz finde, ­eine Melodie. Ein Bild, das ich mit Sprache erschaffe und ausmale. Das hat oft etwas Rauschhaftes, dann existiert nichts anderes mehr, nur ich und der Ton, der aufge­schrieben ­werden will.

Was können Erwachsene von Kindern lernen?
Kinder beharren nicht auf ihrer Meinung. Es gibt nichts, an dem sie lange zu knabbern haben. Keine Vorwürfe, die sie jahrelang aufrechterhalten, sie verzeihen jederzeit und beginnen neu. Eine Größe, die man als Erwachsener leider verliert.

Zsuzsa BánkDirk von Nayhauß

Zsuzsa Bánk

Zsuzsa Bánk wurde 1965 geboren, ihre 
Eltern kamen infolge des Ungarnaufstands nach Deutschland. 
Sie war Buchhändlerin und Wirtschafts­journalistin. 2002 ­erschien ihr Roman "Der Schwimmer", für den sie unter anderem den "Deutschen ­Bücherpreis" erhielt. Zuletzt veröffentlichte sie "Weihnachtshaus", die Geschichte 
zweier Freundinnen 
(edition chrismon, 
12 Euro, s. Seite 48). Zsuzsa Bánk lebt in Frankfurt am Main, 
ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?
Er sieht alles. Aber wie er Milliarden von Menschen beobachten kann – keine Ahnung. Ich habe oft eine naive, kindliche Vorstellung, ein alter Mann mit schlohweißem Haar, wie in der Sixtinischen Kapelle. Manchmal spüre ich gerade­zu: Gott ist da, er hat etwas für mich vorbereitet, gelöst. Meine Freundin hat Bruder und Vater auf dramatische Weise ver­loren. An ihrem 50. Geburtstag zeigte sich über uns ein sensationeller Regenbogen. Da dachte ich: Das sind sie. Ein Leben ohne Glauben kann ich mir nicht vorstellen. An wen sonst könnte ich mich wenden, wenn alles andere zerbricht?

"Verrückt, dass wir immer so tun, als gehe uns das Ende nichts an."

Muss man den Tod fürchten?
Warum sollten wir uns fürchten, wenn es das ewige Leben gibt? Sollte nach dem Tod doch nichts kommen, merken wir es nicht, dann ist es auch egal. Ich finde es verrückt, dass wir immer so tun, als gehe uns das Ende nichts an. Ein Fest mit gesunden Menschen und einer sitzt im Rollstuhl, der nicht allein essen kann – da erschrecken viele. Wir leben in der Illusion, wir seien ewig jung und gesund. Das ist aber eine Lüge.

Wer oder was hilft aus der Krise?
Ich mache viel mit mir selbst aus. Natürlich vertraue ich einer Handvoll Leute, aber im Grunde falle ich auf mich selbst zurück. Ich wünschte oft, ich würde nicht immer in meiner Brühe schwimmen. Aber das liegt an meinem Beruf – den ganzen Tag allein am Schreibtisch.

Welche Liebe, welche Freundschaft macht Sie glücklich?
Die alten Freundschaften, die mühelos ohne Erklärungen auskommen. Liebe ist an meinen Mann gebunden, meine Kinder, meine Eltern. Freundschaft ist etwas anderes. Sie beinhaltet nicht dieses Ausschließliche, Absolute. Ich ­verzeihe einer Freundin, einem Freund ganz andere Dinge als meinem Mann. In der Liebe bin ich schneller verletzt und beleidigt, eigentlich blöd.

"Aus Weihnachten schöpfe ich die Hoffnung, dass die Menschen irgendwann in Frieden leben"

Wie gehen Sie mit Schuldgefühlen um?
Die können schrecklich nagend sein – ganz schlimm. Ich habe die Notwendigkeit erkannt, dass, wenn ich bestimmte Menschen in meinem Leben behalten will, ich mich ­äußern muss und zugeben und um Entschuldigung bitten. Vor 20 Jahren fand ich das nicht so essenziell. Jetzt ist es mir sehr wichtig, die Menschen, die mich umgeben, nicht zu verprellen. Ihnen sagen zu können: Ich will, dass du da bist, dass du mich erkennst.

Wie sieht ein gelungenes Leben aus?
Für mich besteht es aus Freundschaft, Familie, Liebe, der Rest ist egal. Reichtümer anhäufen, beruflich wahnsinnig erfolgreich sein, gesellschaftlich eine Rolle spielen – das sind für mich keine Kategorien. Wichtiger ist es doch, ­frohen Mutes zu sein, so wie mein Vater es war. Er ist 85 geworden, als ein glücklicher, dankbarer Mensch. Familie und Freunde waren ihm alles. Ich würde mir wünschen, dass ich mit 80 zufrieden auf einen See schaue. Und fünf, mindestens fünf Enkel springen rein.

Was bedeutet Ihnen Weihnachten?
Bevor ich Kinder hatte, war diese Zeit für mich ein großes, herrliches Auftanken. Jetzt schaffe ich es nicht mal, zum Adventssingen zu gehen, obwohl ich mir immer vornehme: Dieses Jahr klappt es! Bei aller Vorweihnachtshektik: Es bewegt sich etwas in mir, ich bedanke mich, schließe ab. Wie ist mein Jahr gelaufen? Was war gut, was schlecht? Was wünsche ich mir? Aus Weihnachten schöpfe ich – wie auch aus Ostern – die Hoffnung, dass vielleicht nicht alles verloren ist, dass die Menschen möglicherweise irgendwann in Frieden zusammenleben.

Produktinfo

Das "Weihnachtshaus". Eine beglückende Geschichte von einer innigen Freundschaft, vom Loslassen und Annehmen, vom Aufbrechen und von Momenten, in denen man das Leben beim Schopf packen muss. 12,00 € , edition chrismon, 112 Seiten, Hardcover11 x 18 cm, ISBN: 978-3-96038-151-8

Permalink

Wir kommen aus dem "Ich-weiß-nicht-woher", und gehen dann irgendwann ins "Ich-weiß-nicht-wohin"! Das, was da dazwischen, quasi zwischen den Zeilen liegen mag, das nennt der Mensch dann, "das Leben"!
Warum der Mensch dieses Interim "durchmachen" muss, das wissen vielleicht die Götter, vielleicht auch der Allmächtige, oder gar der olle "Sankt Nimmerlein"?
Wird all das, für "immer das Geheimnis", schlechthin bleiben müssen, das nie einer "lüften" kann und wird, trotz oder gar wegen unserer (fast) durchdigitalisierten Erde?

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Roller aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.