Foto von Tamara S., geb. 1933, die als Kind von deutschen Besatzern erst nach Estland in Konzentrationslager verschleppt, dann zur Zwangsarbeit nach Finnland
Tamara S. wurde als Kind von deutschen Besatzern verschleppt
Hilfenetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine
Ukraine: Hilfsnetzwerk unterstützt Überlebende der NS-Verfolgung
Schmerzmittel, Mehl und Licht
Die sehr alten Überlebenden des Naziterrors in der Ukraine brauchen ­schnelle und unbürokratische Hilfe. Ein deutsches Netzwerk sammelt Spenden und hilft unbürokratisch und direkt.
Tim Wegner
10.10.2023

Furchtbar ausgeliefert fühlen sich die ehe­maligen Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen in der Ukraine den russischen Bomben. ­Damals, als sie in Deutschland schuften mussten, war es ihnen verboten, bei Bombenalarm in die Luftschutzkeller zu gehen, heute dürften sie in den Keller, schaffen aber die Treppen nicht mehr, schon gar nicht mehrmals am Tag.

"Es kommt ganz viel wieder hoch", berichtet Ragna ­Vogel. Sie arbeitet für das "Hilfsnetzwerk für ­Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine", das sich kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gebildet hat. Mitglieder des Netzwerks sind zum Beispiel deutsche und österreichische Gedenkstätten, die langjährige Kontakte zu Überlebenden der NS-Verfolgung und zu Kooperationspartnern in der Ukraine haben.

###info-im-text###

Etwa 40 000 Opfer des Naziterrors leben noch dort. Es sind ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwang­sarbeiter, Überlebende von KZ und anderen Lagern. Sie alle haben seit Kriegsbeginn viel Gesprächsbedarf, wollen ­erzählen, was sie damals durchlitten haben. Und sie leiden ­materielle Not. Auch wegen der Inflation.

Über 2000 NS-Überlebenden konnte das Netzwerk bislang helfen – vor allem mit finanziellen Einmal-Not­hilfen und manchmal auch mit Paketen ­(darin Campinglampen, wenn mal wieder der Strom weg ist, Grundnahrungsmittel, Schmerzmedikamente, Blutdrucksenker, Salben gegen das Wundliegen bei Bett­lägerigen). Vor Ort kümmern sich vor allem Ehrenamtliche (meist Frauen) um die alten Menschen, besorgen von den ­Spenden Medikamente und bekommen davon auch ihr Benzin oder den Busfahrschein erstattet.

Weitere 132 Menschen erhalten in Form einer Patenschaft monatlich 40 Euro – die Regelmäßigkeit gibt ein Gefühl von Sicherheit, dass für das Allernotwendigste gesorgt ist, zusammen mit der Rente von im Schnitt 100 ­Euro. Aber wenn jemand bettlägerig und pflegebedürftig ist, reicht das Geld nicht.

Inkontinenzwindeln sind teuer, sie kosten rund 50 Euro monatlich. Die Preise sind auch deswegen gestiegen, weil Erwachsenenwindeln nun auch für verletzte Soldaten und Soldatinnen benötigt ­werden. Und insgesamt sind es zu wenig Spenden, um auf alle Anfragen zu reagieren, die das Hilfsnetzwerk erreichen.

Inzwischen, nach mehr als anderthalb Jahren Krieg, seien alle sehr erschöpft, erzählt Ragna Vogel, die Überlebenden wie auch die Ehrenamtlichen. "Immer wieder Angriffe und kein Ende in Sicht, es geht immer so weiter. Die Verzweiflung wächst."

Spendeninfo

Das "Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine" unterstützt die alten Menschen unbürokratisch und direkt, meist mit finanziellen Nothilfen und auch einigen monatlichen Patenschaften. Der Verein Kontakte-
Kontakty verwaltet die Spenden treuhänderisch.
Spendenkonto
Berliner Volksbank: DE59 1009 0000 2888 9620 02
Stichwort: chrismon

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.