Hedwig Gafga, Autorin
19.03.2012

Bewertung

Liturgie
4
Predigt
5
Musik
3
Atmosphäre
5

Das Vorläuten hallt gegen die vierzehnstöckigen Hochhäuser der Ham­burger Trabantenstadt. Am Rand des Quartiers befindet sich ein Komplex, der rundum blau verkachelt ist – im Volksmund  heißt er „blaue Kachel“ oder „Badeanstalt“. Darin befindet sich die Martin-Luther-King-Kirche. Sie ist ein hoher Mehrzweckbau. Die Gottesdienstbesucher sitzen auf bequemen geflochtenen Stühlen. In einer Nische steht ein Engel mit löcherigen Flügeln, angeleuchtet von einer Kerze. Das Kunstwerk hat ein Künstler geschaffen, der mit Schrott arbeitet. Drei Rollstuhlfahrer sind die Ersten, die sich zum Gottesdienst einfinden. Es folgen ältere Ehepaare, Singles, junge Familien mit Kindern, darunter afrikanische Einwanderer, rund 60 Menschen an der Zahl.

Es sind vor allem die Gebete, die diesem Gottesdienst eine eindringliche, ­dichte Atmosphäre verleihen: Fürbitten, ein Psalm, den Frauen und Männer abwechselnd lesen. Schon in ihrer Fürbitte stimmt Pastorin Christine Nagel-Bienengräber das Grundmotiv des Gottesdienstes an: „Wir können nicht aufhören zu fragen, ob ­jemand unsere Hilfe verdient hat.“ Und wenn die Gemeinde mit „Kyrie Eleison“ antwortet, verstehen alle: Mit Gottes Hilfe geht es vielleicht doch, und wir können helfen, ohne zu fragen. Als die Pastorin zum stillen Gebet einlädt, drängen plötzlich 30 Menschen nach vorn. Sie bilden eine Schlange vor dem Altar, um Kerzen a­nzuzünden – ein Ritual, das in der Gemeinde beliebt ist.

In ihrer Predigt überrascht die Pfarrerin mit einem Kontra gegen die Bußpredigt des Propheten Amos. Seine Forderung nach Wahrhaftigkeit stellt sie erst einmal grundsätzlich infrage: „Alles ist gespielt im Leben. Wir spinnen sogar ein bisschen beim Glaubensbekenntnis. Wer von uns glaubt das alles denn wirklich?“ Stete Wahrhaftigkeit? Das überfordert die Menschen. Und trotzdem kommt eine christliche Gemeinde nicht ohne sie aus: Der Prophet will eine Gemeinde, deren Feiern nicht bloß Schall und Rauch sind. Eine Gemeinde, die Gerechtigkeit schafft. Für die Pfarrerin heißt das: „die Schwächeren unterstützen, egal ob sie es verdient haben oder nicht. Auch Gott fragt nicht danach, ob wir das verdient haben.“

Still beschäftigen sich die Kinder, eines tippt hinten leise auf die Trommel. Mit Lust betet Christine Nagel-Bienengräber „für die Schlitzohren, für die Durchwurschtler und Schnorrer, die Schulabbrecher und lebenslang Arbeitslosen, das Heil sollen sie sehen!“ Dann feiert ein großer Kreis von Menschen zwischen 8 und 80 Jahren mit Traubensaft das Abendmahl.

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E-Mail: info@martin-luther-king-steilshoop.de
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