Mahlzeit Frischkäse
sbk
Frischkäse und Gemüse
Wer in der heimischen Küche sparen will, sollte vorher ein bisschen experimentieren. So wie ich diese Woche mit Frischkäse
25.10.2023

Auf unserem Balkon mitten in der Stadt haben wir jeden Tag Besuch von Eichhörnchen. Wir haben sie Theodor und Lucinda genannt. Die beiden speisen für ihr Leben gerne bei uns - in einer kleinen „Villa“ aus Holz, die wir für sie eingerichtet haben, voll Nüsse und Samen. Nach vorne hinaus hat die Villa eine Plexiglas-Scheibe, durch die die Eichhörnchen vorab das Angebot inspizieren können. Dann heben sie das Dach hoch und holen, was sie möchten.

Charlotte kommt auch. Sie ist eine Meise. Gerne würde sie etwas aus der Hörnchen-Villa haben. Sie schaut durch die Scheibe, findet das eine oder andere sehr appetitlich, kommt aber nicht dran. Enttäuscht - oder zornig? - pickt sie auf das Plexiglas ein. Voller Sympathie habe ich ihr ein extra zusammengestelltes Tellerchen neben die Villa gestellt mit dem, was sie mag. Jetzt wirkt sie ganz fröhlich und verzichtet - meistens - darauf, auf die Scheibe der Auslage einzuhacken.

Man sollte Vergleiche nicht überdehnen. Trotzdem erinnert mich Charlotte an manche Situationen, in denen ich in einem Feinkostladen vor der Auslage stehe. Selbstredend hämmere ich nicht auf Glas oder Holz ein, weil ich etwas nicht bekomme. Ich könnte mir ja auch kaufen, was angeboten wird. Aber Manches ist mir schlichtweg zu teuer: 100 gr eines Crabmeat-Salates, eine echte Delikatesse aus Krabbenfleisch für 18 Euro 50. Vor ein paar Jahren hat der schon 12 Euro gekostet. Muss ich nicht haben. 

Aber halt - dieser Frischkäse sieht toll aus. Er enthält laut dem Schild, das an der Schüssel lehnt, Sellerie, Lauch und Karotten. Sehr verlockend. 100 gr knapp über drei Euro. Ich gehe nach Hause. Im Kühlschrank liegt doch alles. Ruckzuck rasple ich Karotten und Sellerie, den Lauch schneide ich fitzelklein. Das gesamte Gemüse mische ich mit dem Frischkäse, füge etwas Bio-Mayo und Joghurt dazu, damit die Sache cremiger wird, und würze ordentlich mit Kräutern. 

Der Frischkäse schmeckt nicht schlecht. Er wirkt jedoch arg roh und gesund. Ich teile den Frischkäse in zwei Hälften. Dann nehme ich neues Gemüse und dünste es in wenig Butter. Das füge ich mit unbearbeitetem Frischkäse zu der einen Hälfte des bereits angemachten hinzu. Viel feiner! Ein dritter Versuch - Frischkäse nur mit gedünstetem Gemüse. Ist auch prima, wirkt aber sanft - so wie Kranken- oder Schonkost. Es bleibt also bei der Misch-Variante, halb roh, halb gedünstet. Endlich bin ich mit der Rezeptur zufrieden.

Mit dem Gematsche und dem Energieverbrauch habe ich vermutlich deutlich mehr als drei Euro verbraten, aber die waren ja auch nur für 100 Gramm und ich hab am Ende eine viel größere Portion zum Verspeisen. Doch ich sehe, Preise haben ihre Berechtigung - es müssen ja auch Gehälter und Ladenmiete davon bezahlt werden. Trotzdem spricht vieles dafür, kreativ und mit Forscherdrang selber Lebensmittel zu produzieren - und manches sich einfach mal zu gönnen. Charlotte hat sich klar für Letzteres entschieden. Sie steht an der Theke, trommelt darauf herum und wartet auf kostenlosen Service. Kriegt sie ja auch. Bin fast ein bisschen neidisch.

Von der Kolumne zum Buch:
Sie wollen mehr lesen? Dann gibt es jetzt das Buch dazu von Susanne Breit-Keßler

"Prost Mahlzeit!".  Für gute Laune beim Kochen, mit vielen Rezepten, Kolumnen und Illustrationen. edition chrismon, 144 Seiten

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.

Kolumne