Ein Teller mit Essen, paniertes Schnitzel mit Pommes und Mayo ?
So sehen sie aus, die typischen „Kinderteller“: Frittiertes Putenschnitzel mit Pommes. Geht es bitte auch etwas erwachsener, wenn ich einfach nicht so viel essen möchte?
sbk
Viel ist nicht immr gut
Bitte eine kleine Portion!
Manche Menschen mögen Teller, die so randvoll sind, dass es keinen freien Platz mehr zwischen den einzelnen Bestandteilen des Essens gibt. Sie finden es schön, wenn das Schnitzel über den Rand hängt und nach der Tischplatte greift. Anderen, so wie mir, wird bei einem solchen Anblick übel. Die Bedienung kann gleich alles wieder mitnehmen, weil es für unsereine angesichts der Überfülle unmöglich ist, auch nur einen Bissen herunterzubringen.

31.01.2024

In Lokalitäten, die bekannt sind für Portionen, die einem kanadischen Holzfäller zur Freude gereichen würden, versuche ich stets, ein kleineres Gericht zu bekommen. Gerne sage ich: „Ich kann nicht so viel essen. Könnte ich bitte die Hälfte haben?“ Das erweckt entweder Mitleid: „Die arme Frau kann sich nicht mehr leisten. Da tun wir einen extra Klacks drauf.“ Toll. Wenn das üppige Essen kommt, bin ich schon nach dem Anschauen fertig. 

Oder meine Bitte provoziert Widerstand: „Da kann ruhig noch etwas auf die Rippen!“ Sie wissen, was passiert? Genau! Her mit dem Schlag Pommes. Manchmal frage ich schüchtern nach dem Kinderteller. Bei der Deutschen Bahn hat man mir vor Jahren erklärt, dass der nur für Kinder ist. Als ich sagte, dass ich kleine Mengen esse, wurde mir erklärt, warum ich die Zwergenportion nicht bekommen darf: „Das ist eben so.“ Na dann. Ein schönes Argument. 

Echte Kinderteller sind hübsch designt. Man entdeckt auf ihnen Tigerenten, Mäuse, die auf Fliegenpilzen sitzen und Pusteblumen anblasen, putzige Bären, Pferde, Schafe, Dschungelbuchfiguren, Giraffen, Nashörner …. Seniorenteller sehen so öde aus, wie die Speisen auf ihnen. Man könnte auf ihnen wenigstens älter gewordene Superstars abbilden: Helen Mirren, Robert Redford, Judi Dench, Clint Eastwood. Wäre doch etwas, oder?

Seniorenteller bekommt man ab 60 serviert. Dieses Alter habe ich längst glücklich erreicht. Aber die Art von Essen kann ich nicht leiden. Irgendwelches leicht kaubares und verdauliches Zeug. Weich gekochter Brokkoli oder Blumenkohl, labbrige Nudeln, mit der Gabel zerdrückbare Kartoffeln. Rahmige, reizlose Soßen. Langweilig. Ich mag es lieber scharf gewürzt und asiatisch. Ein heißer Seniorenteller? Nope. Gibt es so nicht.

Ich wünsche mir mehr Rücksicht auf verschiedene Essgewohnheiten. Von Herzen gönne ich jedem alles, was er oder sie mag - auch in großen Mengen. Genau so viel Verständnis erhoffe ich mir für Leute, die keine Vogelportionen, sondern ein klein wenig weniger essen. Und ich gehe nur noch in Restaurants, die es verstehen, was ich brauche, um mich wohlzufühlen. Lieber bestelle ich nach, als von Essensmengen überfordert zu sein. 

Wenn ich per „Doggy Bag“ von dem etwas nach Hause mitnehmen kann, was ich bei aller Liebe nicht geschafft habe, freue ich mich. Die meisten Lokale, die etwas taugen, sind dafür gerüstet. Am nächsten Tag genieße ich nochmal das feine Essen vom Abend zuvor. Beim kleinen Futtern schaue ich mir große Filme an. Helen Mirren übrigens isst am Liebsten „Huevos Rotos“, eine spanische Kalorienbombe. 

Dazu werden Kartoffelstreifen wie Pommes in heißem Öl gebraten, Eier im selben Fett aufgeschlagen und damit ein paar Mal übergossen, ohne dass das Eigelb fest wird. Oft wird noch Chorizo dazu gebrutzelt. Wirklich nicht   kalorienarm. Aber so grandios wie Helen Mirren, Oscar-Preisträgerin und Dame Commander des Order of the British Empire, mit ihren bald 78 Jahren aussieht, isst sie von dem fetten Zeug nur Kinderteller. Mir bitte auch einen!

Von der Kolumne zum Buch:
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