Kristina Hänel: Angeklagt wegen § 219a - Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche

Sie lässt sich nicht unterkriegen
Portrait - Die Retterin

Evelyn Dragan

Kristina Hänel ist eine engagierte Ärztin uns Christin. Und sie macht Schwangerschaftsabbrüche

Portrait - Die Retterin

Ja, Kristina Hänel macht auch Schwangerschaftsabbrüche. Nein, sie ist keine Mörderin.

Am Tag des Urteils, als die Ärztin Kristina Hänel erschöpft vom Amtsgericht in Gießen nach ­Hause kommt, auf ihren Hof in Linden, wartet dort Peggy, 14. "Sie haben dich wirklich ver­urteilt? Dich?" Das Mädchen ist den Tränen nah. Peggy kümmert sich auf dem Hof um die Pferde. Und die Pferde sind ­nervös in diesen Tagen. Kristina Hänel hat zu viel mit Anwälten und Journalisten zu tun, zu viel mit TV und Twitter, zu wenig Zeit zum Reiten und Füttern. Ricardo, der Wallach, ist wild geworden und hat Peggy abgeworfen. "Aber weißt du was, Kristina", sagte die 14-Jährige, "ich hab mir was überlegt. Wenn man runterfällt, muss man ganz schnell entscheiden: Ich steh wieder auf."

Nach Herzinfarkt einen Patienten reanimieren – der Hammer!

So endet dieser 24. November 2017, an dem Kristina Hänel, Ärztin und Psychotherapeutin, weltberühmt wurde. Verurteilt wegen des Paragrafen 219a zu 6000 Euro Geldstrafe, weil sie auf der Homepage ihrer Praxis darüber informiert hatte, dass sie nach den strengen Richtlinien der deutschen Beratungsregelung zulässige Schwangerschafts­abbrüche vornimmt. Das Amtsgericht Gießen wertete dies als "unerlaubte Werbung". Seit diesem Urteil wird sie durch Fernsehsendungen und die Weltpresse gereicht, auch die "New York Times" war schon da. Sie wird von Abtreibungsgegnern schikaniert und mit Hassmails gequält. Träumt manchmal nachts davon, dass diejenigen, die ihr per Mail den "langsamen Foltertod" wünschen, tatsächlich zur Waffe greifen. "Ich habe lange in der ­Psychiatrie gearbeitet, ich weiß, wozu wahnhafte Menschen in der Lage sind." Seither ist das Leben der Gießener Ärztin und ­Reiterhofbesitzerin Kristina Hänel ziemlich aus den ­Fugen. Aber an diesem 24. November muss sie ent­schieden haben: Aufstehen. Weiter.

Ursula Ott

Ursula Ott fand sich kürzlich im gleichen ­Shitstorm wie ­Kristina Hänel. Kurz darauf rief die Ärztin bei ihr an: "Hallo, ich bin ­übrigens auch evangelisch."
Foto: Lena UphoffUrsula Ott, chrismon Chefredakteurin

Evelyn Dragan

Evelyn Dragan ist eine Fotografin aus Frankfurt am Main. Publikationen in Bloomberg Businessweek, Brand Eins, chrismon, Die Zeit, The Financial Times, Focus, Geo, Intro Metropolis, Monocle, Neon, Spex, Stern, Der Spiegel, SZ Magazin, Weltkunst, Zeit Magazin.
Privat

Zum Gespräch kommt sie im alten, abgeliebten rosa T-Shirt mit zwei Löchern, in halblangen roten Turn­hosen, sie ist zwischen Sprechstunde und Abendessen noch schnell neun Kilometer zum Hof geradelt und zurück. Der Reiterhof ist nach langen Arbeitstagen ihre Oase: "Reiten bringt mein Körpergefühl zurück." Sie ist ungeschminkt und spricht schnell, zwischendurch ruft die Putzfrau an, das Portemonnaie der Chefin liegt noch in der Praxis. Es muss vieles Platz haben im Arbeitstag dieser Frau.

 Auf ihrem Hof macht Kristina Hänel missbrauchten Kindern mit ihrer Reittherapie MutEvelyn Dragan

An ihrem Hals baumelt ein silberner ­Kokopelli, Fruchtbarkeitssymbol der Hopi-­Indianer. Der Kokopelli, ein ­kleiner Tänzer, spielt Flöte, wie Kristina, die manchmal in der Fußgängerzone steht, Flöte spielt und singt. "Die Gedanken sind frei", singt sie, manchmal auch jiddische Lieder, und sie singt das Lied der Buchenwald-Frauen. "Seid gegrüßt, ihr Lieben am unbekannten Ort, gedenket manchmal meiner, die ich musste fort." Seit Jahren engagiert sie sich für die Auschwitz-Lagergemeinschaft, singt Klezmerlieder, tritt in Gedenkstätten auf. Sie findet, das sei die Aufgabe ihrer Generation, "Teil meiner Geschichte, über die meine Eltern nie gesprochen haben". Wie so viele Deutsche, die in den 50er Jahren geboren sind, weiß sie nicht ganz genau um die Schuld ihrer Eltern. "Aber ich will verhindern, dass die Geschichte irgendwann weg ist." Gedenket meiner, ich musste fort.

An dieser Stelle ist sie verletzbar. Dass die Abtreibungsgegner ausgerechnet den Holocaust verhöhnen und ihre Kampagne gegen Dr. Hänel und andere Ärztinnen ­"Babycaust" nennen – da könnte sie "die Wand hoch­gehen". Und diese eine Mail – "Du mit deiner Semiten-Hackfresse" –, die hat sie ihren Kindern nie vorgelesen.

Alle brauchten mich, aber keiner gab mir die Hand

Ihre Kinder sind inzwischen erwachsen, selbst Arzt und Ärztin, haben selbst wieder Kinder. Alle halten zu ihr, klar, die erwachsene Tochter hat ihr den Kokopelli als Glücksbringer geschenkt, der Sohn hat sie zum Gerichtssaal gefahren und geweint beim Abschied. Aber die ­Kinder haben auch gelitten unter dem Job der Mutter. "Ganz ehrlich; welches Kind will schon, dass die Mama Abtreibungsärztin ist?"

Dass Kristina Hänel schon in den 80er Jahren bei Pro Familia arbeitete, hatte, ganz pragmatisch, mit ihrem eigenen Kinderwunsch zu tun. Die Arzttochter – alle in dieser Familie, wirklich alle sind Ärzte – war zielstrebig und fleißig. Abitur mit 18, Physikum mit 25, während des Studiums zwei Wunschkinder, "ich liebte das Leben und meinen Partner". Die Beziehung ging in die Brüche, die Kinder zog sie alleine auf, das Zweitstudium Psychologie schaffte sie irgendwann nicht mehr als junge Mutter, "mir fielen abends einfach die Augen zu".

Also Pro Familia, geregelte Arbeitszeiten, kein Sonntagsdienst. Schon damals im Visier der Abtreibungs­gegner. "Ich stand am Fußballplatz mit meinem Sohn und seinem Sportkamerad. Dessen Vater sagte vor den Kindern zu mir: ‚Ich habe genug Material zusammen, um Sie ins Gefängnis zu bringen.‘" Schon in den 80er Jahren wird sie zu öffentlichen Diskussionen eingeladen, sagt aber auch mal ab, weil die Tochter weint: "Mama, bitte nicht ins Fernsehen gehen." Sie will die Kinder schützen, unbedingt, drum zeigt sie ihnen auch die Drohbriefe und die Postkarten nicht. Und lässt ihre Nummer aus dem ­Tele­fonbuch nehmen.

Runterfallen ist o. k. Wenn man schnell wieder aufsteht

Gießen ist in den 80er Jahren ein Ort des Aufbruchs. Rund um den Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter entsteht die Antipsychiatrie-Bewegung. Hänel arbeitet als Laienhelferin in der Psychiatrie, trifft dort auf traumatisierte russische Soldaten, auf verwirrte Kriegsveteranen – und auf viele vergewaltigte und sexuell missbrauchte Frauen. Sie gründet einen "Wildwasser"-Verein, und sie fängt an, auf ihrem Hof Therapie für missbrauchte Kinder anzubieten. Der Einsatz trägt sich finanziell nicht, liegt ihr aber am Herzen und tut ihr, der preisgekrönten Dressurreiterin, auch selbst gut.

Die kleinen Patienten kommen aus zerrütteten ­Familien, viele leben im evangelischen Kinderheim. "Die machen dort sehr gute Arbeit", lobt Hänel, wie sie überhaupt für sich entschieden hat: "Ich unterstütze die Guten in meiner evangelischen Kirche." Das Kinderheim. Die Pfarrerin, die sie um Rat fragt, wenn sie mit einem Missbrauchsfall zu tun hat. Die Gemeinde, in der sie ­Heiligabend Flöte spielt. Hänel ist Mitglied der evangelischen Kirche.

Dass auch die selbst ernannten Lebensschützer sich auf den lieben Gott berufen? Kann sie nicht ernst ­nehmen. "Wer mich mit Gott teeren und federn will", sagt sie, "ist nicht wahrhaftig." Wahrhaftigkeit, das Wort sagt sie gern. "Nur Dinge, die wahr sind, berühren mein Herz." Wer hasst und sich dabei auf Gott beruft – "ist in meinen ­Augen gottlos". Und: "Jesus mochte auch keine Phari­säer." Und von denen gibt es viele unter den Abtreibungs­gegnern. Zu den vielen Frauen, denen sie in den Jahren geholfen hat, gehören auch solche aus dem evangelikalen Spektrum. "Alle brauchen mich, bloß die Hand darf man mir nicht geben."

 Ihr Arztpraxis in Gießen wurde plötzlich bundesweit bekanntEvelyn Dragan

Geholfen? Darf man das sagen, wenn man eine Schwangerschaft abbricht: helfen?

Kristina Hänel zeigt eine Mail. Sie ist ja jetzt berühmt, inzwischen schreiben ihr Frauen, die vor vielen Jahren eine Schwangerschaft abgebrochen haben, heute längst glückliche Familienmütter sind. Und die jetzt ihre Ärztin von damals in der Tagesschau sehen, als Angeklagte. "Diese Schwangerschaft war das Drama meines Lebens", steht in der Mail, "alle waren damals gegen mich, aber bei Ihnen habe ich mich aufgehoben gefühlt."

Drama. Das ist es immer noch und wird es immer sein. Keine Frau tut sich leicht mit der Entscheidung, eine Schwangerschaft abzubrechen. Gerade heute, sagt ­Kris­tina Hänel in unserem Gespräch, heute hat sie geheult, mit der Patientin zusammen. Eine junge Frau aus einer türkischen Familie, mit einer schweren Behinderung, sie hat sich mühsam das Studium erkämpft. Eigentlich hätte die Frau das Kind gerne bekommen. "Sie sagte, sie habe noch nicht mal einen Regenwurm getötet in ihrem Leben." Aber ihr Freund, der zum Termin mitgekommen ist, will sie nicht heiraten – es ist klar, dass sie ledig mit Kind aus der Familie verstoßen würde. Da hat die Ärztin sie erst noch mal zum Nachdenken weggeschickt. Das tut sie oft. Aber am Ende hat sie den Abbruch gemacht. So wie bei der jungen Verkäuferin, die nach Jahren der Arbeitslosigkeit eine Stelle hat – und schwanger wird. Oder bei der vier­fachen Mutter, die nach der Geburt ihres letzten ­Kindes vom Mann verlassen wurde. Oder bei der Geliebten eines amerikanischen Soldaten, die gerade erfahren hat: Der Mann ist in den USA schon verheiratet. Dramen ohne Ende im Sprechzimmer. "Oft würde ich die Frauen am liebsten nach Haus mitnehmen und trösten."

Drum ist Kristina Hänel froh, dass sie zum Ausgleich den Reiterhof hat. Und den Rettungsdienst. "Da wird weniger geheult." Wenn sie vom RTW erzählt, vom ­Rettungswagen mit dem "super Zusammenhalt", wird sie noch mal richtig munter. Sie ist drahtig, klettert schon mal durchs Dachfenster in eine Dusche, um ein Herzinfarktopfer rauszuhieven. Schreckt nicht zurück vor vermüllten Zimmern und verwahrlosten alten Leuten, bei denen die Fliegen auf den Exkrementen sitzen. Das kennt sie aus der Psychiatrie. Gleich beim ersten Einsatz als Rettungsärztin hat sie einen Herzinfarktpatienten reanimiert. Er überlebte. Das, sagt sie, sei "der Hammer".

Manche Frau würde ich gern mit heimnehmen und trösten

Aber es kostet Kraft. In den Wochen nach dem ­Urteil haben ihre Arzthelferinnen ihr manchmal verboten, nachts Rettungsdienst zu fahren. Jetzt hat sie erst mal aufgehört damit. Sie erzählt solche Sachen ungern, die Abtreibungsgegner sollen nicht das Gefühl haben, sie hätten es geschafft, sie zu zermürben. Denn sie hat sich das ja alles nicht ausgesucht. Sie ist Ärztin. Jetzt wird sie nicht nur von den Abtreibungsgegnern attackiert, die sie wahlweise "zerstückeln" und "in ein Fass werfen" wollen oder zumindest die "Todesstrafe" für sie fordern. Auch die Szene der Unterstützer will sie bisweilen als Galionsfigur vereinnahmen. Sie musste eine studentische Hilfskraft anstellen, die ihre Medienkontakte koordiniert. Ein befreundeter Polizist hilft ihr bei der Entscheidung: Welchen Kampf ausfechten? Welchen nicht? Viele Mails auf ihrem Laptop wären justiziabel. Viele Drohungen klingen wirklich ernst. Aber soll sie ihre Energie nur noch in Prozesse investieren?

Diesen einen Prozess will sie gewinnen: Am 6. September wird am Landgericht Gießen über ihre Berufung verhandelt. Schon im August laufen Prozesse gegen Kasseler Ärztinnen, die ebenfalls von den Abtreibungsgegnern angezeigt wurden. Mittlerweile ist auch die Politik aufgewacht. ­Justizministerin Katarina Barley hält das jetzige Gesetz für "unhaltbar", Ende Juni lud der Rechtsausschuss im Bundestag Experten. Bis zum Gerichtstermin wird es wohl kein neues Gesetz geben. Sommer, Berlin hat gerade andere Sorgen. Und Kristina Hänel guckt Fußball. Für wen sie fiebert? "Wie immer im Leben", sagt sie, "ich bin für die ­Schwächeren. Und wenn sich abzeichnet, dass die doch gewinnen – dann bin ich ab da für die anderen."

Anmerkungen der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes wurde Frau Katarina Barley als Frauenministerin bezeichnet. Das erwähnte Zitat stammt aus der Zeit als Sie noch Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend war. Seit 14. März 2018 ist Frau Barley Bundesjustizministerin. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

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Lesermeinungen

Werbung für Frau Hänel zu machen, ist ja erlaubt, womit es chrismon freisteht, einen solche Werbeartikel zu veröffentlichen.

Frei steht es ebenfalls der evangelischen Kirche, solche Werbung für die Beruf Abtreiber mit 4 Millionen Euro jährlich zu unterstützen, denn kein Gesetz dieser Welt untersagt dies und die evangelische Kirche muss sich dafür auch vor keine Instanz dieser Welt rechtfertigen.

Ich fände auch mal einen vergleichbaren Werbeartikel über die "Gegenseite" interessant; z.b. ein Porträt über Klaus Günther Annen; nicht dass ich alles was der tut und sagt schätze; aber er hat meinem Kenntnisstand nach bisher weniger ungeborene abgetrieben als Frau Hänel und er steuert ja auch was zu der Debatte bei.

Und natürlich wäre es auch mal interessant Frau Hänel ein paar interessante Nachfragen zu stellen, z.b.:

" Eine junge Frau aus einer türkischen Familie, mit einer schweren Behinderung, sie hat sich mühsam das Studium erkämpft. Eigentlich hätte die Frau das Kind gerne bekommen. "Sie sagte, sie habe noch nicht mal einen Regenwurm getötet in ihrem Leben." Aber ihr Freund, der zum Termin mitgekommen ist, will sie nicht heiraten – es ist klar, dass sie ledig mit Kind aus der Familie verstoßen würde. Da hat die Ärztin sie erst noch mal zum Nachdenken weggeschickt. Das tut sie oft. Aber am Ende hat sie den Abbruch gemacht. So wie bei der jungen Verkäuferin, die nach Jahren der Arbeitslosigkeit eine Stelle hat – und schwanger wird. Oder bei der vier­fachen Mutter, die nach der Geburt ihres letzten ­Kindes vom Mann verlassen wurde. Oder bei der Geliebten eines amerikanischen Soldaten, die gerade erfahren hat: Der Mann ist in den USA schon verheiratet. Dramen ohne Ende im Sprechzimmer. "Oft würde ich die Frauen am liebsten nach Haus mitnehmen und trösten.""

Wo, wann und wie sie Bemühungen unterstützt, dass türkische Familien ihre schwangeren Töchter nicht verstoßen, wenn diese nicht abtreiben? Z.b. ein Brief an den Vorsteher der entsprechenden Moschee: "Sehr geehrter Herr X, heute habe ich das ungeborene Kind einer Tochter aus ihrer Gemeinde töten müssen, weil sie andernfalls von ihrer Familie verstoßen würde. Wären sie so freundlich, ihre Gemeinde darauf hinzuweisen, dass wer auch immer seiner Tochter vermittelt, sie würde im Falle der Geburt eines unehlichen Kindes verstoßen werden, dass derjenige jetzt auch das Blut eines unschuldigen und wehrlosen Kindes an den Händen hat, vielleicht sogar noch mehr als ich? Und ließe es sich vielleicht einrichten, dass sie die jungen Männer daraufhinweisen, dass sie ebenfalls Blut haben und sich vor dem Höchsten schuldig machen, wenn sie außerehlich Sex mit einer Frau haben aber dann zu Feige sind, diese im Falle einer Schwangerschaft zu heiraten? Herzlichsten Dank für Ihre Mithilfe, meinen Beruf überflüssig zu machen."

Wo, wie und wann sie sich bemüht hat, dass Frauen nicht vermeinen aus beruflichen Gründen abtreiben zu müssen? Z.b.:

"Sehr geehrter Herr/Frau X, Personalmanagement Firma Y, heute habe ich das ungeborene Kind einer Ihrer Mitarbeiterinnen töten müssen, weil diese glaubt andernfalls in Ihrer Firma keine Chance zu haben. Selbstverständlich kann ich Ihnen nicht sagen, wer das war. Aber wären Sie so freundlich sich zu bemühen, Ihre Firma so zu organisieren, dass Ihre Mitarbeiterinnen nicht mehr aus beruflichen Gründen die Notwendigkeit sehen, Ihre ungeborenen Kinder von mir töten zu lassen? Das wäre toll, denn ich kann Ihnen versprechen, dass wenn nochmal eine Frau aus Ihrer Firma bei mir abtreiben lassen will, ich sie fragen werde, ob ich ihren Namen und den Ihrer Firma öffentlich machen darf; vielleicht stimmt sie ja zu. Herzlichsten Dank für Ihre Mithilfe, meinen Beruf überflüssig zu machen."

Wo, wie und wann sie sich bemüht hat, dass Männer zu ihrer Verantwortung stehen? Z.b.:

"Sehr geehrter Bischof X/General X, heute habe ich das ungeborene Kind eines ihrer "Schäflein"/Untergebenen töten müssen, weil der betreffende die Frau im Stich gelassen/betrogen hat. Wären sie vielleicht mal so freundlich, den Männern, für die sie verantwortlich sind, geeignet mitzuteilen, dass man mit einer Frau nur Sex haben sollte, wenn man sie danach auch mit dem aus dem Sex entstandenen Kind unterstützt? Und dass mit Frauen Sex haben unter dem Vorsatz, sie im Falle einer ungeplanten Schwangerschaft im Stich zu lassen (oder lassen zu müssen, weil man ja schon verheiratet ist), in etwa so schlimm ist wie besoffen mit 100 an einem Kindergarten vorbeizurasen? Obwohl, ist es eigentlich nicht, denn so einen Unfall überleben manche Kinder vielleicht, während bei mir keines überlebt, denn ich kann mein Handwerk. Herzlichsten Dank für Ihre Mithilfe, meinen Beruf überflüssig zu machen."

Wäre spennend zu wissen, warum Frau Hänel in Kenntnis der Umstände, warum Frauen meinen abtreiben zu müssen, scheinbar keine Aktivitäten entfaltet, um auf diese ungeborenen das Leben kostenden Umstände hinzuweisen.

Zeit und Kraft gegen das Werbeverbot zu kämpfen hat sie hingegen.

Sehr geehrte(r) Herr oder Frau carn, Ihren Vorschlag, doch mal ein Porträt der Gegenseite zu bringen, kann ich nur unterstützen. Sie schreiben: "z.b. ein Porträt über Klaus Günther Annen; nicht dass ich alles was der tut und sagt schätze; aber er hat meinem Kenntnisstand nach bisher weniger ungeborene abgetrieben als Frau Hänel und er steuert ja auch was zu der Debatte bei."

Wobei ich da nicht nur an Herrn Annen denke, sondern der Deutlichkeit halber vor allem an Herrn Scott Roeder. Der hat auch mit Sicherheit weniger Abtreibungen durchgeführt als Frau Hänel. Zur Debatte steuerte er haargenau dieselben Argumente bei, die sich auch hier bei zahlreichen Zuschriften finden.

Herr Roeder war im christlichen Glauben verwurzelt. Sehr konsequent setzte er seine lebensschützerischen Ambitionen in die Tat um.

Auch bei Herrn Roeder empfiehlt sich die vage Distanzierung "nicht dass ich alles was der tut und sagt schätze". Sonst hat man selber plötzlich die Staatsanwaltschaft am Hals, die man doch so gerne auf Frauen und Ärzte hetzen möchte.

Ja, wegen der journalistischen Ausgewogenheit wäre ein Porträt des Herrn Roeder und seiner vielen Gesinnungsgenossen weltweit und auch bei deutschen Lebensschützern nur zu begrüßen. Da bin ich ganz Ihrer Meinung.

Traugott Schweiger

Ich wollte vor allem kritisieren, dass es sich hierbei um einen einseitigen politischen Werbeartikel handelt, der eine bestimmte Seite - deren Mittel/Ziele aus christlicher Sicht in Teilen kritisch zu sehen sind - ABSOLUT EINSEITIG positiv darstellt.

Ohne kritisches Nachbohren, ohne aus christlicher Sicht kritische Aspekte zu erwähnen.

Wenn chrismon gerne journalistisch sein möchte, dann dürfen sie sich nicht mit der Sache von Frau Hänel gemein machen. Das machen sie aber.

Und beheben könnten sie es - nachdem sie nun die eine Seite der Auseinandersetzung einseitig unkritisch dargestellt haben - nur, indem sie halt nun die andere Seite einseitig und unkritisch darstellen.

Ansonsten ist chrismon halt nicht journalistisch in dieser Sache und einseitig auf Seiten von Frau Hänel.

Ob und wen da chrismon sinnvollerweise zur Wiederherstellung journalistischer Ausgewogenheit einseitig unkritisch darstellt, ist zwar nicht entscheidend, aber es sollte jemand von der konkreten Gegenseite zu Frau Hänel sein.

Und da wäre Herr Annen ein plausibler Kandidat, denn der macht solche Anzeigen und hat glaube ich Frau Hänel angezeigt.

Wenn sie aus meiner Kritik am Versagen gegenüber journalistischer Neutralität seitens chrismon ablesen, ich würde das Verhalen von Herrn Annen und anderen befürworten, dann irren sie.

Scott Roeder scheidet aus, da er nichts mit der Werbeverbotdebatte zu tun hat, in der sich chrismon hier auf die Seite von Frau Hänel schlägt.

Sie irren, wenn Sie schreiben: "Scott Roeder scheidet aus, da er nichts mit der Werbeverbotdebatte zu tun hat, in der sich chrismon hier auf die Seite von Frau Hänel schlägt." Unstrittig ist, dass chrismon sich auf die Seite von Frau Hänel schlägt. Dafür fordern Sie eine Kompensation in Form eines Jubelartikels über eine prominente Gestalt der Gegenseite.

Wer ist die Gegenseite? Liegt hier ein Streit zwischen Werbemuffeln und Werbefans vor? Nein, Frau Dr. Hänel wurde nicht verurteilt, weil sie überhaupt Werbung betrieben hat. Sie wurde verurteilt, weil sie für Abtreibung geworben hat. Also ist die Abtreibung der Knackpunkt und nicht die Werbung an sich. Somit ist der geeignete Gegenspieler bei den Abtreibungsgegnern zu suchen.

Wird der Konflikt also gekennzeichnet durch den Gegensatz zwischen Befürwortung und Ablehnung von Abtreibung? Das wäre auch ziemlich falsch. Abtreibungsärzte werben nicht mit der Aufforderung an Frauen, sich mal was zu gönnen und sich vom Partner eine Abtreibung schenken zu lassen. Diese Ärzte wenden sich an Frauen, die sich von sich aus zu einer Abtreibung entschlossen haben oder diese erwägen. Sie überlassen es den Frauen selbst, ob sie abtreiben wollen oder nicht. Alles andere wäre Körperverletzung.

Die Abtreibungsgegner wollen Frauen bevormunden, indem sie als Moralwächter christlicher oder Blut-und-Boden oder sonstiger Prägung selber entscheiden, was schwangere Frauen gefälligst zu tun und zu lassen haben.

Es liegt also ein Konflikt zwischen Selbstbestimmung und Bevormundung vor. Und der konsequente und bekannteste Vertreter der Bevormundungsmannschaft ist nun mal der Herr Scott Roeder.

Traugott Schweiger

Objektiv steht auf der einen Seite die Forderung, den § 219a StGB mit Titel "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" ersatzlos zu streichen.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__219a.html

Welche Motive oder Überlegungen dahinter stehen, z.b. dass Juristen eine vermeintlich/tatsächlich unsinnige Definition von "Werbung" verwenden, ist zwar interessant. Aber es geht dieser Seite um die Abschaffung von einem Verbot von etwas, was der Gesetzgeber in seiner unerschöpflichen Weisheit "Werbung" genannt hat.

Die Gegenseite plant soweit momentan bekannt ist momentan nicht, Abtreibungsärzte zu ermorden.

Sondern die Gegenseite befürwortet die Beibehaltung des Verbots von dem, was der gesetzgeber "Werbung für den Schwangerschaftsabbruch" nennt

UND

plädiert für die Ahndung von möglichen Verstößen

UND

zeigt aktiv entsprechende mögliche Verstöße wie z.b. den von Frau Hänel an.

Und Herr Annen ist ein ganz klarer Vertreter dieser Position, der sich aktiv in die öffentliche Debatte mittels seiner Webseite einmischt und der sogar selbst entsprechende Anzeigen stellt.

Er ist also im Gegensatz zu dem die deutsche Debatte zum § 219a und wohl auch nicht den 219a kennenden Scott Roeder der objektiv geeignetere Repräsentant der Gegenseite.

Und hinsichtlich einem möglichen Befürworten von "Bevormundung" wäre Annen auch kein schlechter Vetreter der von Ihnen wahrgenommenen "Bevormundungsgesellschaft", denn auf seiner er Webseite vergleicht er im voler Absicht einen Vergleich anzustellen, Abtreibung und Holocaust und kommt explizit zu dem Ergebnis, dass ersteres wohl schlimmer sei; und er nennt Namen und Adressen und zeigt Gesichter von Ärzten im Kontext dieses Vergleichs; dekoriert mit tropfenden Blut und Fotos, die Überreste von vermeintlich/tatsächlich abgetriebenen ungeborenen zeigen.

Eventuell unterscheidet Annen von Scott Roeder hauptsächtlich, dass er Gewaltanwendung gegen Abtreibungsärzte ablehnt; er sieht aber Abtreibungsärzte quasi als Mörder, die gestoppt werden sollten; nur eben durch den dazu aus Annens Sicht verpflichteten Staat mit entsprechend rechtsstaatlichen Mitteln.

Ferner ist Annen oder wenigstens die Existenz seiner Webseite sicher bekannter in D als Scott Roeder, denn Annen wurde durchaus schon in der Presse namentlich erwähnt und der Begriff babycaust (bei dessen googeln man als erstes Annens Seiten findet) ist meines Wissens schon mal im Heute Journal genannt worden.

Annen hat also in vieler Weise direkt mit der § 219a-Debatte zu tun, macht selber entsprechende Anzeigen, ist kein ungeeigneter Vertreter für eine von Ihnen wahrgenommenen "Bevormundungsgesellschaft" und er bzw. seine Webseiten haben ein gewisses Maß an Bekanntheit in D.

Vor allem geht meines Wissens das aktuelle Verfahren gegen Frau Hänel auf SEINE Anzeigen zurück.

Ich würde Ihn also wirklich objektiv als viel geeigneteren Gegenpart zu Frau Hänel sehen als Scott Roeder; den schlagen Sie ferner eventuell wohl nur vor, weil Sie hoffen damit die Gegenseite besonders negativ dastehen zu lassen; aber selbst da könnten Sie doch eigentlich nur wenig gegen den Betreiber einer Seite namens babycaust einwenden.

Man stelle eine Abtreibungsärztin unter der Überschrift „Die Retterin“ als sympathische ältere Dame vor.
Man schildere ausführlich ihre vielfältigen menschenfreundlichen Aktivitäten, unterlasse aber jede Beschreibung der Tätigkeit, um die es eigentlich geht, die der Abtreibung.
Man erwähne Andersdenkende nur in Zusammenhang mit widerwärtigen Pöbeleien, unangemessenen historischen Vergleichen und Morddrohungen.
Man stelle zum Schein die Frage, ob es zulässig sei, bei Abtreibungen von „helfen“ zu sprechen, erzähle dann aber eindrucksvoll Geschichten von Frauen, denen so geholfen wurde.
Man definiere „Abtreibung“ als „Abbruch einer Schwangerschaft“ – als ob es sich hierbei nur um die eendigung eines Zustands handeln würde.
Wenn auf derart geschickte und legale Art Propaganda gemacht werden kann, welchen Sinn hat dann noch das Werbeverbot des § 219 a StGB?

Der Artikel in 8/18 hat mich sehr geschmerzt. Ich erkenne ohne Wenn und Aber das soziale und medizinische Engagement von Frau Hänel an. Ihren Abtreibungstätigkeiten würde ich niemals ein Mordmotiv unterstellen. Mord geht einher mit inhumanen und lebensverachtenden Absichten. Und viele Abtreibungsaktivisten vertreten eine abscheuliche Ideologie.
ABER: nicht jeder, der Abtreibung (und die Beihilfe dazu) ablehnt, ist bösartig und per se frauenfeindlich. Etwas differenzierter dürfte die Auseinandersetzung mit diesem Thema schon sein. Denn noch schützt unser Grundgesetz das ungeborene Leben. Wer beleuchtet in Ihrem Artikel denn mal die Situation des Ungeborenen? Wer ist hier der Anwalt der Schwächeren? Dieses ist erklärtermaßen die Maxime von Frau Hänel. Oder wird hier unausgesprochenermaßen das Recht auf das Leben des Ungeborenen vernachlässigt?
In den vielfältigen Chor der Abtreibungsbefürworter mischen sich leider auch etliche inhumane (um nicht zu sagen egoistische) Vertreter ein.

Wir haben in unserer Familie eine schwierige Entscheidungssituation mit unserer damals 13jährigen schwangeren Tochter durchgemacht und uns klar für das Leben und eine anschließende Adoption entschieden und haben einen großartigen und geglückten Lebensweg unserer Enkelin mitgetragen!

Die Grundfrage bleibt: sind wir Herr über Leben und Tod?

Ich erkenne an, dass es schreckliche Notsituationen gibt, in denen eine ernsthafte Gewissensentscheidung von niemandem infrage gestellt werden darf.
Mit Liebe und Barmherzigkeit lassen sich (viele) Konflikte weitgehend lösen.

Eine differenzierte Auseinandersetzung fehlt = ja das stimmt.
Ich verstehe, dass dieses Thema komplex ist und es keine einfache Lösung gibt. Aber sollte es nicht grundsätzlich das Ziel von uns allen sein möglichst wenige Abtreibungen zu haben? Das wird hier doch irgendwie vergessen.

Frau Hänel als „Retterin“?
Der ganze Artikel wirft viele Fragen auf und scheint eher ein Schaustück für manipulative einseitige Desinformation zu sein:
Frau Hänel wird als engagierte, aufopferungsvolle Ärztin dargestellt, drapiert mit schönen Bildchen und Lebensgeschichten. Zu ihrem persönlichen Leben steht mir keinerlei Kritik zu. Aber ihre Aussagen und politische Agenda, mit der sie auftritt, werfen Fragen auf und sollten diskutiert werden dürfen: Was ist z.b. mit Aspekten, die in dem Artikel oder von ihr ignoriert oder bewusst verschwiegen werden? Fangen wir bei ihrem letzten Satz an: „ich bin für die Schwächeren“. Und meinte damit betroffene Schwangere, die selber leben dürfen. Mit keinem Wort wird in dem gesamten Artikel jedoch auch nur ein einziges Mal das Leben, der Lebenswunsch oder das Lebensrecht (welches im Grundgesetz zu finden ist- auch für noch nicht geborenen Kinder gültig, wie es das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt hat) des noch nicht geborenen Kindes erwähnt. Ist ein noch nicht geborenen Kind, welches seinen Mund noch nicht selber öffnen kann und sagen kann „beendet mein Leben bitte nicht“ oder „ich will leben“ nicht der wirklich Schwächste Beteiligte? Warum setzt sich Frau Hänel nicht für das Leben des noch nicht geborenen Kindes ein? Für noch nicht geborene Kinder, deren Leben vielleicht noch nicht gewünscht ist, wo die Mutter eher Unterstützung zum Kind als Werbung zur Abtreibung benötigt? Oder für noch nicht geborene Kinder, die eine Behinderung aufweisen und dadurch von manchen Menschen als nicht mehr ausreichend „wertvoll“ erachtet werden, um weiterleben zu dürfen?
Frau Hänel sagt in diesem Artikel „ich liebe das Leben und meinen Partner“. Aber was ist mit dem Leben auch nur eines der noch nicht geborenen Kinder, deren Abtreibung sie durchgeführt hat?
Als nächsten Punkt der Desinformation ist zu lesen, dass sie auf ihrer Homepage „informiert“ habe- und wie auch in anderen Artikeln bei Chrismon zu diesem Thema („weg mit dem §219a“) scheint hier Information mit Werbung für Abtreibungen verwechselt zu werden. Dabei geht es bei der Debatte mitnichten um eine Verurteilung wegen Information- denn wer den ganzen §219 einmal durchliest kann feststellen, dass diese sehr wohl gewährleistet ist: Durch die gesetzlichen (nicht kommerziellen!) Beratungsstellen! Der Unterschied zwischen Information und Werbung besteht im Hinblick auf den Initiator des Austausches: Grundsätzlich wird Information gesucht (Initiative liegt beim Suchenden), während bei der Werbung Information aktiv und ungefragt angeboten wird (Initiative beim werbenden Anbieter). Wenn eine Hausärztin also auf ihrer Webseite ihre Abtreibungs- Dienstleistung öffentlich anbietet, bewirbt sie diese, zumal wenn sie selbst Erbringer dieser Leistung ist und daran verdient! Denn ist Frau Hänel tatsächlich so aufopfernd wie der Artikel suggerieren will? Abtreibungen sind ein lukratives Geschäft- die Vergütung erfolgt nicht wie bei Kassenpatienten über ein kompliziertes Punktesystem, sondern direkt- vergleichbar mit lukrativen Privatpatienten. Und so stellt sich offensichtlich nicht Chrismon, aber anderen die Frage, warum Frau Hänel, die die ganze Debatte angestoßen hat weil sie wissentlich gegen den §219a verstoßen hat als Hausärztin Abtreibungen durchführt. Und wer erwartet bei einer Hausärztin (oder bei einer Augenärztin oder Orthopädin), dass diese sich Geld mit Abtreibungen in ihrer Praxis dazuverdienen möchte? In diesem Falle mag Werbung für fachfremde Leistungen notwendig sein. Auch wenn es juristisch zulässig sein mag, dass eine Hausärztin oder eine Augenärztin Schwangerschaftsabbrüche durchführt, so verwundert es, dass ausgerechnet hier niemand auf die Fachkompetenz und den entsprechenden Facharztstatus besteht und Einbußen in der medizinischen Versorgung für die betroffenen Frauen billigend in Kauf genommen werden.
Zur umfangreichen Facharztausbildung eines Frauenarztes gehören Grundlagen in der Embryologie und der normalen physiologischen Entwicklung eines noch nicht geborenen Kindes und seines jeweiligen Entwicklungstandes. Aber auch eine intensive Auseinandersetzung mit den möglichen Komplikationen eines Schwangerschaftsabbruches und die adäquate Beherrschung derselben einschließlich der möglichen Langzeitrisiken, von denen es durchaus erhebliche gibt. An Akutkomplikationen, die therapeutisch beherrscht werden müssen, sind zum Teil schwere Blutungen (häufig), Verletzung von Nachbarorganen bei einer versehentlichen Durchstoßung der Gebärmutterwand von Darm, Blase etc. (selten, aber u.U. ist eine umfangreiche operative Intervention erforderlich), Infektionen oder der Umgang bei einem unvollständigen Schwangerschaftsabbruch zu nennen. In der Beherrschung solcher Akutkomplikationen ist jeder Facharzt für Gynäkologie geschult- eine Hausärztin wohl kaum.
Noch problematischer und sehr schwierig zu behandeln sind die Langzeitfolgen wie chronische Infektionen, damit verbunden evtl. dauerhafte Unfruchtbarkeit und als auch in der westlichen Welt immenses, bisher medizinisch weiterhin kaum gelöstes Problem der Frühgeburtlichkeit und sog. Cervixinsuffizienz in folgenden Schwangerschaften. Für all diese Probleme sind vorherige Schwangerschaftsabbrüche zumindest ein nachgewiesener Risikofaktor! Wer als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe mit dem Leid von Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch und/oder Frühgeburtlichkeit konfrontiert ist, der wird zumindest demütig und hinterfragt wie oft auch die Patientin selber die ganze Thematik noch einmal ganz anders. Denn zuvor war die Schwangere zumeist eine gesunde Frau – nun, nach einer Abtreibung, sind einige von Ihnen jedoch zu Patientinnen geworden.
Und hier stellt sich die nächste Frage der Desinformation: Chrismon schreibt, Frau Hänel haben schon so vielen Frauen geholfen. Ist dem tatsächlich so- vor allem langfristig?
Denn auch wenn der Schwangerschaftskonflikt immens sein kann und eine große Not bei einer Schwangerschaft vorliegen kann, die keinesfalls bagatellisiert werden darf: Benötigen da betroffene Frauen nicht auch unbedingt Ermutigung und Unterstützung von unabhängiger Seite anstatt Werbung zur Abtreibung durch eine abtreibende Ärztin? Wer informiert Frauen über körperliche und seelische Folgen nach einer Abtreibung- der Arzt, der selber an der Durchführung verdient? Die seelischen Folgen, die manchmal Jahrzehnte später auftreten, bekommt dieser kaum selber zu Gesicht, erst recht nicht unbedingt eine Hausärztin…
Vielleicht noch dramatischer sind die mittlerweile ebenfalls wissenschaftlich gut belegten psychischen Langzeitfolgen. Diese werden von manchen ideologischen, weniger aber medizinischen Gruppierungen teilweise bagatellisiert oder verharmlost, aber neben Partnerschaftsproblemen und Bindungsbrüchen liegen behandlungsbedürftige psychische Erkrankungen nachweislich je nach Studie und Untersuchung zwischen 35% und 80 % nach erfolgtem Schwangerschaftsabbruch vor. Nur um ein Beispiel aus vielen herauszugreifen: Nach einer finnischen Untersuchung ist die Selbstmordquote nach erfolgtem Schwangerschaftsabbruch um das 6-fache (!) erhöht gegenüber Frauen, die ein Kind lebend zur Welt gebracht haben.
Im Sinne einer differenzierten Debatte- die ich bei Chrismon leider vermisse- möchte ich Frau Hänel jedoch in einzelnen Punkten recht geben: Verletzende Wortwahl, Hass und Drohbriefe sind inakzeptabel. Und wer sich auf Gott beruft und dabei hasst, ist in der Tat nicht wahrhaftig.
Allerdings auch hier wieder das Problem der Einseitigkeit bei Frau Hänel und Chrismon: Abtreibende Ärzte sind nicht die einzigen, die mit Drohungen und Hass konfrontiert sind: Lebensschützer sind es genauso! Wenn eine SPD- Politikerin Hass säht mit öffentlicher Wortwahl „diese widerlichen Lebensschützer“ ist das nur die Spitze des Eisberges. Ärzte, die aus Gewissensgründen die eigene Durchführung von Abtreibungen verweigern, sind dem immensem Druck in der Klinikshierarchie und Nachteilen in der Ausbildung ausgeliefert. Niedergelassene (Frauen-)Ärzte, die auf das lukrative Geschäft mit Abtreibungen und den Formen der Pränataldiagnostik, die mehr der Ausselektion von Behinderten dienen als der Diagnostik und Therapie von erkrankten Kindern, haben es nicht nur finanziell sehr schwer. Und wer sich vom Hass, der Christen und Lebensschützern (zu denen ja auch viele Nichtchristen gehören) entgegengeschleudert wird, ein eigenes Bild machen möchte, den möchte ich herzlich einladen zum jährlichen „Marsch für das Leben“, der dieses Jahr am 22. 9. in Berlin stattfindet. Sie müssen nicht mit den Inhalten übereinstimmen- aber es reicht vollkommen zu beobachten, von welcher Seite welche Art von Gewalt, Hass, Bedrohung oder Aggressivität ausgeht- und welches Demokratie- und Menschenverständnis zu beobachten ist. Gerade in solchen kontroversen Debatten ist es ungemein hilfreich, nicht Informationen aus zweiter oder dritter Hand zu vertrauen, sondern sich sein eigenes Bild zu machen.
Vielleicht würde es sich für eine evangelische Zeitschrift lohnen, auch darüber differenziert zu berichten, aber auch über zahlreiche Passagen der Bibel nachzudenken, z.b. wie Gott in der ganzen Bibel klar macht, dass Er Schöpfer des Lebens ist, dass Er jedes menschliche Leben liebt- auch das , welches in den Augen der jeweiligen Gesellschaft in den Augen von Menschen weniger „Wert“ als andere Menschen haben soll- und wie Er schon vor der Geburt kunstvoll den Menschen bildet und kreiert- und liebt. Vielleicht lohnt es sich, über Psalm 139, 13-16, Lukas 1, 44(Auch Lukas war Arzt), aber auch Sprüche 31, 8-9, Sprüche 12, 6 und Sprüche 24, 11 nachzudenken. Und da ich selber Facharzt für Gynäkologie bin kann ich nur bestätigen, dass eine Abtreibung eine sehr blutige und grausame Angelegenheit ist, die die Bevölkerung oder Betroffene Frauen vielleicht gar nicht so deutlich in ihrer Grausamkeit wissen wollen…
Ich würde mich jedenfalls freuen, viele Leser und Mitarbeiter von Chrismon und gerne auch Frau Hänel in Berlin am 22.9. oder anderswo zu treffen für respektvolle, faire, differenzierte und faktenbasierte Gespräche und Austausch. Zu dem inhaltlichen Thema des §219a möchte ich abschließen mit folgender Frage: Brauchen wir- angesichts steigender Abtreibungszahlen bei einer zudem immensen Dunkelziffer tatsächlich kommerzielle Werbung für Abtreibungen (wenn der §219a tatsächlich abgeschafft werden würde) – oder nicht vielmehr Werbung für den Schutz vor langfristigen Abtreibungsfolgen und die Ermutigung betroffener Schwanger oder Eltern in einem Schwangerschaftskonflikt? Sollte nicht vielmehr für das Leben des Kindes geworben werden- nicht für dessen Lebensbeendigung?

Massiv stört mich an diesem Beitrag, daß stillschweigend vorausgesetzt wird, daß einem im Mutterleib heranwachsenden Kind kein Lebensrecht zusteht, womit dieses durch das Gebot: "Du sollst nicht töten." (2. Mose 20,13; 5. Mose 5,17) nicht geschützt ist, dies auch nicht bei einer "engagierten Ärztin und Christin".

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