Schauspielerin Lina Beckmann
"In der Stille sitzen kann ich nicht gut"
Text lernen nachts um halb eins, die Probe gut bewältigen - da ist die Schauspielerin Lina Beckmann Perfektionistin. Die Leute sollen schließlich auf die Bühne schauen, nicht aufs Handy!
Die Schauspielerin Lina Beckmann mag intensive Emotionen. Im Bild steht sie vor einem Tor das sich in einer Wand mit schwarz-gelben Streifen befindet
Die Schauspielerin Lina Beckmann mag intensive Gefühle
Dirk von Nayhauß
Dirk von Nayhauß
12.01.2024
3Min

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenns intensiv wird fürs Herzchen, wenn mich jemand oder etwas berührt. Auch wenn ich wütend bin oder ­traurig. Ich habe das nicht jeden Tag so intensiv, damit sich das Herzchen auch mal erholen kann, aber ich suche das, und mich berührt wahnsinnig viel. Ich weine gern, lache gern, ich habe keine Angst vor Gefühlen.

Wer ist klüger, Kopf oder Bauch?

Beide sind klug, aber mein Bauch ist ein bisschen mutiger, der sagt immer: "Mach." Mein Kopf analysiert und hält dagegen: "Aber warum? Warum jetzt? Warte lieber." ­Inzwischen habe ich gelernt, dass auch mal der Kopf gewinnen kann. Angst zu haben, ist doch nichts Schlimmes. Mit 42 weiß ich, dass es einen guten Effekt hat, eine Nacht drüber zu schlafen. Das fand ich früher doof, spießig. Ich bin erstaunt, dass ich manchmal morgens mit voller Überzeugung das Gegenteil sage.

Dirk von Nayhauß

Lina Beckmann

Lina Beckmann, geboren 1981, kam 2013 ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Sie ist vor allem auf der Bühne zu sehen, aber auch in TV und Kino, als Kommissarin Melly Böwe stieg sie 2022 beim Rostocker "Polizeiruf 110" ein. Lina Beckmann erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter: Gertrud-Eysoldt-Ring, Nestroy-Theaterpreis, Preis der deutschen Filmkritik, Ulrich-Wildgruber-Preis und Alfred-Kerr-Darstellerpreis. Lina Beckmann hat einen Sohn und ist mit dem Schauspieler Charly Hübner verheiratet, mit dem sie auch oft auf der Bühne und im Film zu sehen ist.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?

Nicht wirklich, ich bin nicht kirchlich erzogen worden, aber meine Mama hat uns viele Geschichten erzählt, in denen Gott oder Jesus vorkamen. Und Kirchenglocken hatten für mich so was Gemütliches! Ich lag im Bett, habe das Fenster auf Kipp gemacht und die Glocken gehört, und dann wusste ich: Heute ist Sonntag, es muss keiner weg, wir sind alle hier. Für mich ist Gott vielleicht so etwas wie Hoffnung. Ich habe mal einen Satz gelesen: Würdest du anders handeln, wenn du wüsstest, dass es nach dem Tod keine Konsequenz hat? Das finde ich einen spannenden Gedanken, ich hoffe, man hinterlässt Spuren, und wenn es viele gute Spuren sind, wird die Welt vielleicht ein ­bisschen besser. Wir brauchen viele gute Spuren.

Welche Liebe macht Sie glücklich?

Mich macht Liebe generell glücklich. Die Liebe meines Kindes, meines Mannes, meiner Familie. Sich so lange zu kennen und die Ecken und Kanten der anderen lieben zu können, nicht wegzulaufen bei Streit oder Komplika­tionen, sondern durch das Bleiben eine noch ­besonderere Liebe zu spüren, das ist ein Riesengeschenk! Ich bin ­unglaublich froh, so viel Liebe um mich zu haben!

Welchen Traum möchten Sie sich unbedingt erfüllen?

Allein eine Reise machen. Richtig lange. Drei, vier Monate durch Schottland wandern. Ich bin nicht gut im Alleinsein, und ich würde mich gern kennenlernen in einem Zustand, in dem ich gucken kann: Worauf habe ich Lust, wo treibt’s mich hin? Das gab es in meinem Leben nie so richtig, weil ich viele Geschwister habe, weil dann mein Sohn kam, weil ich immer sehr eingebunden bin in ­diesem Beruf. Ich fände es schön, wenn ich mich trauen würde, allein loszuziehen.

Haben Sie Nachsicht mit sich?

In der Arbeit nein, da bin ich eher sehr hart mit mir selbst. Bin schnell ungeduldig und verzweifelt. Ich sage selten: "Phh, du hast es heute nicht hingekriegt, dafür gibt es Proben." Oder: "Du musst den Text jetzt nicht lernen, es ist halb eins nachts, du kannst schlafen." Es soll den ­Menschen nicht egal sein, was wir machen, ich will nicht, dass jemand aufs Handy guckt, während da oben sich Leute den Arsch aufreißen und versuchen, Geschichten zu erzählen. Ich selbst ärgere mich, wenn ich Theaterstücke sehe, wo ich weder gelacht habe noch schockiert oder emotional oder intellektuell gefordert war. Ich habe schon in Stücken gespielt, wo ich selbst das Gefühl hatte: Es geht um nichts, das Ergebnis war egal, und das fühlt sich furchtbar an, zum Verrücktwerden. Es ist ein unglaublich tolles Gefühl, wenn das, was wir auf der Bühne ­erzählen, Menschen packt, verstört, glücklich macht – und im ­bes­ten Fall ­etwas hinterlässt.

Wer oder was hilft in der Krise?

Meine Geschwister, mein Sohn und mein Mann. Manchmal helfen die, indem sie gar nichts sagen, und ich nur ein bisschen Teil von ihnen sein darf. Es hilft auch zu sehen: Es gibt Menschen, die ganz andere Sorgen haben. Und laufen hilft. In der Stille sitzen kann ich nicht so gut, ich muss raus. Meistens früh morgens oder spät abends, ich guck gern in die beleuchteten Häuser. Beide Momente haben so was Kostbares, der anbrechende und der fertige Tag, beides hat so eine besondere Stimmung.

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Willst du dich der Hast entbinden,
musst du hin zur Stille finden.

Es kann das stille Örtchen sein,
da wird auch dein Körper wieder rein.

Auch bei schlechten Lebenstagen,
musst du den Schritt dahin auch wagen.

Hast du den Mut
dann gehts dir wieder gut!

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