Auf der Säuglingsstation von Cap-Haïtien
Kein Ende der Krise in Sicht
Thomas Williams/Prospect Arts
Bandengewalt verschlimmert Not im Land
Kein Ende der Krise in Sicht
Viele Menschen in Haiti hungern, es gibt keine funktionierende Regierung. Die Organisation Hope Health Action versucht zu helfen
23.11.2023
5Min

Der Karibikstaat kämpft seit langem mit Armut, Gewalt und Chaos. Die Preise für Lebensmittel, Energie und Benzin steigen weiter und treiben immer mehr Menschen in Armut. Hinzu kommen die chaotischen politischen Zustände. Seit Januar 2020 hat das Land kein Parlament mehr. Vor allem im Süden des Landes sind die Probleme groß.

Tausende Menschen, Ärzte, Pflegekräfte, aber auch Mitarbeiter aus dem Polizeisektor in Haiti, sind über das "humanitarian parole program" von US-Präsident Biden in die USA geflüchtet. Die UN hat beschlossen, eine multinationale Eingreiftruppe im Süden des Landes zu stationieren, zunächst für ein Jahr. Manche Haitianer halten den Schritt für notwendig, um die Gangkriminalität in den Griff zu bekommen. Andere sind misstrauisch, sie sagen, dass es in der Vergangenheit auch nicht funktioniert hat. Weshalb sollte es nun anders sein?

Privat

Michael Goldsmith

Michael Goldsmith arbeitet als Haiti-Länderkoordinator für die Organisation Hope Health Action. Er reist regulär immer wieder für mehrere Wochen nach Haiti, seine Frau hilft vor Ort als Krankenschwester mit. 2007 eröffnete die Organisation ein Krankenhaus im Norden von Haiti in der Stadt Cap-Haïtien - auch mit dem Ziel, die örtlichen Partner und die Bevölkerung aktiv zu stärken und voranzubringen. In dem Krankenhaus arbeiten derzeit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hope Health Action ist auch im Südsudan und in Uganda in den Flüchtlingscamps aktiv.

Wir betreiben im Norden ein Krankenhaus, in Cap-Haïtien, einer Stadt mit rund 200.000 Einwohnern. Hier ist die Lage relativ stabil. In Haiti stirbt im Schnitt einer von 18 Säuglingen im ersten Lebensjahr. Haiti hat damit die höchste Säuglingssterblichkeitsrate in der westlichen Hemisphäre. Deshalb ist unser Herzensprojekt die Säuglingspflege mit der Intensivstation für Neugeborene. Die Station ist auf sechs bis acht Babys ausgelegt. Letzte Woche hatten wir 21 Babys - und viel zu wenige Betten.

Lange Zeit haben die meisten Mütter ihre Kinder zu Hause zur Welt gebracht, Krankenhäuser wurden als etwas Schlechtes angesehen - auch weil der Staat nur sehr wenig in die Gesundheitsvorsorge investiert. Dieses Stigma hat sich glücklicherweise geändert, auch dank vieler Aufklärungs- und Bildungskampagnen. Unsere örtlichen Gesundheitshelfer versuchen, die Mütter und ihre Familien auch in der Zeit nach der Entlassung zu begleiten.

Damit unsere Hilfe angenommen wird, ist es wichtig, dass alle Mitarbeitenden - von den freiwilligen Helfern über die Verwaltung bis zum medizinischen Leiter - erst mal Vertrauen und eine Beziehung zu den Menschen aufbauen und ohne westlichen Überlegenheitsdünkel auftreten. Oftmals wissen es die Menschen vor Ort sowieso viel besser. Deshalb fragen wir sie auch immer wieder, wie genau wir helfen können und wie wir unsere Partnerschaft verbessern können.

Wenn die UN nun im Süden des Landes Truppen stationieren, fürchten wir Gefahren für unser Krankenhaus. Denn ein Teil der Bevölkerung aus dem Süden könnte in den Norden fliehen - eben auch die Gangmitglieder. Deshalb beobachten wir die Lage sehr genau.

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