Ein Mann geht an Prostituierten auf der Hamburger Reeperbahn vorbei.
Hamburg, Reeperbahn, Freier im Gespraech mit Prostituierten Deutschland, Mann, Prostitution, Prostituierte, Stadt English: Prostitutes on 'Reeperbahn', Hamburg, Germany
Andreas Herzau/laif
Nein, Prostitution ist kein Beruf!
Der Theologe und chrismon-Kolumnist Johann Hinrich Claussen hat sich angeschaut, welche Meinung die Diakonie zum Thema Prostitution vertritt. Eine Gegenrede.
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
21.09.2023

Es wird wieder intensiv über Prostitution diskutiert. Das ist dringend notwendig, auch wenn niemand behaupten kann, die Antwort auf alle Fragen zu besitzen. Zu verdanken ist das neue Suchen, Streiten und Ringen nicht zuletzt der katholischen Sozialethikerin Elke Mack, die mit ihren Co-Autoren Ulrich Rommelfanger und Jakob Drobnik kürzlich die Studie "Sexkauf" veröffentlicht hat. Darin fordert sie, dass die sehr liberale Gesetzeslage in Deutschland verändert und das "nordische Modell" eingeführt wird: Es sieht unter anderem eine Bestrafung der Freier vor. Mit ihr habe ich in meinem Podcast "Draußen mit Claussen" gesprochen und dabei viel gelernt. Allerdings wusste ich, dass die Diakonie Deutschland eine gegensätzliche Position vertritt, auch wenn inzwischen viel in Bewegung geraten ist und Teile der Diakonie anders denken.

Deshalb habe ich mir die gegenwärtige Positionsbestimmung (Prostitution - Infoportal - Diakonie Deutschland) der Diakonie Deutschland zur Prostitutionsdebatte durchgelesen. Ich bin kein Fachmann, habe aber eine gewisse Übung im Lesen und Schreiben von Texten. Der Diakonie-Text bietet eine ausführliche Information und differenzierte Argumentation. Man merkt, wie viel praktische Erfahrung aus der Beratungsarbeit und wie viel sozialpolitische Expertise in ihn eingeflossen ist. Aber mir sind einige sprachliche Schwächen aufgefallen, die mir auf argumentative Probleme hinzuweisen scheinen. Natürlich weiß ich aus eigener Erfahrung, wie solche Texte verfasst werden: Eine Arbeitsgruppe wird gegründet, schreibt einen Entwurf, der wird durch eine Vielzahl von Gremien geschickt, Varianten werden eingereicht, Konsensformulierungen konstruiert, Abstimmungen vorgenommen – Weltliteratur kann so nicht entstehen. Aber die Erwartung auch an solche amtspolitischen Texte muss sein, dass sie nicht nur eine institutionelle Position markieren, sondern auch ein ausreichendes Maß an Wahrheit und Klarheit bieten. Und hier beginnen meine Fragen.

"Warum sind auf den Fotos nie Freier zu sehen?"

So fiel mir auf, dass ein entscheidendes Wort nur einmal – spät und beiläufig - auftaucht: "Freier". So entsteht der Eindruck, als sei Prostitution etwas, was nur mit den betroffenen Frauen zu tun habe. Das erinnert mich an die Fotos, die Zeitungsartikel zum Thema bebildern: Auf ihnen sind nie Männer zu sehen. Aber Prostitution ist nichts, was Frauen für sich machen, sondern was ihnen von Männern angetan wird – von Freiern und Zuhältern. Dazu passt, dass der Diakonie-Text die Körperlichkeit – die weibliche Körperlichkeit – von Prostitution weitgehend ausblendet. Natürlich muss er dezent formulieren. Aber ich stutzte schon beim ersten Satz: "Prostitution bezeichnet das Vornehmen sexueller Handlungen gegen Entgelt oder andere Gegenleistungen." Das ist mir zu vornehm formuliert. Prostitution heißt, dass Frauen mehrmals am Tag oder in der Nacht von fremden Männern – entschuldigen Sie bitte – penetriert werden. Das muss man nicht ausmalen, aber es sollte unverdruckst benannt sein.

Damit verbindet sich eine bemühte und unklare Bewertung von Prostitution als "Beruf" und "Dienstleistung". Will man wirklich sagen, dass Prostitution eine sinnvolle Form ist, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, so etwas wie eine Karriere? Der Text gibt zu, dass Prostitution "kein Beruf wie jeder andere" sei. Doch das ist bloß eine Floskel, die man auf viele Arbeiten anwenden könnte, auch auf den Pfarrdienst. In der evangelischen Ethik hat das Wort "Beruf" einen hohen Stellenwert. Warum sagt man nicht einfach, dass Prostitution eben kein "Beruf" ist?

Dahinter steht der verständliche Wunsch, einen diskriminierenden Blick auf Prostituierte zu überwinden. Aber die Formulierungen sind seltsam undeutlich: Man liest von der Anerkennung sexueller Dienstleistungen als gesellschaftliche Realität und dass die Diakonie die Entscheidung von Frauen "in der Prostitution zu arbeiten, akzeptiert". So richtig verstehe ich das nicht. Man kann sagen, dass man Prostitution als soziale Wirklichkeit in Grenzen "hinnehmen" muss (weil man es nicht ändern kann). Man muss sogar sagen, dass man Prostituierte als Menschen vorbehaltlos "respektiert" (weil man sonst gar nicht mit ihnen arbeiten könnte). Ich würde aber die These aufstellen, dass man aus christlicher und aus Menschenrechtsperspektive Prostitution nicht "anerkennen" darf: Es ist grundsätzlich nicht in Ordnung, wenn sich Männer Sex kaufen.

Doch der Diakonie-Text scheint unter dem Eindruck zu stehen, dass das Hauptproblem die Diskriminierung von Prostituierten durch "die Gesellschaft" sei. Ich würde denken, dass das Hauptproblem der Prostituierten die Prostitution selbst sei – und die Not sowie der Zwang, die in sie hineingeführt haben. Das zweite Problem scheint mir dann weniger eine aktiv-aggressive Diskriminierung als ein erschreckendes Desinteresse der Mehrheitsgesellschaft zu sein. Dafür ließe sich ein einfacher Grund anführen: Es handelt sich bei den allermeisten Betroffenen um arme, ausländische und ausgegrenzte Frauen und nicht um die eigenen Töchter, Freundinnen, Ehefrauen, Tanten, Nachbarinnen.

"Wir brauchen Nächstenliebe und eine angemessene Sprache"

Der Diakonie-Text ist angetrieben von dem Motiv, Prostituierten gerecht zu werden, sie nicht zu verurteilen, sondern unbedingt ernst zu nehmen. Das sollten alle teilen. Aber übertreibt er nicht, wenn er erklärt, dass man Prostituierte nicht "viktimisieren" soll? Hilft man Frauen, die männlicher Sexualgewalt unterworfen werden, die also sehr wohl Opfer sind, indem man ihnen eine Autonomie zuschreibt, die die meisten nicht besitzen? Es fällt auf, dass der Text zwar die elendigen und gewaltträchtigen Voraussetzungen der Prostitution benennt, dennoch an der Vorstellung einer "freiwilligen Entscheidung zur Prostitution" festhält, die es neben der Zwangsprostitution auch geben soll. In der Studie von Elke Mack kann man jetzt nachlesen, dass die Unterscheidung von freier und erzwungener Prostitution und die Annahme einer autonomen Entscheidung für die überwältigende Mehrheit der Prostituierten Fiktionen sind.

Schließlich hätte ich mir gewünscht, dass dieser Text auch Motive der christlichen Ethik oder eines christlichen Menschenbildes zur Sprache bringt. Natürlich richtet er sich an ein vornehmlich nicht-kirchliches Publikum, an Fachkreise und an eine Öffentlichkeit, die keine kirchlichen Moralpredigten hören will. Aber gerade, weil es mindestens kontra-intuitiv ist, dass ein christlicher Wohlfahrtsverband sich in dieser Weise über Prostitution äußert, hätte ich mir auch theologische Argumente gewünscht – wie ich generell von der Diakonie erwarten würde, dass sie ihre sozialpolitische Fachexpertise mit christlicher Gesprächsfähigkeit verbindet. Beim Thema der Prostitution dürfte das gar nicht schwer sein, weil hier christliche und Menschenrechtsperspektiven wie selbstverständlich konvergieren.

Wie die Lage der Prostituierten in Deutschland verbessert werden kann und ob das nordische Modell wirklich hilft, weiß ich nicht. Das geht nicht nur mir so. Deshalb ist die neu aufgebrochene Debatte so wichtig. Damit sie zu guten Ergebnissen führt, braucht es Menschenrechtsklarheit, politisch engagierte Nächstenliebe und eine angemessene Sprache.

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Dreckarbeit ist kein Beruf. Die Kanalreinigung dann auch nicht. Ob Arbeit mit oder ohne Freude getan wird, ist nicht allein entscheidend. Wichtiger ist, ob ich davon leben kann oder will. Viele Ehen sind davon auch betroffen.

Ja, im "Zusammenleben" mit wettbewerbsbedingter Symptomatik, ist Prostitution nicht nur ein Beruf.

Ja, mit der gleichermaßen unverarbeitet-gepflegten Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem "Individualbewusstsein" läßt es sich in dieser konfusionierten Welt- und "Werteordnung" leben, vor allem herrschaftlich.

... ist Prostitution kein Beruf in dem Sinne, in dem das Wort "Prostitution" von uns in Alltagssprache gebraucht wird. Um ernsthaft als Beruf zu gelten, braucht es hierzulande eine Berufsausbildung. ( Die perspektivische Gleichsetzung mit "Kanalarbeit" als "Drecksarbeit" 'zieht' also nicht. Im Kanal als Kanalarbeiter bzw. als Kanalarbeiterin arbeiten, das darf hierzulande nicht jedermann bzw. jedefrau.) — Auf der andereren Seite ändert sich das Bild in der Sache nicht, wenn 'Ich' Prostitution als "das älteste Gewerbe der Welt" namhaft mache. Tausch findet statt. So oder so. Tausch von Geld gegen ... Da macht es praktisch und faktisch dann auch keinen Unterschied (mehr), ob, und wenn ja, wie oft, ein Text mit "einige[n] sprachlichen Schwächen" von dem Wort "Freier" Gebrauch macht. "Einige Schwächen" sind aus nicht-analytischer Perspektive hier ganz woanders zu suchen ... und zu finden.

Wie wäre es denn beispielweise, wenn der Autor (oder wenn die Diakonie) — probeweise, versuchsweise oder aushilfsweise — einmal den Bereich der "Hobbyhurerei" unter die oder unter *eine* 'evangelische Lupe' nimmt. (Brrrrhhh, mich schüttelt es schon jetzt bei diesem Gedanken...) Hobbyhurerei als Tätigkeit ist nicht allein in Deutschland gang und gäbe. Aber, wie gesagt, Gott der Heilige Geist hat die evangelische Kirche längst verlassen. Weshalb es denn auch bloß Texte sind, die "einige", zumal nur "sprachliche", "Schwächen" — selbst und sogar — im sogenannten "Bereich der Kirche" vorweisen können, sollen oder dürfen.

@JOHANN HINRICH CLAUSSEN: Das Feld der Hobbyhurerei als Tätigkeit ist übrigens keineswegs dominant von Männern besetzt. Ein Befund, der unter Feldbedingungen zu verifizieren wäre. Freiwillige (Theologinnen und / oder Theologen) vor ... !!! Dass es in diesem Fall zu nicht nur buchstäblichen Überschneidungen zwischen Kanalarbeit und Analarbeit kommen kann, ist unbestritten.

:-) LOL

Nach dieser Logik wäre auch Bankraub ein Beruf, wenn man davon leben kann und will. Nein, Prostitution ist eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt. Ein kleiner Hinweis an Herrn Claussen: wie die Lage der Prostituierten verbessert werden kann, hat jüngst das EU-Parlament mit einer ausführlichen Stellungnahme beschlossen: es fordert die Mitgliedstaaten auf, die 4 Säulen des Nordischen Modells umzusetzen ((P9_TA(2023)0328). Dank an die Redaktion für die Veröffentlichung dieses klugen Beitrags von Herrn Claussen!

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Ja, es ist das älteste Gewerbe der Welt und wird es immer bleiben. Schon einmal überlegt, das es Männer gibt, die kaum einen normalen Zugang zu Frauen aufbauen können, weil sie zu schüchtern sind und nicht wissen, wie sie ihr Geschlechtsorgan richtig in Stellung bringen? Gibt es nicht hunderte von verheirateten Männern, deren Frauen den "Beischlaf" verachten und den Mann als Schwein bezeichnen? Sex, Essen und Trinken gehören im normalen Leben zusammen und selbst Luther gestand, "Wenn die Frau nicht will gehe zur "Magd". Zwangsprostitution lehne ich ab. Wieviele Frauen fremdgehen, ein gut behütetes Geheimnis, denn diese Frauen haben keinen verräterischen Telefonzettel in ihrer Handtasche. Auch meist aus dem gleichen Grund.
Und im übrigen, es sind oft auch hochrangige Personen, die sich teure Frauen leisten und das sind auch die Männer, die die frömmsten Gesichter haben. Höret auf mit der Scheinheiligkeit! Immer daran denken, wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, drei Finger zeigen auf den hocherhobenen Fingerzeiger zurück!

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Bruder, du zelebrierst hier auch nur den "Tanz um den heißen Brei", wo die Philosophie der Bibel doch deutlich die Auflösung des Problems von Gemeinschaft und Gemeinschaftseigentum "wie im Himmel all so auf Erden" abhängig macht, als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen Mensch, OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik.

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Lieber Herr Claussen,
vielen Dank, dass Sie die Stellungnahme des DW kritisch beleuchten. Als in Menschenrechtsfragen engagierte Christin ist es für mich und viele Kirchenmitglieder, mit denen ich darüber im Gespräch bin, ein Skandal, dass unsere Kirche beim Thema Prostitution so gewalt-unsensibel bzw., wie Sie korrekt sagen, -gleichgültig ist. Nach längerem Nachdenken und intensivem Lesen von Studien, politischen Stellungnahmen und Erfahrungsberichten von Betroffenen bin ich inzwischen überzeugt, dass wir eine Freierbestrafung dringend brauchen, egal wie wir sie dann nennen. Warum sollte es erlaubt sein, einer anderen Person vorsätzlich und erwiesenermaßen Schaden zuzufügen, nur dadurch, dass mann dafür bezahlt? Abgesehen davon ist es erwiesen, dass die Gewalt gegen Prostituierte durch die Einführung einer Freierbestrafung signifikant zurückgeht. In Schweden gibt es seither keine ermordete Prostituierte mehr, in Deutschland jährlich mehrere. Die Freierbestrafung wäre neben Ausstiegshilfen und Bildungsarbeit ein erster, dringend notwendiger Schritt um das Leid der (meist) Frauen in der Prostitution zu reduzieren, auch im präventiven Sinne.
Warum das DW nicht offensiv das Nordische Modell fordert und sich davon eine bessere finanzielle Basis der bisher aufgrund der Gesetzeslage nur bedingt erfolgsversprechenden Ausstiegsberatungsarbeit erhofft, verstehe ich übrigens auch nicht.
Vielen Dank, wenn Sie das Gespräch in der Öffentlichkeit weiterführen und herzliche Grüße, Claudia Roloff

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Man sagt ja auch LIebeslohn. Bei diesen Frauen bekommst du etwas für dein Geld im diesseits, die Kollekte in der Kirche beinhaltet nur ein Versprechen im Jenseits. Also wofür gebe ich lieber mein liebes Geld aus???
Und im übrigen, wir sind alle auf die gleiche Art und Weise, also über Sex, auf die Welt gekommen? Sind wir alle daher Dreck?

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Vielen Dank für Ihren mutigen Artikel. In diesem Jahr habe ich auf dem Kirchentag eine Resolution zum Paradigmenwechsel in der Prostitutionsgesetzgebung unterstützt. Trotz 1700 Unterschriften kam von der Diakonie nur eine kurze Antwort, dass sie eine gegensätzliche Meinung vertritt. Keine Bereitschaft zum Diskurs. Das ist sehr schade, denn ich denke es ist Zeit, Prostitution als das anzuerkennen, was sie ist: Gewalt gegen Frauen. Als ehrenamtliche Austiegsbegleiterin begegne und begleite ich Frauen, die alle von der Prostitution gezeichnet sind. Welcher Beruf benötigt denn einen Ausstieg? Welcher Beruf benötigt beim Ausstieg Begleitung, oft über Jahre? Das die Diakonie davor die Augen verschließt, macht mich immer wieder sprachlos.

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Akzeptierende Sozialarbeit muss da an ihre Grenzen stoßen, wo ein höherwertiges Gut betroffen ist: Die Menschenrechte. Vor Menschenhandel zwecks sexuellem Missbrauch einfach die Augen zu verschließen oder diese in die alleinige Zuständigkeit der Polizei zu verweisen, dient nur den Profiteuren und der Organisierten Kriminalität. Sozialarbeit darf nie zum reinen Klientelismus für eine kleine Gruppe werden, sie muss ihren Auftrag als einen gesamtgesellschaftlichen verstehen: als Menschenrechtsprofession. Im kirchlichen Kontext gilt das in besonderer Weise. Eine klare Sprache ist dafür unabdingbare Voraussetzung: Der Begriff "Sexarbeit" erlaubt es Männern, Frauen zu benutzen und der Gesellschaft, dabei wegzusehen. Schluss damit, Penetration in alle Körperöffnungen ist keine "Dienstleistung", sondern die Duldung einer Erniedrigung, ergo Gewalt. Die Gemeinschaft der Christinnen und Christen sollte es als ihren Auftrag ansehen, den Staat zu ermahnen, die Menschenrechte pro-aktiv umzusetzen, nicht, ihn zu ermuntern, weiter untätig zu bleiben.

"weiter untätig" bleibt der Staat — IMHO — ja nicht unbedingt ...

Mustert man allerdings den Stimmenkanon aus räumlich-zeitlich wohl verschiedenen, inhaltlich-sachlich aber dennoch nicht unzusammenhängenden Richtungen von Staat UND Gesellschaft (Gesellschaft im weitesten Sinne des Begriffs) — probeweise, hilfsweise oder aushilfsweise — einmal gründlicher durch, dann kommt man relativ schnell zu der Einsicht, weil und insofern man relativ schnell sich der Einsicht nicht — nicht ohne sich dabei im Netz von Selbstwidersprüchlichem zu verfangen — verschließen kann, dass von einem EINHEITLICHEN politischen Willen zur 'Lösung des Problems' nicht die Rede sein kann.

Unverblümter gesprochen:

Die unverblümte Bereitschaft von Akteuren auf staatlichen, ebenso wie auf gesellschaftlichen und individuellen Entscheidungs- und Handlungsfeldern zu einem Willen zum (tagtäglichen) Messen mit zwei verschiedenen (Moral-)Maßstäben springt beim Lesen der 'Zeichen der Zeit' aus den jeweils entsprechenden Wirkfeldern der Agierenden dem (mehr oder weniger wachend) wachsenden und reifenden Menschen unweigerlich ins Auge. Dieser Befund lässt sich im Selbstversuch schon durch einen einfachen Blick in die einschlägigen Gesetzestexte, Rechtstexte, "Abschlussberichtstexte" und Artefakte 'unserer' Kultur- und Medienschaffenden, etc., verifizieren. — Nicht nur böse Zungen behaupten (ja), es seien meist "reiche und mächtige Personen", die von dem Dienstleistungsangebot unserer mehr oder weniger lieben, geliebten und beliebten, und in dem hier in Rede gestellten Tätigkeitsbereich Einkommen (und Steuern) erwirtschaftenden Damen UND Herren bei Interesse oder im Bedarfsfall bereitwillig Gebrauch machen, bzw. davon mittelbar oder unmittelbar (nicht ganz schlecht) leben (würden).

Wo sich erwachsen dünkende Menschen meinen, mit der sprachlichen 'Umkodierung' von Prostituierte(r) in "Sexarbeiterin" bzw. "Sexarbeiter" sei der Problematik in irgendeiner rechtlich und ethisch erheblichen Hinsicht mit Blick auf ein gesamtgesellschaftlich erstrebenswertes oder wünschenswertes Gut und Ziel auch nur annäherungsweise Rechnung getragen, da werden die Betreffenden als mit der Gabe der Verantwortung ausgestatteten Glieder einer freiheitlich demokratisch legitimierten Rechts- und Sozialgemeinschaft ihre Arglosigkeit mit 'Untergang' büßen (müssen).

Selbstredend wird die Richtigkeit, 'Wahrheit', Stimmigkeit, etc., all des an dieser Stelle zu der Problematik von mir Gesagten bis zu ihrem GANZ unverblümten Ende mit viel 'Lust und Liebe', Witz und Verstand, Herz und Hirn, etc., unter Einschluss des Rechtsweges 'bewiesen' und durchgefochten werden — und zwar zugunsten des anderen (des christlich gesprochenen "Nächsten"), und das um Gottes willen. Frei ist nicht der, der Tun und Lassen kann, was er will, auch nicht der, der seine Ansichten anderen aufzwingen kann, sondern wer zu seinem eigenen Wünschen und Wollen Nein sagen kann. Diese 'Wahrheit' lässt sich innerhalb der Grenzen des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland — selbst und sogar dann — lernen, wenn man in Deutschland bei gläubigen Theologen (das ist keine Tautologie ...) in die Schule geht.

Mein Name ist Blond. James Blond. Ich habe die Lizenz zum Röten.

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Vielen Dank für diesen aufklärenden Artikel.
Es tut immer gut, wenn Männer auch diese Position vertreten, und nicht immer nur Frauen sich für Frauen stark machen. Wie selbstverständlich Prostitution von der "Männerwelt" genommen wird, zeigt sich ja in den Kommentaren zu diesem Artikel.
Der Autor macht auch deutlich, dass wir den Fokus nicht alleine auf die Frauen legen sollten. Diese bieten ihren Körper -meist nicht freiwillig- als Ware an. Auch der Mann, der Freier, muss als Verursacher dieser Missstände verstanden und bennant werden. Bei der Nachfrage fängt es an.
Ich verurteile keine Frau, die durch Prostitution ihr Geld verdient, aber ich halte nur wenig von Menschen, die für ihren Sex bezahlen.
Was für ein armes Menschenbild steht hinter dem Gedanken, dass Liebe (und damit Sex) eine Ware wäre....

Antwort auf von steffi (nicht registriert)

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Kein Mensch weiß, wie er von hinten aussieht. Kein Mensch kann in den anderen hineinsehen.
Jeder Mensch hat zwei Gesichter, egal ob Moslem, Jude, Christ oder Atheist, und jeder bastelt sich sein Leben so zurecht, wie es ihm am besten in den eigenen Kram passt.

Wieviele Frauen schmeißen sich Oligarchen an den Hals? Wieviele Frauen sehen nur die Knete ihres
Partners? Dafür geben sie ihren Körper hin und hunderte von Frauen sind auf Heiratsschwindler hereingefallen. Sie träumten vom großen Glück. Da ist doch gegen ehrliche Prostitution nichts einzuwenden, gelle?
Und was ist gegen einen "Restaurant-Besuch" einzuwenden, wenn die "Küche"daheim gerade abgebrannt ist?

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Liebe*r Chrismon-webmaster,
vielen DAnk für die Nachrichten.
Bei einigen der Gesprächsbeiträge bin ich schon verwundert, dass Sie diese veröffentlichen, sind sie doch im Ton abfällig und in der Argumentation kraus.
Aber vor allem: Danke, dass Sie diese Diskussion führen lassen!
Herzliche Grüße
Claudia Roloff

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