Zwei Bischöfe der Anglikanischen Kirche stehen auf dem geschändeten lutherisch-anglikanischen Friedhof auf dem Berg Zion in Jerusalem vor einem Grab mit abgebrochenem Kreuz.
Hosam Naoum (rechts), ein palästinensischer Bischof der Anglikanischen Kirche, schaut sich mit einem Kollegen auf dem geschändeten lutherisch-anglikanischen Friedhof auf dem Berg Zion um.
Mahmoud Illean / Picture Alliance
Friedhof geschändet, Kirchen beschmiert
Das Klima im Heiligen Land ist rau geworden, schreibt der evangelische Propst Joachim Lenz. Auch Christen werden angegriffen - von jüdischen Extremisten.
08.02.2023

Jerusalem, Neujahrstag 2023. Die Videoaufnahme einer Überwachungskamera zeigt zwei junge Männer, die Grabsteine umstürzen und Steinkreuze zerschlagen. Sie tragen Zizit, Schaufäden, und Kippa – offenbar sind religiöse Extremisten am Werk. Der lutherisch-anglikanische Friedhof auf dem Berg Zion, einzige Begräbnisstätte für die deutschsprachige Gemeinde in Jerusalem, sieht anschließend schlimm aus: 34 Gräber sind zerstört worden.

privat

Joachim Lenz

Joachim Lenz ist seit 2020 evangelischer Propst in Jerusalem. Er wurde 1961 in Wuppertal geboren, war Pfarrer in Enkirch, danach rund zehn Jahre als Pastor für den Evangelischen Kirchentag tätig und von 2015 bis 2019 Theologischer Vorstand und Direktor der Berliner Stadtmission.

Die israelische Polizei nimmt die Täter wenige Tage später fest. Sie sind 15 und 19 Jahre alt und eigens nach Jerusalem gekommen, um zu zerstören. Wie kommen so viel Hass und Verachtung in so junge Köpfe?

Die Friedhofsschändung ist der Auftakt für weitere Attacken auf Einrichtungen im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt: Armenische Kirchen werden mit "Tod allen Christen!" beschmiert, eine Straßenschlacht mit Restaurantstühlen und -tischen, verprügelte Menschen, eine zerschlagene Jesusfigur in einer Franziskanerkirche an der Via Dolorosa. Die Täter? So weit festzustellen, sind es meist junge jüdische Extremisten.

Das Klima ist rau geworden im Heiligen Land. Viele Tote gab es beim Terroranschlag auf Menschen vor einer Synagoge, noch mehr Tote bei Schießereien im Westjordanland, manchmal fliegen Raketen aus dem Gazastreifen. Da sind es bei uns "nur" Steine, Kirchen, Mobiliar, "nur" Hassparolen und Schläge.

Die Kirchen in Jerusalem sind besorgt und fordern mehr Schutz vom Staat Israel, der ja Religionsfreiheit garantiert und nun beim Wort zu nehmen ist. Von dort ist wenig zu hören.

Aber auf Zoom kommen 495 Menschen zu einem virtuellen Solidaritätsbesuch zusammen, die allermeisten von ihnen: jüdische Israelis. Viele von ihnen besuchen danach unseren Friedhof und sagen mir, wie sehr sie sich schämen für das, was geschieht. Als Deutscher fühle ich mich ähnlich, wenn es in meiner Heimat antisemitische Übergriffe gibt, sage ich ihnen. Hass und Gewalt sind weder jüdisch noch christlich oder muslimisch.

Gott sei Dank haben wir viele hier, die das genauso sehen. "Betet für den Frieden in Jerusalem!": Die Bibelstelle Psalm 122,6 ist auf meinem Amtskreuz eingraviert.

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