Leben im Ökumenischen Forum in Hamburg

"Glaube am Wegesrand"
Wohnglück - Ökumenische Hausgemeinschaft in Hamburg

Julia Pfaller; Foto: Dorothea Heintze

Zusammen beten, feiern, klönen und Tee trinken. Die Nachbarschaft im Ökumenischen Forum in Hamburg ist lebendig und bunt. Clara Schlaich lebt gerne hier.

Wohnglück - Ökumenische Hausgemeinschaft in Hamburg

Clara Schlaich lebt mit ihrer Familie in einer ökumenischen Hausgemeinschaft in Hamburg. Dort gibt es Hilfe und Halt. Und Punsch im Dezember.

chrismon: Das Haus, in dem Sie wohnen, hat eine Kapelle . . .

Clara Schlaich: Ja, das ist ein Kraftort für mich. Wann ­immer ich es schaffe, schließe ich sie auf dem Weg zur Arbeit ­morgens auf oder abends zu. Das sind ganz besondere Momente, die viel mit meinem Glauben zu tun haben.

Eine große Glocke läutet regelmäßig zur Andacht. Beten Sie dann auch mit Ihren Nachbarn?

Clara Schlaich

Clara Schlaich, Jahrgang 1966, ist Arbeitsmedizinerin und Internistin und lebt mit ihrer Familie im Ökumenischen Forum in Hamburg. Sie ist ehrenamtliche Vorständin der Deutschen Seemannsmission.
Dorothea Heintze

Das schaffe ich selten, obwohl meine Arztpraxis genau gegenüber liegt. Ich bin Internistin und ­Arbeits­medizinerin, mit unserer Schifffahrtsmedizin versorgen wir auch den Hamburger Hafen. Ich bin im Ehrenamt Präsidentin der Deutschen Seemannsmission und zu Hause leben noch zwei meiner vier Kinder. Aber wenn ich dann bei der Arbeit die ­Glocke höre, dann ist das immer wie ein geistiges Anhalten. Es gibt mir viel, dass ich weiß: Da drüben beten jetzt Nachbarn, Gäste, oft auch Touristen.

Ist das Ökumenische Forum ein modernes Kloster in der Stadt?

Na ja, hier wohnen keine Nonnen, hier ­wurden schon Kinder geboren und alle leben in ihren ­eigenen Mietwohnungen. Ich würde sagen, wir alle sind ­spirituell im Alltag, unser Glaube liegt sozusagen immer am Wegesrand. Das hält uns zusammen, besonders in Krisensituationen.

Was für Krisen?

Eine Nachbarin war unheilbar erkrankt und hat sich das Leben genommen. Das hat uns schwer erschüttert, aber wir konnten uns gegenseitig halten. In einer Familie war ein kleines Kind lebensgefährlich krank. Da gab es viel Hilfe und Unterstützung.

Wie wichtig sind der Nachbarschaft Rituale?

Die Andachten sind eine Klammer, auch für die, die wie ich nur selten dabei sind. Dazu haben wir Gemeinschafts­frühstücke und monatliche feste Haustage, außerdem Wochenend­freizeiten. Wir kümmern uns alle um unsere Gäste- und Gemeinschaftswohnung und den Dachgarten.

War es eine bewusste Entscheidung, in eine ökumenische Hausgemeinschaft zu ziehen?

Vielleicht eine gute Fügung. Es gab einen Schlüsselmoment. Ich war damals städtische Hafenärztin und in einer anstrengenden Lebenssituation. Meine erste Ehe kriselte und ­unsere Kinder waren noch klein. Ich war gerade fertig mit einer Hygiene­inspektion auf einem Kreuzfahrtschiff und besuchte den kleinen Container, der als Vorläufer des Forums in der Hafencity stand. Die damalige Pastorin erzählte mir vom geplanten Bau. Und da stand für mich fest: Das könnte unser neues Zuhause werden.

Ist es Einzugsbedingung, religiös zu sein?

Man sollte mit Glauben und Spiritualität schon etwas ­anfangen können. Ich selber erlebe die Gemeinschaft als Glaubens­stärkung und Inspiration. Meine Kinder gehen ihre eigenen Wege. Aber sie und auch mein zweiter Mann leben gern hier, wir sind alle Teil der Gemeinschaft.

Dorothea Heintze

Dorothea Heintze wohnt auch in der Hafencity in Hamburg, direkt gegenüber vom Ökumenischen Forum. Genau wie Clara Schlaich freut sie sich über das fast tägliche Glockengeläut (es ist wirklich laut, aber schön!) und denkt fast jedes Mal: Jetzt könnte ich doch kurz zur Andacht rübergehen. Tut sie viel zu selten. Aber kann ja noch werden.
Lena UphoffDorothea Heintze

Julia Pfaller

Diese Wohnglück Story über die Hamburger Ärztin im Modernen Kloster mitten in Hamburg fand ich sehr inspirierend, sie hatte die richtige Idee, sich in einer böckelden Ehe mit ihren Kindern neu zu orientieren und eine neue Heimat in der Hausgemeinschaft gefunden, das macht Mut, dass es trotz Krise weiter gehen kann, Erfindungsreichtum und etwas wagen ist gefragt. Mir hat es Spaß gemacht, die bunte Gemeinschaft des ökumenischen Forums zu illustrieren.
Moritz Kipphardt

Weihnachten steht vor der Tür – feiern Sie zusammen im Haus?

Wir feiern in der Familie; andere feiern mit den Nachbarn. Hier muss niemand allein sein. Ich freu mich auf unseren "­lebendigen Adventskalender". Da lädt jeden Abend eine ­Wohnung zu einem Glas Punsch oder zum gemeinsamen ­Singen ein und wir schmücken die Fenster zur Straße hin mit großen Zahlen von eins bis 24. Wir wollen das Stadtviertel mit einbeziehen, Besucher sind willkommen. Wir sind ein sehr offenes Haus.

Infobox

Wohnen im Ökumenischen Forum HafenCity
Wer seine christliche Tradition im Alltag teilen und sein Engagement in die Ökumenische Hausgemeinschaft mit bis zu 50 Bewohner:innen zwischen 1 und 90 Jahren einbringen möchte, ist im Forum genau richtig. 

Anfragen und Bewerbungen gerne per Mail direkt an die Geschäftsstelle vom Fourm. 


 

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