Unser täglich Schnitzel?
Nö, so heißt es nicht. Sondern "Unser täglich Brot". Eckart von Hirschhausen über den Hunger nach Gerechtigkeit.
Dominik Butzmann
07.11.2018

Zu Weihnachten standen bei uns in der Gemeinde immer die Tütchen auf den Bänken für Brot für die Welt. Kurz vor dem Festschmaus einmal im Jahr an diejenigen denken, die nichts zu futtern haben? Das reicht nicht. Wobei es ja eigentlich auf diesem Planeten für alle reicht.

Dominik Butzmann

Eckart von Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen, Jahrgang 1967, studierte Medizin und Wissenschafts-Journalismus. Ende März 2023 hat der promovierte Arzt, Komiker, Autor und Moderator nach 35 Jahren seine Bühnenkarriere beendet. Er möchte sich mehr seiner Stiftung "Gesunde Erde - Gesunde Menschen" und dem Klimaschutz widmen. Hirschhausen lebt in Berlin, ist verheiratet, evangelisch und gibt die Hoffnung auf positive Veränderungen nicht auf. www.stiftung-gegm.de

Es ist so absurd, dass man täglich darüber heulen oder lachen müsste – oder beides. Während bei uns alle plötzlich über "kohlehydratarme ­Ernährung" reden und nicht wissen, ob ein verquerer Pups jetzt akute ­Gluten- oder Laktoseintoleranz bedeutet, wären in vielen Ländern der Erde die Leute froh über jede Scheibe Brot. Die eine Hälfte der Weltbevölkerung hat offenen oder versteckten Hunger. Die andere Hälfte ist auf Diät. 
Und wir können auch nicht mehr so tun, als ob das nicht zusammenhänge.

"Hier herrscht Glutenintoleranz. Und dort ist man froh um jede Scheibe Brot"

Im Urgebet der Christenheit steht nicht: "Unser täglich Schnitzel" – da steht: "Unser täglich Brot." Wenn wir täglich Fleisch essen, weil wir uns das leisten können, bedeutet das, jemand anderem nicht nur die Butter vom Brot zu nehmen, sondern auch noch das Brot zu klauen. Weil die Tiere Futtermittel bekommen, die besser Menschen essen könnten. Und eine Kuh kann auch öfter Milch geben als Steak. Darüber habe ich früher nie nachgedacht. Aber wenn man einmal verstanden hat, dass unser Wohlstand nicht nur auf dem Wirtschaftswunder, sondern auch auf ­Ungerechtigkeit basiert, passiert ­etwas mit unserem Denken.

Eckart von Hirschhausen/Tobias Esch: "Die bessere Hälfte. ­Worauf wir uns mitten im Leben freuen können." Auch als Hörbuch

Dafür bin ich ein Fan von Brot für die Welt. Ursprünglich sollte der Verein allen Ernstes "Lazarus vor Europas Tür" heißen. Gut, dass es anders kam. Ich bewundere die Entwicklung in der Kommunikation. Weg von der "Entwicklungshilfe", weg von den rein appellativen Bildern hin zu Werten und Bildern, über die man ruhig zweimal nachdenken kann. Plakate wie die "Würdesäule" bringen es in einem Bild auf den Punkt: Bildung ist auch "Nahrung" – für den Geist. Gesundheit folgt der Bildung. Und Bildung ist für viele der beste Ausstieg aus Armut, Ungerechtigkeit und Hunger.

Danke, dass es euch gibt. Ich ­wünsche mir eine Welt, in der ihr überflüssig geworden seid, weil wir den Überfluss dieser Schöpfung so verteilen, dass alle satt werden. Und alle Wasser haben. Das ist noch ein langer Weg. Aber wir sind unglaublich weit auf diesem Weg gekommen! Der Mehrheit der Menschen geht es heute besser als vor 50 Jahren und sogar vor 20 Jahren. Darum lasst uns das auch feiern und uns darüber ­freuen. Und dann: weitermachen.

 

Produktinfo

Neu: Eckart von Hirschhausen/Tobias Esch: 
"Die bessere Hälfte. ­Worauf wir uns mitten 
im Leben freuen können." 
Auch als Hörbuch

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