Mit Kollegin Aika Bettwanzen aufspüren
"Pause!", sagt Thomas Mauler, 52. Aika würde sonst suchen, bis sie umfällt
Alex Fischer
Ungeziefer
Mit Kollegin Aika Bettwanzen aufspüren
Er ist Hundeführer am Frankfurter Flughafen. Früher suchte er nach Sprengstoff, nun sucht er mit Hündin Aika nach Bettwanzen in Flugzeugen und Hotels. Die Blutsauger verbreiten sich derzeit, weil die Menschen so viel reisen
Tim Wegner
28.05.2018
3Min

Thomas Mauler:

Manchmal rede ich mit dem Hund schon wie mit meiner Frau. Dann sag ich "Schatzi" zu ihm. Die Aika ist meine Kollegin. Sie gehört zwar der Fraport, der Betreiberin des Frank­furter Flughafens, aber sie lebt bei mir 
zu Hause. Sie ist Familienmitglied und Diensthund. Wir suchen zusammen nach Bettwanzen. In Flugzeugen und in Hotels, meist prophylaktisch. Manchmal auch in Privatwohnungen, wenn uns Schädlingsbekämpfer anfragen.

Es gibt immer mehr Bettwanzen. Weil die Leute so viel reisen. Und weil die Bettwanzen gegen manche Gifte ­resistent geworden sind. Mit Hygiene hat das nichts zu tun, es kann jedes Hotel betroffen sein, von kein Stern bis fünf Sterne. Natürlich komme ich mit einem neutralen Auto, da ist keine Wanze drauf. Spricht mich vor einem Haus jemand an, sage ich, dass ich einen Schimmelcheck mache. Wenn die Aika eine Wanze findet, legt sie sich hin und guckt zu der Stelle. Wir haben ihr beigebracht, dass sie nicht kratzt. Im Flugzeug hat man ja in der First Class auch teure Ledersitze. Ich belohne mit Spielzeug oder mit Futter, irgendwas hab ich immer in der Hose. Da vergess ich es auch mal, dann hab ich nach dem Waschen so einen Klumpen in der Tasche.

Ich hatte schon immer Tiere. Als Kind den Dackel meines Opas, später einen Mischling aus dem Tierheim, heute züchte ich Hühner in meinem Garten. Eigentlich habe ich Metzger gelernt, aber dann landete ich bei der Fraport – erst bei der Fracht, dann in der Fluggastkontrolle, und seit 23 Jahren bin ich bei der Hundestaffel. Am Anfang führte ich einen Schutzhund; den hat man mal bellen ­lassen, wenn am Flughafen eine Schlägerei war – sofort war Ruhe. Später wurde ich Sprengstoffhundeführer, da gilt man als was Besseres. Wir haben das Gepäck abgesucht nach Sprengstoff, im Auftrag der Bundespolizei.

"Am Anfang hat es mich tagelang gejuckt!"

Aber jetzt hat die Bundespolizei ihre eigene Sprengstoffhundestaffel aufgebaut. Es gibt also nicht mehr genügend Arbeit für uns. Mein Kollege Larry Hansen fand heraus, dass Bettwanzensuche die Zukunft ist, er ließ sich in den USA ausbilden. Und dann hat er mich gefragt, ob ich in seinem Bedbugs-Team mitmachen will. Ich wollte unbedingt Hundeführer bei der Fraport bleiben! Larry übergab mir die Aika, die hatte er schon auf Bettwanzen trainiert. Und dann juckte es mich tagelang. Überall musste ich mich kratzen.

Der Hautarzt fand nichts. Es war reine Kopfsache. Anfangs war das einfach ein ekliges Gefühl, mit Bettwanzen rumzumachen. Wir üben ja mit echten Wanzen in kleinen Röhrchen. Die züchten wir im Labor, zu fressen kriegen sie Blut vom Schlachthof. Macht zum Glück alles mein Teamleiter. Der hat eine ruhige Hand.

Als Hundeführer ist man auf jeden Fall stolz. Aber ­früher, wenn jemand gefragt hat, was ich mache, sagte ich: Sprengstoffhundeführer am Flughafen. Heute sag ich nur noch: Hundeführer am Flughafen. Wenn jemand genauer nachfragt, mach ich kein Geheimnis draus. Die meisten glauben es am Anfang gar nicht, dass es Bettwanzen gibt. Jetzt ist die Aika achteinhalb Jahre alt. Eigentlich gehen bei uns die Hunde mit acht, neun in Rente. Aber sie hat noch so viel Spaß an der Arbeit! Auch wenn sie mit dem Alter eigensinniger wird. Manchmal legt sie sich hin und macht einfach gar nichts mehr. Dann verstecke ich ihr Lieblingsspielzeug, eine Beißwurst aus Kunststoff. Wenn sie die Wurst gefunden hat, ist sie wieder glücklich.

"Aika würde suchen, bis sie umfällt"

Wenn sie sucht, ist sie voll dabei. Die würde suchen, bis sie umfällt! Aber sie muss nach 20 Minuten Pause machen. Schnüffeln ist Hochleistungssport. Die Hunde atmen so oft ein und aus beim Schnüffeln, dass die Temperatur hochgeht. Man muss aufpassen, dass sie nicht ruckzuck Fieber bekommen. Wenn Aika müde ist, mach ich Streifen­dienst am Flughafen, ich gehöre ja zur Airport Security.

Sobald Aika Probleme mit der Gesundheit kriegt, wird sie bei mir zu Hause bleiben. Ich hab schon sieben Hunde verloren, oft durch Krebs. Ich weine nicht, aber innerlich habe ich viel Trauer. Man zeigt es nicht nach außen, wenn ein Hund stirbt. Weil für viele Leute ein Hund nur ein ­Gegenstand ist. Kaufst dir halt einen neuen. Meine Hunde liegen alle in meiner großen Streuobstwiese außerhalb vom Dorf begraben. Da liegt alles, Meerschweinchen, ­Katzen, Hunde. Friedhof der Kuscheltiere.

Protokoll: Christine Holch

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