Ist Gott lieb?
Süß: Liebe kann selbstlos sein
Lisa Rienermann
Willkürlich, ungerecht und distanzierend
Gott ist die Liebe, sagt die Bibel. Lieb kann er deshalb gar nicht sein
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
13.06.2016

Eine Frau fragt verunsichert auf der Internetseite einer Partnervermittlung, was sich andere Forumsteilnehmer unter einer „lieben Frau“ vorstellen. Sie werde so genannt, fühle sich aber nicht ernstgenommen. „Ich stelle mir darunter eher ein dümmliches Naivchen vor, mit der man alles machen kann. Die eben zu lieb ist für diese (böse) Welt.“

Lieb ist ein bisschen abwertend, findet Henning Kiene. Nichtchristen können außerdem nicht so gut lieben. Warum, erklärt der Pastor im Gespräch mit Hans-Gerd Martens.
Lieb nennt man jemanden aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus. „Sei ein liebes Kind“ bedeutet: „Füge dich meinem Willen.“ Wer so redet, bleibt auf sich selbst bezogen und merkt womöglich nicht, dass das Kind ganz andere Bedürfnisse hat.

Wer jemanden lieb nennt, unterstellt Unterwürfigkeit um des lieben Friedens willen. Oder man unterstellt, jemand wolle sich die Liebe durch Wohlverhalten erkaufen. Schlimmstenfalls lernen Menschen, dass sie besser damit durchkommen, andere mit Unterwürfigkeit zu erpressen, als Konflikte auszufechten.

Ein Kind wünscht sich einen lieben Gott herbei, weil es sich gerade mit den Eltern gestritten hat. Das ist legitim, denn das Kind spürt noch nicht, dass Liebe auch Streit und zeitweilige Abwendung aushält. „Der liebe Gott hat es so gewollt“, sagt die trauernde Mutter resignativ. Dabei müsste sie gegen Gott anschreien, weil sie den Verlust ihres Kindes nicht ertragen kann. Die distanzierende Formel, „der liebe Gott“, kann helfen, über Dinge zu reden, die einfach gerade zu groß erscheinen. „Lieb“ ist Gott aber deshalb noch lange nicht.

Manchmal wächst der Mensch zum Ebenbild Gottes heran

„Gott ist die Liebe“, behauptet der 1. Johannesbrief 4, 16: „Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Lieben heißt nicht lieb sein; Liebe ist nicht bloß Wohlverhalten. Sie ist Ausdruck einer starken Bindung. Sie kann leidenschaftlich sein. Wer in seiner Liebe enttäuscht wird, kann zwischen Zorn und Eifersucht hin- und hergerissen sein. Vom Gott der Bibel heißt es, er sei ein „eifernder Gott“: ein leidenschaftlicher Gott.

Liebe ist willkürlich. Nicht weil ein Mann reich ist oder eine Frau sexy, werden sie geliebt. Man kann Menschen mit ihren Stärken lieben – aber nur, wenn man auch ihre Schwächen annimmt. „Nicht hat euch der Herr (...) erwählt, weil ihr größer ­wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat“, heißt es im 5. Buch Mose 7, 7 über Gottes Liebe zum Volk Israel.

Liebe ist ungerecht. Der verlorene Sohn, der sein Erbe verprasst und als Gescheiter­ter mit offenen Armen empfangen wird, trifft auf das Unverständnis seines Bruders (Lukas 15, 11–32). Kain hasst Abel, weil Gott dessen Brandopfer besser gefällt; er bringt ihn um (1. Buch Mose 4). Dass sich Menschen in ihrem Streben nach ­Anerkennung zurückgesetzt fühlen, ist ­eine Antriebsfeder für Streit und Krieg.

Wofür sind die Engel da?

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Ein reifer Mensch weiß, dass sich Liebe nicht erzwingen lässt. Man muss einem geliebten Menschen die Freiheit lassen, eigene Wege zu gehen. Liebe kann selbstlos sein. Für den Geliebten kann man eigene Bedürfnisse zurückstellen; nicht aus Schwäche, sondern aus einer Stärke heraus. „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“, sagte Jesus am Vorabend seiner Verhaftung (Johannes 15, 13). Eltern erleben manchmal, dass ihre Sorge ums Kind größer ist als die um sich selbst, vielleicht ein Ergebnis der Evolution.

Der deutsch-amerikanische Psychoana­lytiker Erich Fromm hat einmal gesagt: „Die Liebe wird nicht primär durch ein bestimmtes Objekt ‚hervorgerufen‘, sondern ist eine im Menschen bereitliegende Eigenschaft, die durch ein bestimmtes ‚Objekt‘ aktualisiert wird.“ Menschen können – das meint Fromm – über ihre Selbstbezogenheit hinauswachsen. Nicht nur Eltern, sondern alle Menschen. Das schließt Leidenschaft für andere mit ein: Zorn, wenn sie ihr Leben mutwillig ver­bocken; ein übergroßes Herz, das bei ­Neidern Missmut hervorruft; manchmal sogar die spontane Hingabe, andere unter Lebensgefahr zu retten. In solchen Momenten wächst der Mensch zum Ebenbild Gottes heran. Wenn Gott die Liebe ist, ist er gerade nicht lieb.

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So viel Neusprech in einem Verkündigungstext hörte/las ich schon lange nicht mehr. --1—Es wird von Gott gesprochen, ohne das Gottesbild zu benennen. Wenn Sie das der Bibel meinen, haben Sie diese Manipulationsregister gezogen: Verharmlosung, Umdeutung (Neusprech), Verschweigen. Das finde ich schon stark bei einer „Religion für Einsteiger“, also für ehrlich Suchende. Nehmen Sie nur das Beispiel des im Audio genannten Kindergebetes. Da ist kein Hauch „Liebe“ dabei oder beschützt werden, wie Sie behaupten, sondern nur die nackte Angst, nicht in die Hölle des lieben Gottes – als Kind – zu kommen. --2—Bei der Sprachformel „der liebe Gott“ haben Sie den Hauptaspekt nicht genannt: In der Formulierung steckt für mich vor allem die getarnte bange Frage: Du bist doch lieb, Gott, oder? --3—Sie verkaufen uns die in der Bibel beschrienen Eigenschaften Gottes wie Zorn, Rachsucht, Straflust, Sadismus (Hiob, Jesus), Eifersucht, Mord, Massenmord, Planetozid als Spielarten der LIEBE Gottes (Zitat im Audio: Gott ist nicht im menschlichen Sinne lieb). Da bleibt mir einfach nur die Luft weg über soviel…..--4—Die wichtigste „LIEBESseinrichtung des Gottes der Bibel“ verschwiegen Sie ganz: Das EWIGE Folter-KZ Gottes, die Hölle. ----Glauben Sie, mit solchen exegetischen Tricks das Verdunsten der Kirchen aufhalten zu können? Das Gottbild das Sie verbergen und doch benutzen, ist 4000 Jahre alt und hatte sein letztes Update vor 2000 Jahren. Selbst die Reformation ist schon wieder ein halbes Jahrtausend her. Sollten Sie/wir nicht langsam anfangen, Gott nicht nur anders anzumalen, sondern der Wahrheit ins Auge sehen: Das Gottesbild der Bibel ist für die Gegenwart und die Zukunft erst recht, untauglich geworden. Neusprech ändert daran nichts. Denn Gott ist die Liebe selbst und in der Bibel steht das Gottes-Bild eines orientalischen Despoten – wie auf Erden, so im Himmel. Gott wird durch die Bibel nicht beschrieben, sondern zu 90% verunglimpft, indem Gott Grausamstes und Schrecklichstes unterstellt wird, was Sie nur mühsam zu verbergen suchen. Also eher ein Artikel der Kategorie: Religion für Aussteiger.

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Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Weitz!

Welch wahres und weises Wort, das Sie da schrieben: „Ein reifer Mensch weiß, dass sich Liebe nicht erzwingen lässt.“

Um so schlimmer, dass Gott und sein Sohn Jesus so unreif sind, im Alten Testament und in drei Evangelien als erstes Gebot Liebe zu sich zu erzwingen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben“ (Deuteronomium 6,5 und 11,1). Noch egoistischer wird dieses Gebot durch seine Ausführungsbestimmungen: „mit ganzen Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft“ (Mattheus 22,36-37; Markus 12,28-30; Lukas 10,25-27).

Man muss diesen Gott und seinen Sohn also zu 100 Prozent lieben! So sehr, dass weder Gefühle noch Gedanken noch Taten für irgendwelche Menschen bleiben können! Auch nicht für die wirklich Nächsten, die Familienangehörigen (Mt 10,3; Lk 14,25-26), von denen Jesus gemäß dieses Gebots Feindschaft untereinander fordert (Mt 10,34-35; Lk 12,51-53), wie Jesus sie auch bei seiner eigenen Familie praktizierte (Mt 12,47-50; Mk 3,32-35; Lk 8,20-21 und 11,27-28). Wie Ihnen, Herr Weitz, nicht unbekannt sein dürfte, verschweigt erst das später erfundene Wahrlich-wahrlich-Lügen-lügen-Evangelium nach Johannes dieses unreife und unmenschliche Gebot Jesu und seines Gott-Vaters und verkündet stattdessen eigenes, widersprüchliches „Jesus“-Gerede.

Ist es also ein Wunder, dass immer mehr Schafe ihren Hirten weglaufen, die diesen, ihrem eigennützigen Gott Vater und Sohn Gehör verschaffen wollen? Weil diese Allmächtigen zwar mit einigen Worten die ganze Welt erschaffen konnten, sich aber leider nicht selbst zu Wort melden können. Um ihren „Schafen“ (Originalton Jesu) zu sagen, welche Religion die richtige ist, und was sie wirklich von uns Menschen wollen. Sondern Magazine wie chrismon dazu brauchen – die dann aber sogar deren Erstes Gebot verschweigen!?

Mit menschlichen Grüßen

Manfred Schleyer

München

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Sehr geehrte Damen und Herrn,

Die Ausgangsfrage „Ist Gott lieb?“ hat mir mal ein Schulkind im Religionsunterricht gestellt. Ganz spontan antwortete ich ein Mitschüler: „Ja sicher ist der lieb. Es ist doch der liebe Gott.“ Diese Worte sollten uns zu denken geben, zumal gerade Kinder oft ein ganz besonderes Gefühl für Wesentliches haben.

Gott ist die Liebe, sagt uns die Bibel. Aber warum kann er deshalb nicht lieb sein? Das eine schließt m.E. das andere nicht aus. Im Gegenteil! Liebe Menschen sind häufiger zu echter Liebe fähig als solche, denen wenig am Wohl des Nächsten liegt, die vielleicht sogar richtig böse sind. Lieben bedeutet natürlich mehr als nur lieb zu sein. Wahre Liebe ist Ausdruck einer starken Bindung mit dem Ziel, den Anderen glücklich zu machen, ihn anzunehmen ohne Wenn und Aber. Wenn ich jemanden so richtig liebe, bin ich natürlich auch besonders lieb zu ihm, verwöhne ihn, überrasche ihn, sehe seine Bedürfnisse vor den eigenen. Ist es nicht wunderbar, wenn der Geliebte nach einer Wohltat zu einem sagt: „Du bist so lieb zu mir.“ Das tut mir gut. Liebsein ist m.E. auch ein wichtiger Teil der Liebe. Es sollte daher nicht so gering geschätzt und davon losgelöst betrachtet werden. Wenn viele Eheleute lieber zueinander wären, gäbe es bestimmt weitaus weniger Scheidungen. Vielleicht sollte man die Eigenschaft „lieb sein“ etwas weiter fassen, somit viel positiver sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Gottbrath

Gladbeck

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Wieviel gefühlsmäßige Verunsicherung, sprachliche Desorientierung und religiöse Enttäuschung spricht aus dem Artikel „Ist Gott lieb?“, und wieviel Verunsicherung richtet er an.

Wenn ich zu jemandem sage „Du bist lieb.“, sage ich das ganz bestimmt nicht aus einer Überlegenheit heraus, sondern aus einer tiefempfundenen Dankbarkeit – und diese nicht für Unterwürfigkeit um des lieben Friedens willen, sondern für eine Freude, die mir oder anderen bereitet worden ist. Meist wird der Satz sehr spontan formuliert und es klingt eine freudiges Erstaunen mit, weil es toll ist, wenn jemand „lieb“ ist, d.h. freundlich, zugewandt, aufmerksam für die Bedürfnisse des anderen, hilfsbereit, Vertrauen und somit Geborgenheit gebend.

Warum sollten Liebe und Lieben so was wunderbares sein (und das sind sie) und lieb sein so was falsches, bei dem ich Erpressung und Unterwerfung vermuten sollte. Seltsame Sprach- und Gefühlsverwirrung.

Klar kann der Satz „Sei ein liebes Kind.“ oberflächlich, spöttisch, gouvernantisch oder bedrängend benutzt werden. Aber das sollte differenziert gehört werden – und das wird es auch („Der Ton macht die Musik.“). Dazu kann man Kinder befähigen. Mißtrauen ist da überflüssig und es explizit anzuregen, ist für ein gesundes Heranwachsen und ein gutes Zusammenleben nicht förderlich.

Gerade derzeit wäre ein ernsthafteres Herangehen an das Thema mit nachvollziehbaren, klaren Definitionen und einem stärkenden, Vertrauen schaffenden Nachdenken über das Problem, warum wir Gott nicht als lieb empfinden und uns von ihm abwenden, sinnvoll gewesen. Davon ist in dem verworrenen Text nichts zu spüren.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Kalz

Neuruppin

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Ich kann nicht verstehen, daß Burkhard Weitz die 2 Sätze schreibt: "Gott ist die Liebe, sagt die Bibel. Lieb kann er deshalb gar nicht sein" und "Wenn Gott die Liebe ist, ist er gerade nicht lieb."

Was soll das?

Hildegund Müller, Ahorn/Coburg

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