"Sorry we missed you"
NFP
"Sorry we missed you"
27.01.2020

Am Anfang steht ein Jobinterview. Ricky Turner rutscht nervös auf seinem Stuhl herum, während er sämtliche positiven Eigenschaften aufzählt, die einen Arbeitgeber beeindrucken. Mit Erfolg. Am Ende des Gesprächs gehört der Paketbote zur Firma – als selbständiger Unternehmer. Was das bedeutet, zeigt Ken Loach in seinem neuen Spielfilm. In der Hoffnung mit dieser Arbeit endlich genügend Geld zusammensparen zu können, damit die Familie in ein eigenes Häuschen ziehen kann, legt Ricky sich ins Zeug. Kauft einen größeren Transporter für mehr Pakete, obwohl das bedeutet, das Auto seiner Frau zu verkaufen. Abby muss nun umständlich per Bus zu ihren Klientinnen und Klienten fahren, die sie als Altenpflegerin trotz Zeitdruck liebevoll betreut.

Schnelle und pünktliche Lieferung ist beim Paketservice oberstes Gebot. Egal, ob Sohn Sebastian gerade mit der Pubertät kämpft und sich einen Schulverweis einhandelt, beim Stehlen erwischt wird oder Tochter Liza Jane ins Bett macht, weil sie die Streitereien nicht mehr erträgt. Ricky sitzt am Steuer. Jeder Ausfall kostet ihn Geld. Als er eines Tages überfallen und verprügelt wird, hält er das Warten in der Notaufnahme kaum aus. Am nächsten Morgen greift er wieder zum Autoschlüssel, setzt sich in den Lieferwagen und fährt los. Gekrümmt ans Steuer geklammert, nurnoch auf einem Auge richtig sehend.

Filmemacher Ken Loach wirft am Beispiel einer Branche einen präzisen Blick auf heutige Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Ricky und Abby strengen sich an, kümmern sich um die Kinder, finden immer wieder zueinander, trotz aller Schwierigkeiten. Doch sie sind in einem System gefangen, das ihnen kaum Handlungsmöglichkeiten offen lässt. Die Zahlen müssen immer stimmen. Loach verdeutlicht, was passiert, wenn Flexibilität und Selbstverantwortung zum neuen Heilsversprechen werden. Wenn Menschen an der Grenze ihrer Belastbarkeit agieren müssen und dabei vielfach die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt.

© NFP

Produktion: Rebecca O'Brien; Großbritannien, Belgien, Frankreich 2019;

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

Schnitt: Jonathan Morris

Kamera: Robbie Ryan

Musik: George Fenton

Darstellerinnen: Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone

Dauer: 100 min.

Verleih: NFP

Kinostart: 30.01.2020

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