Mitarbeiterin auf einer Intensivstation (Archivbild)
epd-bild / Werner Krüper
Noch immer fehlt es bundesweit an Schutzkleidung in Kliniken, Heimen und ambulanten Pflegedienste. Ärzte- und Sozialverbände fordern den Staat auf, in der Corona-Krise Bestände zu beschlagnahmen. Der Markt habe versagt, heißt es zur Begründung.
30.03.2020

Wegen der anhaltenden Lieferprobleme von Schutzkleidung für Ärzte und Pflegefachkräfte mehren sich Stimmen, die von der Politik die Beschlagnahme von Hilfsmitteln fordern. "Es scheint so zu sein, dass es in Deutschland keine ausreichende Vorbereitung für einen solchen Ernstfall gab", sagte Professor Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er forderte gesetzliche Grundlagen für das Beschlagnahmen dieser Hilfsmittel. Ähnlich äußerte sich der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Der Staat müsse die Beschaffung und Verteilung zentral in die Hand nehmen und im Zweifel auch gegenüber Herstellern und Händlern durchgreifen, heißt es in einer Mitteilung des Paritätischen vom Montag. Der freie Markt sei nicht in der Lage, eine sachgerechte Beschaffung und Verteilung notwendiger Schutzutensilien sicherzustellen. Deshalb müsse jetzt das Infektionsschutzgesetz konsequent angewendet werden. Der freie Handel mit Schutzausstattung sei zu unterbinden, stattdessen müsse der Staat für eine sachgerechte Versorgung sorgen.

Lehrbuchbeispiel für Marktversagen

"Die Maßnahmen, die das Bundesgesundheitsministerium bisher ergriffen hat, sind nicht ausreichend, um den akuten Mangel an Schutzkleidung sachgerecht zu lösen", beklagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. "Es ist ein Skandal, dass es skrupellosen Geschäftemachern möglich ist, auf Kosten aller in dieser Krise ihren Profit zu steigern." Wenn eine Atemschutzmaske Mitte Februar noch nicht einmal 50 Cent und sechs Wochen später 13 Euro koste, sei das ein Lehrbuchbeispiel für Marktversagen, so Schneider.

"Dass es an diesen Hilfsmitteln fehlt, hat seinen Grund auch in fehlendem Geld für die nötige Vorratshaltung", betonte Janssens. Für einen solch großen Ernstfall müsse es in Zukunft klare Regelungen geben.

Bund und Länder müssten sich einigen, wie und in welchem Umfang Vorsorge getroffen werde. Und: Der Staat müsse notfalls Schutzkleidung auch beschlagnahmen können: "Die Gesetze der freien Marktwirtschaft dürfen in diesem Szenario nicht mehr zur Anwendung kommen. Es besteht eine Notlage und der muss mit entsprechenden Maßnahmen entgegengetreten werden", sagte der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.

Verteilung zügig organisieren

Nach seiner Beobachtung sei es jüngst zu einer leichten Entspannung bei der Beschaffung vor allem von Schutzmasken gekommen. "Es bleibt aber abzuwarten, was ein starker Anstieg schwer erkrankter Patienten für die Ausstattung mit Schutzausrüstung bedeutet." Derzeit würden Schutzkittel besonders dringend gebraucht.

Die Bundesregierung müsse sicherstellen, dass die Schutzausrüstung nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch in Heimen und für die häusliche Pflege in ausreichender Menge vorhanden ist, sagte Kordula Schulz-Asche, die Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik der Grünen im Bundestag. Seien Masken, Handschuhe und Schutzkittel vorhanden, dann seien die Landesbehörden gefragt, deren Verteilung zügig zu organisieren.

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