Die Kritik an der Kunst-Aktion des "Zentrums für politische Schönheit" hält an.
epd-bild/Christian Ditsch
Die politische Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit" erntet mit ihrer jüngsten Aktion weiter breite Kritik. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung fordert von den Aktivisten die Konsultation eines jüdischen Geistlichen.
04.12.2019

Die Kritik an der jüngsten Aktion des Künstlerkollektivs "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) hält an. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte am Mittwoch im RBB die von der Gruppe in Berlin errichtete "Gedenkstätte" mit der angeblichen Asche von NS-Opfern. Der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, wies im Sender MDR Kultur den Vorwurf der Künstler zu mangelnder Aufarbeitung des Umgangs mit sterblichen Überresten von NS-Opfern zurück. Die Künstlergruppe kündigte unterdessen eine Stellungnahme für den frühen Mittwochnachmittag an.

Das "Zentrum für politische Schönheit" hat seit Anfang der Woche zwischen Bundestag und Kanzleramt in Berlin eine Stahlsäule zum Gedenken an NS-Opfer installiert. In der Säule befindet sich nach ZPS-Angaben angeblich auch Asche von ermordeten NS-Opfern. Die Gruppe will damit auf die Überreste von Toten hinweisen, die immer noch kein Grab oder letzte Ruhestätte hätten. Zudem will das ZPS damit vor einer Zusammenarbeit von CDU/CSU mit der AfD warnen.

Jüdischen Geistlichen konsultieren

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung riet der Künstlergruppe, einen jüdischen Geistlichen zu konsultieren. "Es wäre gut, wenn das ZPS beim Abbau der Installation einen Rabbiner hinzuzöge, um wenigstens dann für die Beachtung der jüdischen Religionsgesetze zu sorgen. Einen entsprechenden Kontakt kann ich gerne vermitteln", sagte Klein.

Falls tatsächlich Asche jüdischer NS-Opfer verwendet worden sei, hätten die Aktionskünstler nicht zu Ende gedacht, so Klein. "Es ist erschütternd, dass heutzutage Künstler meinen, zu solch drastischen Mitteln greifen zu müssen, um auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. Durch das bewusste oder unbewusste Verletzen religiöser Gesetze von Minderheiten tragen sie zur Verrohung der Gesellschaft bei, vor der sie ja eigentlich warnen wollen", sagte Klein.

Zum Vorwurf der mangelnden Aufarbeitung des Umgangs mit sterblichen Überresten von NS-Opfern sagte Knigge, im ZPS habe man offensichtlich nicht vor Augen, "dass dieses Thema tatsächlich kein neues ist". Man habe sich damit europaweit bereits sehr intensiv auseinandergesetzt. Knigge verwies unter anderem auf Debatten über den Umgang mit dem Frauenhaar in Auschwitz.

Genaue Dokumentation gefordert

Knigge betonte, dass die Debatte um die sterblichen Überreste in den ethnographischen Museen angekommen sei. "Das heißt: Es wird breit diskutiert und ich glaube, es hat keinen Sinn, die Gesellschaft insgesamt aus Gründen der Schrillheit zurückzudefinieren in eine Totalverdrängungsgesellschaft."

Der Stiftungsleiter forderte von der Künstlergruppe bei der aktuellen Aktion eine genaue Dokumentation. Es gehe um wichtige Fragen, wie die menschlichen Überreste geborgen wurden, ob dabei die religiösen Belange der Juden berücksichtigt wurden und was passiere, wenn man dieses kurzlebige Denkmal wieder abbaut.

Knigge sieht die ZPS-Aktion auch kritisch, weil die Opfer dadurch instrumentalisiert würden. Damit vor einer Zusammenarbeit des Konservatismus mit der AfD zu warnen, sei "zweifelhaft" und "ein zweischneidiges Schwert", so der Gedenkstättenleiter.

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