Günter Grass (1927-2015)
epd-bild / Dirk Silz
Mit einem virtuellen Rundgang durch den Jahrhundertroman "Die Blechtrommel" betritt das Lübecker Günter-Grass-Haus Neuland in der Literaturvermittlung.
22.11.2019

Mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille (VR) erleben die Besucher den Sturz des Romanhelden Oskar Matzerath in den heimischen Keller und sein späteres Leben in der Heil- und Pflegeanstalt. Ein solche Technik sei für ein Literaturmuseum weltweit Neuland, sagte Museumsleiter Jörg-Philipp Thomsa am Freitag bei der Präsentation.

Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) testete bei der Präsentation als erster die neue Technologie. Mit einer VR-Brille konnte er ein Radio mit Kriegsberichterstattung anschalten, Brausepulver mixen und die Kerzen einer Geburtstagstorte ausblasen. Sein hörbarer Schrei führte auch dazu, dass - wie im Roman - eine Glühbirne zersplitterte.

Es sei ein "sensationelles Gefühl", sagte Lindenau nach dem Rundgang sichtlich begeistert. Sich ein beklemmendes Gefühl vorzustellen, sei etwas anderes, als es selbst zu erleben. "Man ist in einer anderen Welt." Es habe ihn zudem motiviert, den Roman noch einmal zu lesen.

"Mit allen Sinnen"

Der neue VR-Rundgang ist eingebettet in eine Ausstellung über 60 Jahre "Blechtrommel". Bereits Ende vorigen Jahres wurde ein Kaufmannsladen im Museum eingerichtet, wie ihn die Familie Matzerath in Danzig betrieben hat. Vorbild für den Roman war der Kaufmannsladen der Familie Grass. Damit könne der Roman "mit allen Sinnen" erlebt werden, sagte Thomsa. Grass sei eben auch ein sehr sinnlicher Schriftsteller gewesen.

Neu ist ein Multi-Touch-Tisch, der Auskunft über den Roman, sein Umfeld und Details des VR-Rundgangs gibt. Kleine Holz-Trommeln mit Sensoren lassen kurze Filme erscheinen. Themen sind die Romanentstehung, Flucht und Vertreibung, die Ostsee und die Rezeption. Dazu können Texte zu einzelnen Stichworten aufgerufen werden.

Vier Brillen stehen zur Verfügung, allerdings kann jeweils nur ein Museumsbesucher die zehnminütige VR-Tour besuchen. 220.000 Euro hat die neue Ausstellung gekostet. 90 Prozent davon finanzierte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien.

Das neue Projekt sei keine "Gaming Show", betonte Thomsa. Genutzt werde eine neue Art der Darstellung, die über Videos, Texte und Bilder nicht erreicht werden könne. Oberstes Ziel der Ausstellung bleibe es, den Roman in die Hand zu nehmen und ihn zu lesen.

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