Bundestag (Archivbild)
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Abgeordnete aller Fraktionen haben die zentralen Werte der deutschen Verfassung hervorgehoben. Viele Redner nutzten ihre Beiträge für Forderungen nach Änderung, Ergänzung oder anderer Auslegung des Grundgesetzes.
16.05.2019

Der Bundestag hat am Donnerstag das vor 70 Jahren verkündete Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gewürdigt. In einer zweistündigen Debatte zu Beginn der Plenarsitzung hoben Abgeordnete aller Fraktionen zentrale Werte der deutschen Verfassung hervor. Viele Redner nutzten ihre Beiträge für Forderungen nach Änderung, Ergänzung oder anderer Auslegung des Grundgesetzes.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU), erinnerte als erster Redner in der Debatte an die Geschichte der Verfassung, die am 23. Mai 1949 verkündet wurde. Seit dem Völkermord an den Juden und dem völligen Zusammenbruch Deutschlands seien bis dahin gerade einmal vier Jahre vergangen. Brinkhaus hob in dem Zusammenhang den Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes hervor. Er sei nicht nur ein Bekenntnis zur christlich-abendländischen Tradition, sondern auch "eine Absage an menschliche Allmacht", sagte Brinkhaus.

Geschützte Menschenwürde

Viele Redner betonten die in der Verfassung geschützte Menschenwürde. "'Die Würde des Menschen ist unantastbar' ist der zentrale Satz", sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, Konzepte rassistischer Diskriminierung seien damit nicht vereinbar. Menschenwürde hänge nicht vom Pass ab.

Mehrere Abgeordnete griffen in ihren Beiträgen die Debatte um Enteignungen von Wohnungsunternehmen auf. FDP-Chef Christian Lindner forderte die Streichung des Verfassungsartikels 15, der die Vergesellschaftung von "Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln" gegen Entschädigung vorsieht. Bartsch hielt dagegen, Gemeinwohl müsse im Zweifel über Kapitalinteressen stehen. SPD-Chefin Andrea Nahles betonte die Sozialbindung des Eigentums.

Nahles, die auch Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Parlament ist, forderte in ihrer Rede auch mehr Anstrengungen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen. Sie erneuerte die Forderung nach einem Paritätsgesetz für Parlamente. Widerspruch kam von FDP-Chef Lindner. Wähler entschieden in freier Wahl, "ohne irgendeine Quote", sagte er.

Schäuble unterbrach Brandner

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland würdigte das Grundgesetz als größten Erfolg des Landes. Es biete einen Rahmen, in dem vieles möglich sei, auch eine "Identitätspolitik", wie sie die AfD vertrete. Sein Parteikollege Stephan Brandner provozierte in der interfraktionell vereinbarten Debatte, in der er die Würdigung des Grundgesetzes unter anderem als "Beerdigungsveranstaltung" bezeichnete, ein Einschreiten von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).

Brandner kritisierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der die Debatte als Gast von der Tribüne im Reichstagsgebäude verfolgte, harsch für dessen verbale Unterstützung des "Wir sind mehr"-Konzerts im vergangenen Herbst in Chemnitz, bei dem Musiker als Zeichen gegen Rechtsextremismus auftraten. Schäuble unterbrach Brandner und bat darum, diese Kritik zu unterlassen.

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