Berlin (epd). Die Arbeitsbedingungen für Paketboten sollen nach einem Beschluss der Koalitionsspitzen verbessert werden. Union und SPD einigten sich am Dienstagabend beim Koalitionsausschuss in Berlin darauf, ein Gesetz zur sogenannten Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche zu verabschieden, wie die CDU auf Twitter mitteilte. Damit werden die großen Paketdienste in die Pflicht genommen: Sie haften künftig auch dann, wenn ihre Subunternehmer keine Sozialbeiträge für die Paketzusteller entrichten.
In den Subunternehmen werden teils extrem niedrige Löhne weit unter dem Mindest-Stundenlohn gezahlt und den Fahrern überlange Arbeitstage abverlangt. Viele kommen aus osteuropäischen Ländern. Bei Razzien stieß die Polizei zum Teil auf kriminelle Strukturen.
Fairer Wettbewerb in der Branche
Nach Angaben aus den Parteien soll das Gesetz künftig für Beitragsehrlichkeit, die soziale Absicherung aller Paketzusteller und einen fairen Wettbewerb in der Branche sorgen. Der Entwurf, der noch nicht in die Ressortabstimmung der zuständigen Ministerien gegangen ist, soll nach Willen der SPD so bald wie möglich im Kabinett beschlossen werden. Eine Nachunternehmerhaftung gibt es bereits in der Baubranche, wo ebenfalls viele Subunternehmen tätig sind, oder im Fleischereigewerbe.
Zuvor hatten die Koalitionspartner sich wochenlang nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen können. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte den Entwurf zunächst gegen den Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erarbeitet. Im Gegenzug soll nun die Wirtschaft an anderer Stelle von Bürokratie entlastet werden, wie es die Union fordert. Laut Koalitionsbeschluss soll die Entlastung insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen mindestens bei einer Milliarde Euro liegen. Um die Einzelheiten zu klären, soll es "kurzfristig" ein Ministergespräch geben, an dem neben Heil und Altmaier auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) teilnehmen.
Nur ein erster Schritt
DGB-Chef Reiner Hoffmann begrüßte die Einigung der Koalitionspartner im Südwestrundfunk als "wichtigen Durchbruch". Er sagte dem Sender SWR 2, es könne nicht sein, dass Unternehmen zulasten der Beschäftigten systematisch Sozialversicherungsbetrug betrieben. Künftig müssten die Generalauftragnehmer dafür sorgen, dass die Subunternehmen, an die sie Aufträge weitergeben, ihre Fahrer sozialversichert und zu einem anständigen Lohn beschäftigten, erklärte Hoffmann. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erklärte, die Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmen seien vielfach katastrophal und verstießen gegen geltendes Arbeitsrecht.
Grünen-Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke teilte mit, die Entscheidung sei gut für die mehr als 200.000 Zustellerinnen und Zusteller der Branche. Die Nachunternehmerhaftung sei aber nur ein erster Schritt. Nötig seien auch flächendeckende Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sowie ein Verbandsklagerecht, damit die betroffenen Beschäftigten unterstützt werden, wenn sie ihren Lohn einklagen müssten.
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