"Wir werden uns nicht in gesellschaftliche Nischen zurückziehen", sagte Erzbischof Heiner Koch bei der Präsentation der Zahlen (Archivbild).
epd-bild/Juergen Blume
Viele Kirchenaustritte und eine sehr geringe Taufquote: Das Erzbistum Berlin rechnet damit, bis 2060 mehr als ein Drittel seiner Mitglieder zu verlieren.
07.05.2019

Das Erzbistum Berlin wird einer Prognose zufolge bis 2060 mehr als ein Drittel seiner Mitglieder verlieren. Grund dafür sei unter anderem die im Bundesdurchschnitt sehr geringe Taufquote von Kindern katholischer Mütter und die vergleichsweise hohen Kirchenaustrittszahlen, teilte das Erzbischöfliche Ordinariat am Dienstag in Berlin mit. Vor einer Woche hatten evangelische und katholische Kirche eine Langzeit-Projektion vorgestellt, in der Freiburger Wissenschaftler die Entwicklung der Kirchenmitglieder und Kirchensteuereinnahmen in den kommenden 40 Jahren berechnet hatten. Nach und nach stellen nun die einzelnen Diözesen ihre Zahlen vor.

Im Erzbistum Berlin könnte die Zahl der Mitglieder von knapp 413.000 Ende 2017 in den kommenden Jahrzehnten auf rund 262.000 im Jahr 2060 zurückgehen (minus 37 Prozent). Die Taufquote liegt aktuell bei 37 Prozent. Kirchenaustritte wurden 2017 genau 6.635 registriert. "Wir werden uns nicht in gesellschaftliche Nischen zurückziehen", sagte Erzbischof Heiner Koch bei der Präsentation der Zahlen für seine Diözese. "Wir werden eine Kirche für alle Menschen bleiben, auch mit unseren karitativen und Bildungs-Angeboten." Verbesserungsbedarf sieht Koch unter anderem in der Kommunikation und dem Ausbau der Bindungen an die einzelnen Kirchenmitglieder. Denn nur die Hälfte des Rückgangs sei Folge der demografischen Entwicklung.

Prognose basiert auf der demografischen Entwicklung

Bundesweit könnte die Zahl der Mitglieder in der katholischen und der evangelischen Kirche laut der Studie von 44,8 Millionen im Jahr 2017 auf 22,7 Millionen Menschen im Jahr 2060 sinken. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sollen bis 2060 zwar mit rund zwölf Milliarden Euro jährlich weitgehend konstant bleiben, doch wird sich die Kaufkraft um etwa die Hälfte reduzieren. Die Prognose basiert auf der demografischen Entwicklung und der Annahme, dass sich die Trends bei Taufen sowie Ein- und Austritten fortsetzen. Das Forschungszentrum Generationenverträge der Freiburger Universität hatte die Studie im Auftrag der Kirchen erstellt.

Beim Kirchensteueraufkommen sieht es im Erzbistum Berlin nur auf den ersten Blick positiv aus. Laut Prognose wird es von mehr als 119 Millionen Euro im Jahr 2017 auf voraussichtlich rund 163 Millionen Euro im Jahr 2060 steigen. Allerdings betrage der Kaufkraftverlust dann rund 34 Prozent, sagte der Berliner Finanzdezernent, Bernd Jünemann. Das bedeutet, das Erzbistum kann sich nur zwei Drittel der Ausgaben leisten, die es aktuell hat.

Allerdings gibt es auch positivere Aussichten bei der Mitgliederentwicklung. Sollten künftig alle Kinder katholischer Mütter getauft werden, läge die Mitgliederzahl im Jahr 2060 bei mehr als 350.000. Ohne Kirchenaustritte stiege die Zahl auf mehr als 433.000 Mitglieder. Und eine 100-prozentige Taufquote plus fehlende Kirchenaustritte würde dem Erzbistum den Berechnungen zufolge sogar mehr als 581.000 Mitglieder im Jahr 2060 bescheren, so Jünemann.

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