Mit einer Sonderausstellung im Eisenacher Luther-Haus und einer wissenschaftlichen Tagung soll im September in Thüringen an die Gründung des sogenannten Entjudungsinstitutes vor 80 Jahren erinnert werden.
23.04.2019

In Eisenach soll künftig ein Mahnmal an das sogenannte Entjudungsinstitut erinnern. Es werde 80 Jahre nach der Gründung der Einrichtung am 6. Mai nahe dem früheren Intitutsgebäude eingeweiht, kündigte die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, am Dienstag in Erfurt an. Das 1939 auf der Wartburg von elf der damaligen evangelischen Landeskirchen gegründete "Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben" hatte zum Ziel, Kirche und christlichen Glauben an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen.

Auf die genaue Ausgestaltung der Installation nach einem Entwurf von Marc Pethran (Leipzig) wollte die Bischöfin unter Verweis auf die bevorstehende Enthüllung nicht näher eingehen. Es werde aber mit dem Zitat "Wir sind in die Irre gegangen" auf das "Darmstädter Wort" aus dem Jahre 1947 angespielt, einem Bekenntnis evangelischer Christen zu ihrer historischen Mitverantwortung für die Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus, erläuterte Junkermann.

Wichtiger Meilenstein

Die Einweihung des Mahnmals, zu der auch Vertreter von fünf Nachfolgekirchen der Gründungskirchen erwartet werden, ist aus Sicht der Bischöfin ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Eröffnung der neuen Sonderausstellung im Eisenacher Lutherhaus am 20. September. Sie trage den Titel "Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche 'Entjudungsinstitut' 1939-1945" und solle bis mindestens Ende 2021 zu sehen sein, erklärte der Chef des Museums, Jochen Birkenmeier.

Der Schwerpunkt der Schau liegt nach seinen Angaben auf der Herausarbeitung der Gründe, die zur Einrichtung des Instituts führten. Aber auch der Umgang mit diesem "dunklen Teil" der Kirchengeschichte in der DDR werde thematisiert. Dazu gehöre auch ein Blick auf die weitere Karrieren ehemaliger Mitarbeiter des Instituts. Zu ihnen zählten der Institutsleiter Walter Grundmann und der Kirchenmusiker Erhard Mauersberger, die bis heute in der Kirche und der Gesellschaft zum Teil noch immer hoch angesehen seien, sagte Birkenmeier.

Fleißiger Informant der Stasi

Deren Schicksal und Würdigung durch die Nachwelt ist auch Thema einer wissenschaftlichen Tagung ab 18. September auf der Wartburg im Vorfeld der Ausstellungseröffnung, sagte der Jenaer Kirchenhistoriker Christopher Spehr. So sei Grundmann wenige Jahre nach 1945 die Ausbildung des theologischen Nachwuchses in Thüringen gestattet worden. Ab 1956 habe er sich zudem als fleißiger Informant der Stasi angedient, sagte Spehr. Mauersberger, der in der NS-Zeit in Eisenach an einem "entjudeten" Gesangsbuch arbeitete, stieg 1961 zum 14. Thomaskantor nach Bach in Leipzig auf.

Das Eisenacher Institut stehe zwar in besonderer Weise für einen deutschchristlich verantworteten wissenschaftlichen Antisemitismus in der NS-Zeit, sei aber nur eines von ähnlichen pseudo-wissenschaftlichen Einrichtungen gewesen, sagte Spehr weiter. Zudem standen die Thüringer in regem Austausch mit Gleichgesinnten im ganzen Reich sowie den deutschsprachigen Regionen Rumäniens und in Skandinavien, vor allem in Schweden. Auch diesem Aspekt widme sich die Tagung, kündigte der Jenaer Professor an.

Das Eisenacher "Entjudungsinstitut" war am 4. April 1939 auf Betreiben führender "Deutscher Christen" gegründet worden. Die Gründungsfeier fand am 6. Mai auf der Wartburg statt. Es ging dem Institut unter anderem um eine Abwertung des Alten Testaments und die Tilgung sämtlicher jüdischer Spuren im Neuen Testament. So brachte der Arbeitskreis "Volkstestament" 1941 ein "entjudetes" Neues Testament unter dem Titel "Die Botschaft Gottes" heraus.

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