Heiner Koch hofft auf ein Urteil zum Lebensschutz.
epd-bild/Jürgen Blume
Die Kirchen würdigten das vom Bundestag 2015 beschlossene Verbot organisierter Sterbehilfe als "Zeichen für den Lebensschutz". Andere gesellschaftliche Gruppen sehen darin ihre Persönlichkeitsrechte verletzt: Ein Fall für das Verfassungsgericht.
15.04.2019

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag und Mittwoch in Karlsruhe über das Verbot organisierter Sterbehilfe. Dabei geht es um sechs Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs richten, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Sterbehilfe-Vereine, Einzelpersonen und Ärzte haben Beschwerde eingelegt, weil sie dadurch im Grundgesetz zugesicherte Rechte wie die Berufsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht verletzt sehen. Vertreter der katholischen Kirche warnten am Montag vor einer Aufweichung des Verbots.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch erhofft sich von der Verhandlung in Karlsruhe "ein starkes Signal für den Schutz des Lebens". Den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) sagte er: "Wenn der Suizid als normale Option neben die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen gestellt wird, befürchte ich eine Verschiebung des Wertesystems." Er sehe die Gefahr, "dass Menschen gedrängt werden oder sich gedrängt fühlen, von solchen Optionen auch Gebrauch zu machen". Es sei richtig, dass der Gesetzgeber die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verboten habe.

Sternberg: Kranke "vor äußerem und innerem Druck" schützen

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, erklärte am Montag in Bonn, der Respekt "vor der Selbstbestimmung jedes Menschen und seiner unantastbaren Würde in der extremen Lebenssituation des Sterbens erfordert neben der Sicherstellung einer umfassenden palliativen Versorgung dieses gesetzliche Verbot". Mit der Zulassung organisierter Suizidbeihilfe durch Sterbehilfevereine "könnte es zu einer gesellschaftlichen Normalität werden, sie in Anspruch zu nehmen", fügte Sternberg hinzu.

"Gerade besonders schwache und kranke Menschen müssen vor äußerem und innerem Druck geschützt bleiben", erklärte Sternberg: "Durch das Angebot eines assistierten Suizids wird das Gefühl verstärkt, niemandem zur Last fallen zu dürfen, erst recht, wenn die Beihilfe zu einer rechtlich und gesellschaftlich akzeptierten Option wird." Eine solche Entwicklung sei die Kehrseite eines verbreiteten Verständnisses von Selbstbestimmung, das die Autonomie der betroffenen Menschen absolut setze und die soziale Angewiesenheit eines jeden auf andere Menschen ausblende.

Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe

Im Dezember 2015 war ein gesetzliches Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe in Kraft getreten. Nach dem neuen Paragrafen 217 des Strafgesetzbuchs macht sich strafbar, "wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt". Verstöße werden mit einer Geldstrafe oder mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Ausgenommen sind Angehörige oder andere Nahestehende, die nicht geschäftsmäßig handeln.

Zu den Klägern gehören auch schwer erkrankte Personen, die ihr Leben mit Hilfe eines Sterbehilfe-Vereins beenden möchten. Sie sehen in dem Sterbehilfeverbot ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt. Dies umfasst ihrer Auffassung nach auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben mit Unterstützung Dritter.

Bei dieser Suizidassistenz geht es darum, einem Sterbewilligen beispielsweise ein tödlich wirkendes Mittel zu überlassen. Es selbst zu verabreichen, gilt als Tötung auf Verlangen und war auch schon vor 2015 verboten. Erlaubt ist jedoch die passive Sterbehilfe bei Schwerstkranken, bei der auf Wunsch des Patienten auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet wird.

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