Es ist ein Déjà-vu: Ein privates Rettungsschiff mit Dutzenden Flüchtlingen an Bord sucht einen Hafen. Der italienische Innenminister weist die Verantwortung Deutschland zu.
04.04.2019

Nach der Rettung von 64 Menschen aus dem Mittelmeer vor Libyen ist das deutsche Rettungsschiff "Alan Kurdi" weiter auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Italien und Malta seien um Angabe eines Hafens gebeten worden, sagte eine Sprecherin der Regensburger Rettungsorganisation "Sea-Eye" am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Rettungsleitstelle in Rom habe lediglich mitgeteilt, dass sich "Sea-Eye" an Deutschland wenden solle. Der italienische Innenminister Matteo Salvini twitterte derweil "Deutsches Schiff? Deutscher Hafen" und rief die Crew auf, nach Hamburg zu fahren, wo der Kapitän herkomme.

Die Initiative "Seebrücke" bezeichnete diese Äußerung als "absurd". Die "rassistische Stimmungsmache von Salvini" sei "menschenverachtend und abstoßend", sagte Christoph Kleine von der "Seebrücke Hamburg". Eine wochenlange Seereise nach Hamburg sei für die Geretteten wie für die Crew gleichermaßen unzumutbar. Die "Alan Kurdi" werde zudem für die nächsten Rettungseinsätze benötigt. "Das Seerecht verlangt die Aufnahme im nächsten sicheren Hafen", sagte Kleine. Ein solcher liege entweder in Italien oder auf Malta. Von dort sollten die 64 Geretteten umgehend in ein Land ihrer Wahl weiterreisen können, forderte er.

Hilfsbereitschaft der Bevölkerung vorhanden

Die Stadt Hamburg sollte sich sofort und öffentlich zur Aufnahme der 64 Menschen an Bord der "Alan Kurdi" bereiterklären, forderte Kleine. Die Aufnahmekapazitäten in der Stadt seien vorhanden, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ebenso. "Konkret erwarten wir, dass Bürgermeister Peter Tschentscher das Bundesinnenministerium und die italienischen Behörden kontaktiert und die 64 Geretteten nach Hamburg einlädt", sagte der "Seebrücken"-Sprecher.

Bereits am Mittwoch hatten über 260 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter der DGB, der FC St. Pauli und die "Seebrücke", in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Notfallplan für die Seenotrettung, die Schaffung und Stärkung von Sicheren Häfen und eine Ende der Rückschiebungen nach Libyen gefordert.

Derzeit befindet sich das deutsche Rettungsschiff vor der Küste Lampedusas. Auch Malta hatte Rettungsschiffen in den vergangenen Monaten immer wieder das Anlegen verwehrt. Die Suche nach einem weiteren vermissten Boot mit 50 Flüchtlingen sei unterdessen aufgeben worden, hieß es aus der Regensburger "Sea-Eye"-Zentrale. "Wir können mit so vielen Menschen an Bord nicht mehr weiter suchen", sagte "Sea-Eye"-Sprecherin Carlotta Weibl. Das Schlauchboot mit 50 Flüchtlingen an Bord, darunter drei Kinder, wird seit Montagnacht vermisst. Die "Alan Kurdi" ist derzeit das einzig verbliebene private Rettungsschiff im Mittelmeer.

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