Der Regisseur und Autor Dietrich Brüggemann findet: "Das Fernsehen hat ein Modernitätsproblem."
14.02.2019

Der Regisseur und Autor Dietrich Brüggemann (42) wünscht sich mehr Experimentierfreude im deutschen Fernsehen. "Das Fernsehen hat ein Modernitätsproblem, dem es sich stellen muss", sagte Brüggemann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Fernsehen werde zu stark auf die Quote gestarrt und zu wenig ausprobiert: "Neue Entwicklungen und Fortschritt gibt es doch nur deshalb, weil gute Ideen umgesetzt werden, auch wenn die breite Masse sie erst mal nicht will."

Kommissar in Zeitschleife

Brüggemann drehte den "Tatort: Murot und das Murmeltier" mit Ulrich Tukur, der am Sonntag im Ersten läuft. In der HR-Produktion gerät Kommissar Murot in eine Zeitschleife, in der er immer wieder versuchen muss, die Geiselnahme in einer Bank zu beenden. Die Idee der Zeitschleife sei auch eine Reaktion auf das deutsche Fernsehen, in dem immer wieder dasselbe zu sehen sei, sagte Brüggemann: "Etwas mehr von der Experimentierfreude, die in der internationalen Streamingwelt herrscht, würde dem 'Tatort' sehr gut tun."

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen stehe heute unter einem "riesigen Rechtfertigungsdruck", sagte der Regisseur: "Die Rechtspopulisten nehmen öffentlich-rechtliche Systeme in ganz Europa unter Beschuss." Doch wenn das Fernsehen alles der Quote unterordne, "dann manövriert es sich mit Pauken und Trompeten in die Irrelevanz".

Gegen die Marktunterwerfung

Brüggemann sagte, er sei überzeugt, dass Kultur nie allein dem Markt unterworfen sein dürfe: "Die ganze Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte ist nicht denkbar ohne die Kirche und die Klöster und auch nicht ohne den Hof." Kultur werde es immer geben und sie müsse auf eine Art organisiert sein, "die Kunst nicht allein dem Markt überlässt". Momentan neige das System aber sehr zur Verfestigung der beharrenden Kräfte: "Das ergibt dann so eine Art DDR, in der die Apparatschiks und Regelbewahrer die Oberhand gewinnen."

Der Autor und Regisseur Brüggemann hatte 2014 bei der Berlinale gemeinsam mit seiner Schwester Anna den Silbernen Bären für das beste Drehbuch für den Spielfilm "Kreuzweg" erhalten. Sein 2017 gesendeter "Tatort: Stau" mit den Stuttgarter Kommissaren Lannert und Bootz wurde mit dem Deutschen Fernsehkrimipreis ausgezeichnet.

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