Streit über Grundrente geht weiter
epd-bild/Jens Schulze
An der Bedürftigkeitsprüfung scheiden sich die Geister. Zwar wollen Union und SPD gleichermaßen eine Grundrente, doch zu deren Ausgestaltung gibt es weiter unterschiedliche Vorstellungen.
14.02.2019

Im Streit über die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgeschlagene Grundrente nach 35 Beitragsjahren zeichnet sich bislang keine Einigung in der Koalition ab. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer signalisierte nach den ersten Beratungen im Koalitionsausschuss am Mittwochabend allerdings Gesprächsbereitschaft. "Es ist jetzt Sache des Arbeitsministers, seine Pläne zu konkretisieren", sagte sie am Donnerstag dem Fernsehsender "Welt". Wenn Heil allerdings darauf bestehe, dass es für die garantierte Rente keine Bedürftigkeitsprüfungen geben soll, dann werde eine Einigung "eher schwer".

Kritik an Kosten

Der Arbeitsminister will eine Aufstockung geringer Renten um bis zu 447 Euro im Monat nach 35 Beitragsjahren, ohne dass die Bedürftigkeit der Rentner überprüft wird. CDU und CSU lehnen eine Mindestrente ganz ohne Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Der Wirtschaftsflügel der Union kritisiert an Heils Modell vor allem die jährlich anfallenden Ausgaben von schätzungsweise fünf Milliarden Euro.

Kramp-Karrenbauer sagte, für die Unionsparteien sei die Bedürftigkeitsprüfung eine Frage der Gerechtigkeit. Mit ihr werde sichergestellt, dass die Hilfe auch bei denen ankommt, die sie brauchen. Sie brachte ins Gespräch, dass man noch mal darüber redet, was als Bedürftigkeitsprüfung anzusehen ist. "Dazu gibt es ja keine konkreten Festlegungen", sagte Kramp-Karrenbauer, die nach ihrer Wahl zur CDU-Vorsitzenden im vergangenen Dezember erstmals an einem Treffen der Koalitionsspitzen teilgenommen hatte.

Klingbeil zuversichtlich

Es sei das gemeinsame Ziel von Union und SPD, eine Grundrente auf den Weg zu bringen. Kramp-Karrenbauer hält es für möglich, wie im Koalitionsvertrag festgelegt eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen, aber über die Anrechung von selbst genutztem Wohneigentum noch einmal zu sprechen.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil äußerte sich derweil im Deutschlandfunk überzeugt, dass seine Partei CDU und CSU mit "guten Argumenten" von ihren Plänen werde überzeugen können. Entscheidend sei, "dass wir ein Modell haben, um Altersarmut zu bekämpfen". Im nächsten Schritt werde Heil nun einen Gesetzentwurf erarbeiten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, betonte im ZDF-"Morgenmagazin", dass die gesamte SPD hinter Heils Vorschlag stehe: "Wer 35 Jahre gearbeitet hat, soll von dem Geld auch halbwegs anständig leben können."

Institut warnt vor neuen Ungerechtigkeiten

Nach Einschätzung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln würden Heils Planungen zu neuen Ungerechtigkeiten führen. Von knapp sechs Millionen älteren Menschen mit geringen Renten würden nur 2,8 Millionen von der Garantierente profitieren. 3,2 Millionen Betroffene gingen leer aus.

Vor allem westdeutsche Frauen gingen in der Mehrzahl leer aus, hieß es. Von 3,7 Millionen bedürftigen Renterinnen in den westdeutschen Bundesländern kämen nur 1,2 Millionen auf 35 Beitragsjahre und könnten eine Aufstockung beanspruchen. 2,5 Millionen blieben außen vor. In Ostdeutschland würden dagegen 83 Prozent der betroffenen Rentnerinnen profitieren.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend begrüßten die Rentenpläne im Grundsatz. Doch die 35 Jahre Grundrentenzeiten als Voraussetzung erscheinen ihnen zu starr. Sie verweisen auf die heutigen Erwerbsbiografien junger Menschen, die vielfach geprägt seien von brüchigen Erwerbsverläufen, befristeten Arbeitsverträgen, Teilzeitarbeit und Solo-Selbstständigkeit.

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