Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag
epd-bild / Benjamin Dürr
Der frühere Präsident der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, kommt frei: Der Internationale Strafgerichtshof sprach den 73-Jährigen und einen
Vertrauten nach der Hälfte des Prozesses frei. Ein Rückschlag für das Gericht.
15.01.2019

Der Internationale Strafgerichtshof hat den früheren Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, in allen Anklagepunkten freigesprochen. Die Richter in Den Haag entschieden am Dienstag, dass die Beweise für eine Fortsetzung des Prozesses nicht ausreichten. Der 73-Jährige wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Gewalt nach den Wahlen 2010 angeklagt. Er saß seit 2011 in Untersuchungshaft. Menschenrechtler äußerten sich enttäuscht.

Die Richter ordneten an, Gbagbo freizulassen. Über den Zeitpunkt der Freilassung sollte am Mittwoch beraten werden. Unter außergewöhnlichen Umständen kann das Gericht entscheiden, Gbagbo nicht sofort freizulassen. Die Bekanntgabe des Freispruchs löste unter den Anhängern Gbagbos im Zuschauerraum Jubelrufe aus.

Nicht genügend Beweise

Die Richter betonten jedoch, der Freispruch bedeute nicht, dass die Verbrechen in der Elfenbeinküste nicht stattgefunden hätten. Es gebe lediglich nicht genügend Beweise, um Gbagbo mit den Verbrechen in den Straßen der Großstadt Abidjan in Verbindung zu bringen. Der Vorsitzende Richter, der Italiener Cuno Tarfusser, sagte, die Anklage habe nicht beweisen können, dass Gbagbo zu den Taten aufgerufen habe. Gbagbo hatte damals seine Abwahl nicht akzeptiert. Über 3.000 Menschen wurden bei Protesten gegen ihn getötet.

Gbagbo war vorgeworfen worden, unter anderem für Mord, Vergewaltigung und Verfolgung von politischen Gegnern verantwortlich gewesen zu sein. Der Prozess gegen ihn begann im Januar 2016. Die Verteidigung hatte jedoch argumentiert, die Beweise seien zu schwach, und einen Antrag auf Freispruch und frühzeitige Freilassung gestellt. Gbagbos Verteidiger, Gert-Jan Knoops, sagte nach der Verkündung, die Entscheidung sei ein Sieg für den Strafgerichtshof, dessen Richter ihre Unabhängigkeit bewiesen hätten.

Ehefrau im August begnadigt

Die Westafrika-Direktorin von Amnesty International, Marie-Evelyne Petrus Barry, äußerte hingegen Kritik. "Der Freispruch ist eine krachende Enttäuschung für die Opfer der Gewalt in der Elfenbeinküste." Die Opfer warteten noch immer auf Gerechtigkeit und Entschädigung für das Leid, das sie erfahren haben.

Der 73-Jährige war zusammen mit seiner Frau, Simone Gbagbo, und seinem Vertrauten, Charles Blé Goudé angeklagt worden. Die frühere First Lady wurde allerdings nicht nach Den Haag überstellt, sondern musste sich vor einem Gericht in der Elfenbeinküste verantworten. Sie wurde 2015 zu 20 Jahren Haft verurteilt, im August jedoch begnadigt. Das Verfahren gegen Blé Goudé wurde mit dem Gbagbo-Fall zusammengelegt, auch er wurde freigesprochen. Die Anklage kann gegen die Entscheidung vom Dienstag in Berufung gehen.

Einer der bisher mächtigsten Angeklagten

Die Freisprüche von Gbagbo und Blé Goudé gelten als schwerer Rückschlag für den Strafgerichtshof. Gbagbo war einer der bisher mächtigsten Angeklagten. 2014 musste das Gericht in Den Haag bereits die Anklage gegen den früheren kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta fallenlassen. Im Juni wurde der frühere Vizepräsident des Kongo, Jean-Pierre Bemba, im Berufungsverfahren freigesprochen.

Das Gericht verfolgt Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression. Seit der Eröffnung des Gerichts 2002 wurden drei Personen wegen dieser Verbrechen verurteilt.

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