Auch in Niedersachsen will die AfD vermeintliche Verstöße von Lehrern gegen das Neutralitätsgebot öffentlich machen. Das sorgt für Empörung.
17.12.2018

Begleitet von scharfer Kritik hat die AfD in Niedersachsen am Montag ihr umstrittenes "Info-Portal" für Schulen freigeschaltet. Dort könnten sich Schüler oder Eltern bei der Landtagsfraktion über Verstöße von Lehrern gegen das Neutralitätsgebot beschweren, sagte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Harm Rykena: "Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass bestimmte Verhaltensweisen an den Schulen nicht in Ordnung sind."

Kultusminister: Portal vergiftet Klima an Schulen

Die anderen im Landtag vertretenen Fraktionen sowie Lehrerverbände lehnten die Aktion strikt ab und bezeichneten sie als "Denunziationshilfe" oder "Pranger" für Lehrer. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) kritisierte, das Portal vergifte das Schulklima. Auch die evangelische Kirche wandte sich gegen das Portal. Ähnliche Portale der AfD bestehen bereits in Hamburg und anderen Bundesländern.

Rykena sagte, die Webseite wolle unter der Überschrift "Neutrale Lehrer" dazu beitragen, dass Schüler und Lehrer im Unterricht frei ihre Meinung äußern könnten. Auf der Seite wendet sich die Fraktion unter anderem gegen "AfD-Bashing", aus ihrer Sicht fehlerhafte Unterrichtsmaterialien und Ankündigungen von Demonstrationen gegen die AfD durch die Schule. Er habe den Eindruck, dass bestimmte Meinungen an Schulen unerwünscht seien. Die Landesschulbehörde müsse dagegen vorgehen, doch sie komme ihrer Pflicht zurzeit nicht nach, sagte Rykena.

Ministerpräsident: Lehrer sollten sich nicht einschüchtern lassen

Kultusminister Tonne verurteilte die Aktion. "Dieses Portal dient einzig und allein dazu, das Klima in der Schule zu vergiften", sagte er. Das Ministerium stärke den Lehrkräften den Rücken, für Vielfalt und Demokratie zu werben. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte bereits am Sonntag im NDR gesagt, ein Portal, das einzelne Lehrer im Internet an den Prager stelle, sei widerlich. Er rief die Lehrer dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. Heftige Kritik kam auch von CDU, FDP und Grünen.

Die evangelische Bildungsexpertin Kerstin Gäfgen-Track sagte, es sei ein Angriff auf die Freiheit, "wenn Schülerinnen und Schüler und Eltern aufgefordert werden, Lehrkräfte zu denunzieren und ihre Meinung zu zensieren". Es sei wichtig, dass Lehrkräfte frei ihre Meinung sagen könnten. "Nur so bleibt Schule ein Ort, an dem nach der Wahrheit gefragt, Toleranz geübt und der für die Demokratie unverzichtbare argumentative Dialog eingeübt wird."

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