Paul Nolte sieht die Stiftung auf dem richtigen Weg.
epd-bild/Norbert Neetz
Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats empfiehlt eine Klärung, woran im neuen Garnisonkirchturm erinnert werden soll: "Wer versöhnt sich hier mit wem?"
24.10.2018

Der Historiker Paul Nolte empfiehlt der Potsdamer Garnisonkirchenstiftung ein konkreteres inhaltliches Konzept. Die Stiftung habe zwar bereits "den richtigen Weg eingeschlagen und ist auf diesem Weg schon weit gegangen, Absage an Geschichtsnostalgie, kein Preußen im Goldrähmchen", sagte Nolte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Der Dreiklang der Stiftungsarbeit "Geschichte erinnern, Verantwortung lernen, Versöhnung leben" müsse jedoch "nun, da der Bau entsteht, konkretisiert werden". Der Bau des Kirchturms hat im Oktober vor einem Jahr begonnen. Nolte ist Geschichtsprofessor an der Freien Universität Berlin und Vorsitzender des neuen wissenschaftlichen Beirats der Garnisonkirchenstiftung.

Es müsse geklärt werden, woran im neuen Garnisonkirchturm erinnert werden soll und was Versöhnung genau bedeuten soll, sagte Nolte: "Wer versöhnt sich hier mit wem?" Die 1945 zerstörte und 1968 in der DDR abgerissene Garnisonkirche sei "ein tolles Bauwerk", aber auch "ein Schmerzpunkt der Geschichte, der preußischen, der deutschen, der evangelischen Geschichte" gewesen. Das müsse auch deutlich zum Ausdruck kommen. Dabei könne die Stiftung vom neuen Beirat profitieren.

Internetseite als zentrale "Visitenkarte"

Der wissenschaftliche Beirat werde sich zunächst mit dem Online-Auftritt der Stiftung beschäftigen, sagte Nolte. Solange die Ausstellung im Turm noch nicht existiere, sei die Internetseite eine zentrale "Visitenkarte" der Garnisonkirche und des Wiederaufbauprojekts. Für den Herbst 2019 sei eine Tagung über Kirchen als Erinnerungsorte geplant. Außerdem habe der Beirat mit der Diskussion darüber begonnen, "welcher symbolische Ort mit der Rekonstruktion des Turms entstehen wird". Ein neues "Konzept im Sinne eines kompletten Dossiers" werde der Beirat voraussichtlich nicht vorlegen, aber die Stiftung beraten, sagte Nolte: "Es ist klar, in den nächsten Jahren muss viel geschehen, denn der Turm muss gefüllt werden, mit einer Ausstellung, deren Konzeption wir nicht machen, aber kritisch begleiten wollen. Mit einem Veranstaltungsprogramm, das schon wegen der Dimensionen anders gestaltet sein muss als das der bisherigen Nagelkreuzkapelle."

"Kritische Stimmen sehr willkommen"

Auch von den Gegnern des Projekts könnten bei der Frage, welche Signale der Turm aussende, wichtige Impulse kommen, sagte Nolte: "Da sind kritische Stimmen sehr willkommen, um das mitzugestalten oder vor Fehlern zu warnen." Die Kritiker müssten jedoch den Wiederaufbau akzeptieren, betonte der Historiker: "Der Turm wird aufgebaut." Sorgen vor einer "Wiedererrichtung alten preußisch-deutschen Unheils" seien ebenso völlig fehl am Platze "wie die Befürchtung, hier könne ein rechtsextremer oder militaristischer Wallfahrtsort entstehen". "Wenn solche Leute kommen wollen, gerne", sagte Nolte: "Wir haken sie dann unter, singen pazifistische Lieder, sprechen ein Friedensgebet mit Ihnen, und sie gehen nachdenklicher wieder nach Hause."

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