Die Frau wurde von der Diakonie nicht eingestellt (Symbol-Bild).
epd-bild/Jens Schulze
Wie die Religionsfreiheit einer Bewerberin gegen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht abzuwägen ist, hat in dieser Woche das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.
22.10.2018

Kirchliche Arbeitgeber können nach Auffassung des Tübinger Juraprofessors Hermann Reichold von Stellenbewerbern nicht pauschal eine Konfessionszugehörigkeit verlangen. "Diese Anforderung generell zu stellen, ist wohl nicht haltbar", sagte der Jurist dem Evangelischen Pressedienst (epd) zu der am Donnerstag anstehenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Die Erfurter Richter müssen darüber entscheiden, ob eine Bewerberin auf eine Referentenstelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin wegen ihrer fehlenden Konfession abgelehnt und deshalb unzulässig diskriminiert wurde.

Europäischer Gerichtshof entschied im April

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 17. April 2018 in dem Rechtsstreit entschieden, dass Vorgaben wie eine Kirchenzugehörigkeit immer "wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt" sein müssen (AZ: C-414/16). Nach der EuGH-Entscheidung dürfen die Kirchen über ihren religiösen Ethos selbst bestimmen. "Die pauschale Stellenanforderung einer Kirchenmitgliedschaft kann aber damit nicht begründet werden", sagte Reichold dem epd. Inwieweit im konkreten Fall die Kirchenmitgliedschaft für die Referentenstelle objektiv erforderlich und damit rechtmäßig gewesen sei, sei nicht ganz klar.

Bei der befristeten Tätigkeit beim Evangelischen Werk sollte ein Bericht zur UN-Antirassismuskonvention erstellt werden. Zu einem kleinen Teil sollte das Projekt aber auch in Politik und Öffentlichkeit vertreten werden. "Ob dies die konfessionslose Stellenbewerberin im Sinne der Kirche erfüllen kann und sie für den Verkündigungsauftrag der Kirche hätte eintreten müssen, muss eventuell noch einmal gerichtlich geprüft werden", sagte Reichold. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das BAG das Verfahren für weitere Tatsachenfeststellungen an die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht in Berlin, zurückverweist.

Sollte das BAG der klagenden Stellenbewerberin Recht geben und ihr eine Diskriminierungs-Entschädigung zusprechen, könne der kirchliche Arbeitgeber Verfassungsbeschwerde einlegen. Denn nicht nur die Religionsfreiheit der Klägerin, sondern auch das im Grundgesetz verankerte kirchliche Selbstbestimmungsrecht sei betroffen, erklärte der Tübinger Juraprofessor.

Um derartigen Klagen in Zukunft vorzubeugen, sollten kirchliche Arbeitgeber Stellenausschreibungen lieber neutral formulieren, riet der Jurist. "Im Bewerbungsgespräch kann dann immer noch nach der Religionszugehörigkeit gefragt werden", sagte Reichold.

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