Polizisten bei einer Demonstration im September
epd-bild/Guido Schiefer
Im Streit um die Rodung des Hambacher Forstes haben die Umweltverbände gleich doppelten Grund zur Freude. Das OVG Münster untersagte RWE bis auf weiteres die Rodung. Zugleich erlaubte das Verwaltungsgericht Aachen die Kundgebung am Samstag.
05.10.2018

Die Gegner der Rodung des Hambacher Forstes bei Kerpen haben sich am Freitag gleich in zwei Fällen juristisch durchgesetzt. Zunächst verbot das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW (OVG) in Münster per Eilbeschluss vorläufig, dass die RWE Power AG das Waldgebiet am Braunkohletagebau abholzen darf.

Am Nachmittag hatte dann ein Eilantrag des Vereins Naturfreunde Deutschland beim Verwaltungsgericht Aachen gegen ein polizeiliches Verbots der für Samstag geplanten Groß-Demo Erfolg. Der Energiekonzern RWE befürchtet derweil aufgrund des Verbots zur Rodung einen hohen wirtschaftlichen Schaden.

Das Rodungsverbot gilt solange, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist (AZ.: 11 B 1129/18). Die Richter verwiesen darauf, dass die Bezirksregierung Arnsberg die Umsetzung des Hauptbetriebsplans für die Jahre 2018 bis 2020 zunächst angeordnet und eine Rodung so möglich gemacht hatte.

Dreistelliger Millionenbetrag

Um dies zu verhindern, beantragte der BUND NRW, der gegen den Hauptbetriebsplan Klage erhoben hat, die Gewährung von Eilrechtsschutz. Dies lehnte das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss von Ende Juli ab. Dagegen legte der BUND beim Oberverwaltungsgericht erfolgreich Beschwerde ein.

Zur Begründung erklärte der 11. Senat des OVG, dass der Ausgang des Klageverfahrens offen sei. Es müsse geklärt werden, ob der Hambacher Forst, obwohl er der EU-Kommission bisher nicht nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung gemeldet worden sei, wegen des Vorkommens etwa der Bechsteinfledermaus oder des dortigen Waldes dem Schutzregime für "potenzielle FFH-Gebiete" unterliege.

RWE rechnet aufgrund der OVG-Entscheidung mit ernsten finanziellen Konsequenzen. Nach Angaben des Essener Unternehmens beläuft sich der wirtschaftliche Schaden nach ersten Schätzungen ab 2019 auf einen "niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag" pro Jahr. Derzeit arbeiteten im Braunkohletagebau Hambach rund 4.600 Beschäftigte von RWE sowie zahlreiche weitere bei Zulieferern und Lieferanten. Der Tagebau trage 15 Prozent zur Stromlieferung in NRW bei. RWE zeigte sich überrascht von der Gerichtsentscheidung und hofft nun auf eine schnelle Klärung des Streitfalls im Hauptsacheverfahren. Das Unternehmen geht aber davon aus, dass die Entscheidung des Gerichts möglicherweise nicht vor Ende 2020 vorliegt.

"Ohne Druck nach Lösung suchen"

Umweltorganisationen zeigten sich erfreut über die Entscheidung des OVG. "Das ist ein großer Erfolg unserer langjährigen Bemühungen", sagte Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND Nordrhein-Westfalen, in Köln. Auch Christoph Bautz von der Bürgerrechtsbewegung Campact wertete den Gerichtsentscheid als einen Sieg für den Umweltschutz: "Was Gorleben für den Atomstreit war, wird der Hambacher Wald für den Kohleausstieg sein."

Auch Oppositionsparteien und Kirchenvertreter begrüßten die Gerichtsentscheidung. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, erklärte: "So können ohne den Druck, dass Fakten geschaffen werden, weitere Gespräche unter allen Beteiligten geführt werden und es kann gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden." Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, bezeichnete den OVG-Beschluss als "Hoffnungszeichen für alle Klima- und Naturschützer".

Zugleich konnten die Organisatoren der für Samstag geplanten Groß-Demo am Hambacher Forst eine Verbotsverfügung der Polizei Aachen auf juristischem Wege aushebeln. Es spreche Überwiegendes dafür, dass das Verbot der Demonstration rechtswidrig sei, erklärte das Verwaltungsgericht Aachen. Die Polizei könne Auflagen für die Versammlung erlassen, mit denen die bestehenden Sicherheitsbedenken entschärft werden könnten.

Die Polizei Aachen teilte mit, dass die Demo nun "unter Auflagen" stattfinden könne. Zwischenzeitlich sei eine "private Ersatzfläche" für die Kundgebung gefunden worden, hieß es. Eventuelle Sicherheitsbedenken sollten im Gespräch mit Veranstaltern und Sicherheitsbehörden ausgeräumt werden. Dazu sollte am Nachmittag ein Ortstermin stattfinden. Die Polizei Aachen hatte die geplante Großdemonstration am Hambacher Forst am Donnerstagabend wegen Sicherheitsbedenken zunächst untersagt.

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