Deniz Yücel
epd-bild/Christian Ditsch
Rund ein Jahr lang saß Deniz Yücel ohne Anklage in türkischer Haft. Dafür verlangt der Journalist 400.000 Euro Schadenersatz. In erster Instanz hat ein türkisches Gericht die Forderung zurückgewiesen.
25.09.2018

Der Journalist Deniz Yücel ist mit einer Klage auf Entschädigung für seine Zeit im Gefängnis zunächst gescheitert. Ein Istanbuler Gericht habe Yücels Schadensersatzklage gegen die Türkei abgewiesen, teilte die türkische Organisation "Media and Law Studies Association" (MLSA) am Dienstag mit. Yücels Anwalt Veysel Ok kündigte an, die Entscheidung in nächster Instanz anzufechten.

Die Richter führten bei der Verhandlung am Dienstagvormittag laut MLSA lediglich aus, die rechtlichen Bedingungen für ein solches Verfahren seien nicht gegeben. Weitere Gründe habe das Gericht nicht genannt und stattdessen auf die noch ausstehende schriftliche Begründung verwiesen.

Vorwurf der Freiheitsberaubung

Yücel wirft der Türkei unrechtmäßige Inhaftierung vor und fordert Schadensersatz in Höhe von knapp drei Millionen Lira, umgerechnet rund 400.000 Euro. Der 45-jährige deutsche Journalist macht den Betrag als Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung, als Entschädigung für Verdienstausfälle sowie für seine Gerichtskosten geltend.

"Man kann nicht einen weltweit bekannten Journalisten in seinen produktivsten Jahren verhaften, in Einzelhaft sperren und dann so tun, als sei nichts passiert", sagte Ok, der den Journalisten schon während dessen Untersuchungshaft vertreten hatte. Auch wenn Yücel nun auf freiem Fuß sei, dürfe die unrechtmäßige Inhaftierung nicht ohne Folgen bleiben.

Anwalt will Präzedenzfall schaffen

"Wir werden versuchen, dieses Verfahren zu einem Präzedenzfall für Journalisten und andere unrechtmäßig Inhaftierte zu machen", sagte der Anwalt nach der Gerichtsentscheidung. Ok hat die Nichtregierungsorganisation MLSA mitgegründet, die Prozesse gegen Journalisten in der Türkei kritisch begleitet und die Angeklagten unterstützt.

Yücel hatte rund ein Jahr lang ohne Anklage in türkischer Untersuchungshaft gesessen, davon zehn Monate in Einzelhaft. Im Februar 2018 legte die Staatsanwaltschaft schließlich eine Anklageschrift vor, ein Gericht verfügte die Freilassung des "Welt"-Korrespondenten. Ein Ausreiseverbot wurde nicht verhängt. Yücel hatte seit 2015 für die Tageszeitung aus der Türkei berichtet.

Der Prozess gegen Yücel wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung soll am 20. Dezember fortgesetzt werden - in Abwesenheit des Angeklagten, der seine Aussage in Deutschland machen soll. Die Staatsanwaltschaft fordert 18 Jahre Gefängnis für den Journalisten, der sowohl die deutsche wie auch die türkische Staatsbürgerschaft hat.

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