Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hat eine intensive Nachbereitung des umstrittenen Polizeieinsatzes bei zwei rechtsextremen Demonstrationen am Freitag in Dortmund angekündigt.
24.09.2018

"Es ist für mich persönlich unerträglich, dass 70 Jahre nach Ende des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte Neonazis durch unsere Städte ziehen", sagte der Minister der "Rheinischen Post" (Montag). Aber auch solche Demos seien offenbar von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus kritisierte das Verhalten der Polizei bei den Neonazi-Aufmärschen.

Bei den Demonstrationen von insgesamt rund 100 Rechtsextremisten waren Augenzeugen zufolge antisemitische Parolen gerufen worden, ohne dass die Polizei einschritt. Am Sonntag hatte die nordrhein-westfälische SPD eine Fehleinschätzung der Lage durch die Polizei kritisiert und von Innenminister Reul Aufklärung gefordert.

Reul sagte am Montag, die Gerichte hätten gegen die Vorbehalte der Polizei entschieden, dass die Neonazis sich ihren Weg frei aussuchen dürften. "Selbst die widerwärtigen antisemitischen Parolen dieser rechtsradikalen Hetzer sind möglicherweise durch die Meinungsfreiheit gedeckt", erklärte der Minister. Das könne er zwar nicht verstehen, "aber man muss es dann in einem Rechtsstaat akzeptieren".

"Offensives Handeln der Polizei gefragt"

Der Sprecher des Dortmunder Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus, Pfarrer Friedrich Stiller, sagte am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Bei den Aufmärschen war ein offensives Handeln gefragt." Die Beamten hätten sofort und unbedingt eingreifen müssen als antisemitische Parolen skandiert wurden, betonte der Sprecher des Bündnisses von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und Initiativen. Es sei unerträglich, dass die Polizei angesichts solcher Vorkommnisse nicht direkt reagiert habe. Der Einwand der Behörde, Gerichte hätten bereits im Vorhinein Auflagen nicht genehmigt, um den Rechtsextremen Grenzen zu setzen, sei mehr als fraglich.

Das Verhalten der Einsatzkräfte werfe auch ein schlechtes Bild auf die Stadt, sagte der Theologe. Es entstehe der Eindruck, als setze sich die Zivilgesellschaft nicht hinreichend gegen Neonazis ein. Dabei seien gerade in Dortmund eine Vielzahl an Gruppen und Bündnissen aktiv, um den Rechtsextremen Paroli zu bieten, erklärte Stiller.

Die Dortmunder Polizei prüft mittlerweile den Verdacht der Volksverhetzung. Aussagen und Parolen von Rechtsextremisten seien dokumentiert worden und würden im Nachgang konsequent strafrechtlich verfolgt. Am Tag der Demonstrationen selbst habe die Polizei nicht eingegriffen, da eine erste strafrechtliche Bewertung der skandierten Parolen negativ ausgefallen sei, hatte die Polizei am Sonntag erläutert.

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