Sammelabschiebung
epd-bild/Lukas Barth
Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hält die Kontroverse um Sami A. für einen Beweis, dass der Rechtsstaat funktioniert. Zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts und Äußerungen seiner Ministerkollegen wollte er sich nicht äußern.
27.08.2018

Im Streit um die rechtswidrige Abschiebung des als Gefährder eingestuften Tunesiers Sami A. sieht der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) keine Verfassungskrise. Die Kontroverse sei sogar ein "glänzendes Beispiel" dafür, "dass unser Rechtsstaat stark ist, gelebt wird und funktioniert", sagte Biesenbach am Montag im Rechtsausschuss des Düsseldorfer Landtags. Zur Gewaltenteilung gehöre, dass die Regierung gerichtliche Entscheidungen zu befolgen habe, was getan werde: "Wer mit dem Wort Verfassungskrise spielt, redet den Rechtsstaat schlecht."

SPD und Grüne wollten Biesenbach in der Sondersitzung des Rechtsausschusses zu einem "zwischen Justiz und Landesregierung verloren gegangenen Vertrauen" befragen. Sami A., der mutmaßliche Ex-Leibwächter des Terrorchefs Osama bin Laden, war im Juli aus Nordrhein-Westfalen in sein Heimatland Tunesien abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dies einen Tag zuvor per Eilbeschluss untersagt hatte. Dem Mann drohe in Tunesien mutmaßlich Folter, hieß es. Das Oberverwaltungsgericht Münster entschied, dass Sami A. nach Deutschland zurückgeholt werden muss (AZ: 17 B 1029/18).

Justizminister ist "nicht oberster Richter"

Biesenbach lehnte es im Ausschuss ab, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zu kommentieren. Das sei nicht Aufgabe des Justizministers. "Der Minister leitet die Justizverwaltung. Er ist nicht oberster Richter", sagte er. Auch das Verhalten seiner Ministerkollegen wolle er nicht bewerten. Vor allem der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) war wegen seiner Reaktion auf die Gerichtsurteile zur Abschiebung von Sami A. in die Kritik geraten. Reul hatte gemahnt, bei ihren Entscheidungen sollten Richter das "Rechtsempfinden der Bevölkerung im Blick" haben. Später hatte er sich für diese Bemerkung entschuldigt.

SPD und Grüne bemängelten im Ausschuss, dass "das Vertrauen als wichtiger Grundsatz unseres Rechtsstaates" verloren gegangen sei. Eine Rüge hatte die Landesregierung auch von der Justiz erhalten. Die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts, Ricarda Brands, hatte kritisiert, offensichtlich seien die Grenzen des Rechtsstaats ausgetestet worden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich in die Debatte eingeschaltet und davor gewarnt, die Unabhängigkeit von Gerichten infrage zu stellen.

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