Senioren auf einer Bank
epd-bild/Volker Derlath
Die Forderung von Vizekanzler Scholz nach einem sicheren Rentenniveau bis 2040 stößt bei Forschern und dem Koalitionspartner CDU auf wenig Gegenliebe. Unterstützung erhält der SPD-Politiker von ver.di-Chef Bsirske.
21.08.2018

Forscher und Politiker kritisieren den Vorstoß von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), das heutige Rentenniveau dauerhaft zu garantieren. Die Standardrente bis 2040 bei 48 Prozent zu stabilisieren, sei "unfinanzierbar und unfair gegenüber den Jüngeren", sagte der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg. Der Wissenschaftler bezifferte die Kosten auf langfristig drei Billionen Euro. Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) kritisierte, Schnellschüsse in der Rentendebatte seien keine Hilfe im Kampf gegen Populismus.

Raffelhüschen rechnet nach eigenen Worten damit, dass der Beitrag zur Rentenkasse von derzeit 18,6 bis zum Jahr 2040 auf 29 Prozent des Bruttoverdiensts steigen müsste. "Die jüngeren Arbeitnehmer würden noch mehr geschröpft", sagt er der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag).

Arbeitgeberpräsident fordert Augenmaß

Auch der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) Ingo Kramer attackierte Scholz scharf. "Eine Rentengarantie bis 2040 könnte in Summe zusätzlich mehrere hundert Milliarden Euro kosten – das sind ungeahnte Kostendimensionen, bei denen unseren Kindern und Enkelkindern nur noch schwindelig werden kann", sagte Kramer dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Mittwoch).

Der Arbeitgeberpräsident forderte Augenmaß in der Rentendebatte. "Es wäre gut, wenn die Parteien nicht den Wahlkampf vorwegnehmen würden, sondern sich an das halten, was verabredet ist: dass eine Rentenkommission Vorschläge für eine bezahlbare und enkelfeste Rente macht", sagte Kramer

Gröhe warnt vor Schnellschüssen

Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialpolitik in München sagte, die Diskussion sei "von Panikmache geprägt". Wenn das Rentenniveau sinke, bedeute das nicht, dass die ausgezahlten Renten schrumpfen. "Fällt das Rentenniveau wie erwartet auf knapp 42 Prozent, steigen die Renten dennoch nach Inflation um ein Prozent jährlich", erklärte er in der "Süddeutschen". "Wer heute 35 ist und in etwa 30 Jahren in Rente geht, wird 30 Prozent mehr Kaufkraft haben als heutige Rentner."

Börsch-Supan wies Scholz' Argument zurück, stabile Renten verhinderten einen deutschen Donald Trump. "Leichtfertig ein stabiles Rentenniveau zu versprechen, als käme das zum Nulltarif, fördert eher den Populismus."

Der CDU-Politiker Gröhe, der Mitglied der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eingesetzten Rentenkommission ist, erklärte: "Populisten schlägt man nicht, indem man selbst zu Schnellschüssen neigt." Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende warnte am Dienstag im WDR5-"Morgenecho" davor, "der Vereinfachung, der Angst zwischen Generationen" das Wort zu reden.

Bsirske: Renten armutsfest machen

Nötig sei vielmehr, das Vertrauen in das Rentenversicherungssystem zu stärken. "Und das tun wir am besten, wenn wir sachlich alle Chancen auf einen Rentenkonsens ausloten", sagte Gröhe. Die Rentenkommission sei aber gerade erst eingerichtet worden, ihre erste Klausurtagung finde im September statt.

Ver.di-Chef Bsirske äußerte hingegen Sympathie für den Rentenvorstoß des Bundesfinanzministers. Er sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstag), es sei absolut richtig, dass die SPD das Rentenniveau über das im Koalitionsvertrag genannte Jahr 2025 hinaus stabilisieren wolle. "Diese Diskussion muss geführt werden", sagte der Gewerkschafter. "Und es geht kein Weg daran vorbei, die Renten in Deutschland armutsfest zu machen."

Finanzminister Scholz hatte am Wochenende ein sicheres Rentenniveau bis 2040 gefordert. Nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung soll das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent fallen. Für die Zeit danach soll eine Rentenkommission bis März 2020 Vorschläge erarbeiten.

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